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Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2016: Der automobile Himmel auf Erden

24.05.2016 09:45 Uhr
Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2016
Wenn unter der italienischen Sonne der Comer See smaragdgrün mit dem Chromschmuck der am Ufer geparkten Oldtimer um die Wette funkelt, dann ist wieder Concorso d'Eleganza in der Villa d'Este
© Foto: BMW

Prosecco am Seeufer mit der Aussicht auf vorbeirollende Automobilgeschichte: Am Comer See hatte die High Society beim Dolce Vita am vergangenen Wochenende Abgas-Geruch in der Nase. Mancher kam aber auch ins Schwitzen.

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Von Hanne Schweitzer/SP-X

Wenn unter der italienischen Sonne der Comer See smaragdgrün mit dem Chromschmuck der am Ufer geparkten Oldtimer um die Wette funkelt und es im Garten des Nobelhotels Villa d'Este nicht mehr nach Blumen aus den üppig bepflanzten Beeten, sondern nach Öl und Leder riecht, dann liegt für Liebhaber historischer Autos der Himmel auf Erden für ein Wochenende in Norditalien. Der Concorso d'Eleganza Villa d'Este versammelt jedes Jahr dutzende automobile Pretiosen und deren Liebhaber. Die Bandbreite war auch in diesem Jahr beachtlich - vom Vorkriegsbentley bis zum Ford-Rallyefahrzeug – aber sie ist dabei, sich zu verändern.

Im Gegensatz zum amerikanischen Oldtimer-Event der Superlative – dem Concours d'Elegance in Pebble Beach – ist die Show am Comer See eine geradezu intime Party von Gleichgesinnten: Mit 52 Fahrzeugen parkten hier in diesem Jahr lediglich rund ein Viertel so viele Klassiker wie bei der kalifornischen Zusammenkunft. Arrangiert sind sie in einer Kulisse, die ein Regisseur nicht schöner komponieren könnte: Auf Kies und Rasen in den prachtvollen Grünanlagen des Grand Hotels Villa d’Este und der zur Event-Location umfunktionierten Villa Erba direkt am See. "Das Setting hier an der Villa d'Este ist einzigartig", schwärmt BMW-Chefdesigner Karim Habib. Seine Marke präsentiert seit Ende der 1990er Jahre das Schaulaufen am Comer See, die Tradition der Concorsi am Grand Hotel geht bis ins Jahr 1929 zurück. "Jedes Mal, wenn ich hier bin, kann ich kaum glauben, dass es real ist", so Habib.

Die höchst exklusiven Autos - in möglichst originalem Zustand, mit faszinierender Vorgeschichte und in geringer Stückzahl gebaut – tragen ihr übriges zur surrealen Atmosphäre bei: Zum Beispiel der Bugatti 57 SC Atalante von 1937 mit seiner stromlinienförmigen Karosserie, der dank aufgeladenem Reihen-Achtzylinder schon damals mehr als 200 km/h schnell fahren konnte. Gleich in der Nähe – in der Klasse "Vorkriegs-Dekadenz" - parkt der 1935er Sportwagen der Marke Squire, eines von sechs Fahrzeugen der Marke, die überhaupt überlebt haben.

"Es ist nicht perfekt, aber so ist es am Schönsten"

Noch ein Stück weiter glänzt der so genannte "Honeymoon Express" in der Sonne, ein offener, zweisitziger Rolls-Royce - Silver Cloud I von 1958 - mit extra großem Kofferraum zwischen den beiden Heckflossen, eben für sehr ausgedehnte Flitterwochen. Beim Alfa Romeo Giulietta SZ hingegen glänzt nur die eine Seite: Das Sportcoupé von 1961 trägt zur Hälfte seine weiße Originallackierung, auf der anderen Hälfte klebt noch der Schmutz von Jahrzehnten. "Wir wollten zeigen, wie wir das Auto gefunden haben und wie es erhalten werden sollte", sagt Duccio Lopresto, Sohn des italienischen Sammlers. Denn auch die glänzende Seite ist nicht nachlackiert, hier wurden die Zeichen der Zeit fein säuberlich abpräpariert, bis der Originallack wieder zum Vorschein kam. "Es ist nicht perfekt, aber so ist es am Schönsten", meint Lopresto. Eine Sichtweise, die dem Sammler später den Titel als "Besterhaltenes Auto" einbringen soll.

Noch ein Stück weiter kommt gerade einer der Oldtimer-Besitzer ordentlich ins Schwitzen, zum einen, weil gerade die Concorso-Jury seinen Wagen unter die Lupe nimmt, um die Preiswürdigkeit festzustellen – natürlich geht es hier immer auch ums Gewinnen. Zum anderen weil er den mehr als eine Handbreit dicken, in Leder eingefassten Ordner mit der Fahrzeugdokumentation aus seinem 1954er Maserati A6 GCS wuchtet. Sie beweist, dass der von Pinin Farina gestylte Sportwagen höchst original erhalten ist. Die Juroren werden ihn später zum "Best in Show" küren, was für seinen Besitzer neben Ruhm und Ehre auch ein Concorso-Einzelstück der Luxusuhr Lange 1 Timezone der Manufaktur A. Lange und Söhne einbringt, Versicherungswert 60.000 Euro.

Neben den Fahrzeugen, die auch ein jeder Laie sofort als wertvolle Oldtimer klassifizieren würde, sind mittlerweile jüngere und andere Fahrzeuge quasi nachgewachsen. Darunter Rallye-Autos wie der Ford Excort RS 1600 von 1972, den man möglicherweise nicht auf einer Veranstaltung mit den vorgenannten Pretiosen erwarten würde. Aber auch der 1985er Aston Martin V8 Zagato, mit 432 PS eines der stärksten Serienautos seiner Zeit. "Ein Auto, das sie vor fünf Jahren hier noch nicht gesehen hätten", sagt Manfred Grunert. Der BMW-Fachmann für klassische Autos hält die Weiterentwicklung des Concorso für eine fortlaufende Diskussion, denn: "Autos der 70er und 80er sind nicht so selten, wie die aus den 30ern – allein schon weil die Voraussetzungen für die industrielle Massenproduktion besser waren."

Wird sich der Concorso verändern?

Doch was bedeutet es für künftige Concorsi, dass dann kaum noch Fahrzeuge so selten sind? Sammler Heiko Seekamp aus Bremen, der mit einem BMW-Coupé 503 von 1956 - zu seiner Zeit das teuerste deutsche Serienauto von dem nur 273 Stück gebaut wurden - hier vertreten ist, glaubt, dass sich der Concorso verändern wird. "Ich glaube, dass es so eine Veranstaltung in 20 Jahren in dieser Form nicht mehr geben wird", sagt er, aber: Dafür werde es sie eben in anderer Form geben.

Zum Beispiel mit spektakulären Konzeptautos? Das zumindest ist die Auffassung von BMW-Designer Habib: "Ich glaube, es ist auch ein Teil unserer Aufgabe als Designer, sicher zu stellen, dass Veranstaltungen wie der Concorso weiter bestehen – zum Beispiel mit einem 2002 Hommage." Das Showcar auf Basis des modernen M2 greift Elemente des 2002 turbo von 1973 auf, ist aber ansonsten modern gestaltet, wie auch die anderen Showcars, die BMW Jahr um Jahr für den Concorso anfertigt.

In diese Richtung weist auch das Segment der Konzeptfahrzeuge in Villa d’Este, eine Wertungsklasse, die für Oldtimer-Veranstaltungen unüblich ist. Hier parkt unter anderem der Disco Volante auf Basis des Alfa Romeo 8C Competitione. Das Showcar ist längst keines mehr: Aufgrund der Publikums-Resonanz hat die Design-Schmiede Touring Superleggera eine Kleinserie aufgelegt. Auch ein Klassiker kommender Jahrzehnte?

"Die Sammlerleidenschaft wird sich weiter entwickeln", glaubt Grunert. Die spannende Frage werde dann sein, wie es mit den Vorkriegsautos weitergehe. Hier gebe es immer weniger Menschen, die eine persönliche Beziehung zum Auto haben, "und eine persönliche Beziehung macht das Sammeln aus." Sammler Manfred Sontheimer, dessen Leidenschaft Vorkriegsautos sind und dessen neueste Errungenschaft – ein 92 Jahre alter, unrestaurierter Alfa in hervorragendem Zustand – am Comer See in der Sonne blinkt, hält die ganz alten Klassiker hingegen längst für Kulturgut. "Vielleicht wollen viele jetzt ein Auto, für das sie in ihrer Kindheit geschwärmt haben", sagt er. "Aber egal, was gerade Trend ist, Vorkriegsklassiker werden immer erhaltungswürdig sein."

Und wer weiß schließlich, was die Zukunft bringt: "Wenn sich eine Technik wie 3D- oder 4D-Druck durchsetzt und wir daraus sogar Autos bauen, werden Unikate oder Kleinserien viel einfacher umzusetzen sein", meint Designer Habib. Es wäre längst nicht das erste Mal, dass sich der Concorso weiter entwickelt: Denn als in Cernobbio 1929 die ersten Autos prämiert wurden, standen natürlich keine Oldtimer auf dem Kies. Es war eine Ausstellung von Neuerscheinungen der Automobilbranche, die am Ufer des smaragdgrünen Sees mit den Spiegelungen im Wasser um die Wette funkelten.

Viele Impressionen vom Concorso sowie die BMW Hommage-Modelle sehen Sie in der Bildergalerie!

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