Von Peter Maahn/SP-X
Nicht nur die Älteren erinnern sich an den ständigen Zweikampf zwischen VW und Opel, zwischen GTI und GTE. Brave Alltagsautos im dezenten Sportdress, in den Siebzigern noch mit aus heutiger Sicht bescheidenen Leistungen wie 110 PS beim Golf GTI oder 115 PS beim Opel Kadett GTE. Drei Buchstaben als I-Tüpfelchen für all jene, die eben etwas mehr wollten. Aus "GTE" wurde bei Opel "GSi". Beim heutigen Flaggschiff Insignia hieß das Sportabzeichen in dessen erster Generation schließlich OPC und hatte Allradantrieb, ein Triebwerk mit 2,8 Liter-Sechszylinder und 239 kW / 325 PS. Das war einmal.
Wo der Hammer hängt
Der Sportler der aktuellen Insignia-Familie heißt nun wieder GSi, ist mit 191 kW / 260 PS und seinem Zweiliter-Vierzylinder auf dem Papier zwar deutlich schwächer. Auf der Straße aber zeigt er seinem Vorgänger in allen Disziplinen, wo der neue Hammer hängt. Er war bei Testfahrten auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings zwölf Sekunden schneller. Nicht wirklich wichtig für künftige Besitzer, aber immerhin ein Hinweis darauf, was der neue Insignia GSi könnte, wenn er denn müsste und der Fahrer wollte.
Damit die Potenz anderen nicht verborgen bleibt, haben die Opel-Designer unter Chef Mark Adams Front- und Heckpartie des zivilen Insignia leicht, aber wirkungsvoll verändert. Die größeren, senkrecht stehenden Lufteinlässe vorn sind ebenso chromumrandet wie die Auspufföffnungen, das Heck wird zusätzlich von seitlichen Auslässen geprägt.
Innen erwartet den Fahrer ein unten abgeflachtes Sportlenkrad, Aluminiumpedale und ein auffallender neuer Sitz, dessen hochgezogene Lehne mit der Kopfstütze verwachsen ist. Durch die seitlichen "Ohren" oberhalb der Schulterhöhe erinnert der Sessel mit etwas Phantasie an eine aufgerichtete Königskobra in Kampfstellung. Aber keine Sorge, in Summe gibt sich der Insignia GSi eher souverän gediegen als aggressiv.
Opel Insignia GSi
BildergalerieTestfahrt in der Provence
Erste Testfahren am Rande der französischen Seealpen: Die Provence überrascht mit dickem Schneetreiben und matschig-eisigen Fahrspuren. Ideales Terrain für den Insignia, seinen klugen Allradantrieb, seine elektrisch unterstützte Lenkung und sein Paket an Helfern wie Abstandsradar, Spurhalte- oder Notbremsassistent.
Der Tanz um die engen Ecken oberhalb von Avignon fordert bei aktivierter Sporttaste die serienmäßige Achtgang-Automatik zum Hochdrehen der Gänge auf. So wird der Turbobenziner in den Bereich gezwungen, in dem sich die Durchzugskraft von 400 Newtonmetern so richtig entfaltet. Der Knopfdruck befördert den Insignia zudem akustisch in eine andere Tonlage: Er kann’s auch brummig und röhrend, wenn es sein Eigner so will.
Wobei hier die Diesel-Alternative des neuen GSi ins Gespräch kommt, die schon bei niedrigen Drehzahlen ihre beeindruckenden 480 Newtonmeter aktiviert. Der 154 kW / 210 PS starke Zweiliter-Vierzylinder mit Doppelturbo, der bei Bedarf auch richtig flott sein kann (233 km/h), wird aber wegen aktueller Dieselpanik für viele Käufer wohl nur zweite Wahl sein. Schade eigentlich, ein richtig modernes Triebwerk.
Starke Bodenhaftung
Wie schon beim ganz normalen Insignia überzeugt das Opel-Fahrwerk, harmoniert mit dem Allradantrieb und sorgt auch auf widrigem Geläuf für bestmögliche Bodenhaftung. Ein Stärke, die schon den Vorgänger auszeichnete. Da sich aber kaum ein künftiger Nutzer für das Austoben auf abgesperrten Rennstrecken interessiert, liegt der GSi-Spaßfaktor in der Mischung aus Alltagstauglichkeit dank Platz und Komfort und eben der hohen, aber stets beherrschbaren Leistung. Heute der König der linken Spur, morgen Kapitän des Papamobils auf dem Weg zur Kita oder zum Kindergeburtstag.
Wobei das Konto eines Interessenten (Opel erwartet in der Mehrzahl männliche Kunden) gut gefüllt sein sollte. Die Serienausstattung ist zwar großzügig, bietet zum Beispiel LED-Matrix-Scheinwerfer, Achtgangautomatik oder Navigationssystem. Aber die Preisliste lockt zur Völlerei: Feines Leder, das ganze Paket an Assistenzsystemen, der erwähnte Super-Sitz und vieles mehr können den schon recht ambitionierten Grundpreis von 47.000 Euro leicht über die 50.000-Euro-Marke liften. Wer seinen GSI komplett ausrüsten will, hat schon die nächste Zehntausender-Grenze im Blick.
Ob der Normalverdiener unter den Opel-Fans da mitgehen will und kann? Verkaufschef Jürgen Keller rechnet zwar mit einem Anteil des GSi am Insignia-Kuchen von unter zehn Prozent, sieht aber Steigerungspotenzial. "Gerade die Kunden unseres Flaggschiffs wollen sich ihr Auto oft individuell ausstatten und konfigurieren. Das wird sich auch auf den GSi auswirken."