Von Patrick Broich/SP-X
Wenn BMW die Dreier-Reihe erneuert, gilt in der Regel "Evolution vor Revolution". Die auf den Namen G20 hörende 3er-Neuauflage erfüllt dieses Kriterium durchaus, ist vom Vorgänger dennoch klar unterscheidbar. Vor allem die schneidigen Scheinwerfer sorgen gemeinsam mit der konturiert-herausgearbeiteten BMW-Niere für eine satte Portion Futurismus. Und die zweifarbigen Rückleuchten lassen den neuen Dreier kühl-technisch daherkommen. Mindestens 37.850 Euro für den 318d mit 110 kW / 150 PS schreibt der BMW-Händler auf die Rechnung. Der 320i kostet 39.950 Euro (134 kW / 184 PS).
BMW stellt für erste Testfahrten mit den Benzinern den mit 190 kW / 258 PS deutlich stärkeren, aber bis auf ein Zehntel genauso sparsamen 330i zur Verfügung. Der schlägt mit 44.750 Euro Grundpreis zu Buche, zumal er auch erst ab der besser ausstaffierten "Advantage"-Line geliefert wird. Allerdings rollt kein einziger 3er ärmlich vom Fließband. Die wichtigsten Assistenten wie autonomes Bremsen oder Fußgänger-Erkennung, Bluetooth-Freisprechanlage, LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik sowie Tempomat sind immer dabei.
Die leicht raue Tonart des Vierzylinders geht als sportlich durch, mit steigender Drehzahl wird der Turbo kehlig. Hat er nun vier oder sechs Töpfe? Ganz ehrlich, ohne das Datenblatt gelesen zu haben, würde das Urteilen verdammt schwierig werden. Entwickler Michael Rath weist augenzwinkernd darauf hin, dass seine Spezialisten mit einem aktiven Soundsystem nachhelfen, aber er beteuert genauso, dass der Klang in keiner Weise verfälscht werde. Man greife lediglich unterstützend ein und verstärke die Tonlage. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Aber nicht nur das. Der Zweiliter hängt wirklich toll am Gas, lässt den hinterradgetriebenen 1,5-Tonner mit dem Achtgang-Wandlerautomaten auf Befehl des rechten Fußes mächtig losmarschieren. Wer die Werksangabe von 5,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h vorher gelesen hat, wundert sich kaum, dass er in die üppig-komfortablen Sitze gedrückt wird. Das sportive Fahrwerk erlaubt dynamisches Herumtollen, ohne auf Bodenwellen durchgeschüttelt zu werden. Wer Kaufabsichten hegt und vorhat, längere Zeit mit der bayerischen Mittelklasse zu verbringen, sollte unbedingt auf die verschiedenen Fahrwerk- und Felgenkonfigurationen achten, die Dynamik und Komfort beeinflussen können.
Eine zweite Runde mit dem 140 kW / 190 PS starken Diesel macht klar: Das ist der funktionalere von den beiden. Der Selbstzünder ist nur kurz nach dem Kaltstart zu identifizieren, danach überzeugt er durch beste Manieren; lässt den Dreier souverän auf der Drehmoment-Welle (400 Nm) surfen und behelligt die ebenfalls acht Fahrstufen bereitstellende Automatik nicht über Gebühr mit Schalt-Anforderungen.
Radstand und Breite sind gewachsen
Dem Platzangebot haben die Väter der Limousine mit leichtem Breitenwachstum sowie vier Zentimeter mehr Radstand Rechnung getragen. Und dass moderne Zeiten anstehen, beweist ein knapper Blick auf das Kombiinstrument – hier kann man sich gegen Aufpreis von der alten Welt und mechanischen Anzeigenadeln verabschieden und stattdessen den persönlich wichtigsten Bordcomputer-Daten ein Plätzchen irgendwo zwischen Drehzahl und Tempo einrichten.
In puncto Fahrerassistenz fährt der neue Dreier ganz vorn mit. Die Maschine kann so ziemlich alles – intelligent bremsen und beschleunigen, lenken und warnen – das volle Programm. Demnächst legt das Auto auch 50 Meter automatisiert zurück und merkt sich die letzten vorwärts gefahrenen Meter. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn man sich in eine schwierige Engstelle hineinmanövriert hat. Dass man mit seinem BMW jetzt sprechen kann, ist keine Neuigkeit. Das System kann nun aber logisch kombinieren, wenn man ihm menschliche Bedürfnisse mitteilt. Denkbar wäre das Heraussuchen der nächsten Restaurants, wenn man Hunger verbal äußert. Das klappt aber nicht immer so, wie man es gerne hätte. Beruhigende Nachrichten, dass auch an diesem Fahrzeug nicht alles perfekt ist.