Von Stefan Schickedanz/SP-X
Selbst Kleinwagen wie der Mini Cooper lassen heute mit ihrem serienmäßigen Soundsystem aufpreispflichtige Car-HiFi-Anlagen aus dem letzten Jahrhundert sprichwörtlich alt aussehen. Vom optionalen Harman Kardon mit Center Speaker und doppelten Zentralbässen unter den Vordersitzen ganz zu schweigen.
Doch nicht nur der technische Fortschritt im Infotainment-Bereich setzt Oldtimer-Radios zu. Auch der Zahn der Zeit nagt besonders an den Lautsprechermembranen respektive deren Aufhängungen. Das lässt ungeachtet des puristischen Fahrgefühls schnell den Wunsch nach einem Update für den Oldie aufkommen. Das ist aber gar nicht so leicht. Wer seinem Interieur mit Blechschere und Säge zu Leibe rückt, um Türen oder Ablagen mit fetten Lautsprechern und den Kofferraum mit dicken Endstufen zu spicken, hat beste Chancen, sein H-Kennzeichen zu verlieren – vom erhabenen Gefühl, einen originalgetreuen Oldtimer zu fahren ganz zu schweigen.
Doch es gibt eine ganze Reihe von Lösungen. Die meisten davon bleiben unter dem Radar, denn die Autohersteller haben mit ihrem reichhaltigen Ab-Werk-Angebot hochkarätiger HiFi-Anlagen von Marken wie Burmester (Mercedes, Porsche), Bowers & Wilkins (BMW, Volvo, Maserati, McLaren), Bose (Mazda, Cadillac, Opel) oder Harman Kardon (BMW, Volvo, Kia) die klassische Einbauer-Szene aus dem letzten Jahrhundert nachhaltig ausgedünnt.
Reichhaltiges Angebot
Überraschenderweise gibt es noch ein recht reichhaltiges Angebot für Autos wie die erste 3er-Reihe von BMW, die für ovale Lautsprecher im Format vier x sechs Zoll (zehn x 15 cm) ausgelegt war. Statt der direkt vom Hersteller immer noch lieferbaren Breitband-Lautsprecher (ein Viererpack für die Öffnungen im Fußraum und auf der Hutablage kostet rund 82 Euro) gibt es auch technisch aufwändigere Zwei-Wege-Systeme von Alpine (35 Euro), Ampire (60 Euro) oder JBL (70 Euro). Dieses Format wurde seinerzeit von vielen Autoherstellern verwendet. Neben BMW, die solche Lautsprecher auch in der 5er-Reihe E12 und E28 einsetzten, kam es auch bei VW, Fiat, Lancia, Nissan, Seat, Daewoo zum Einsatz.
Es gibt sogar noch mehr Lautsprecher, die von Höhe und Breite in die serienmäßigen Einbauschächte passen würden, doch sind einige davon von der Tiefe nicht geeignet. Das liegt an besonders starken, großen Antriebsmagneten, aber auch an weit herausstehenden Membranaufhängungen oder besonders üppigen zentral angeordneten Hochtönern. Dann würden zumindest andere, auffällig hervorstehende Abdeckungen nötig, was für den auf originalgetreues Erscheinungsbild bedachten Oldtimer-Besitzer schon grenzwertig erscheint. Wer mit seinem Schätzchen nicht zum Einbauer geht – es gibt darunter auch auf Oldtimer spezialisierte Fachbetriebe – sollte daher unbedingt darauf achten, dass er die Lautsprecher gegebenenfalls umtauschen kann. Die Alpine SXE 4625 S ließen sich mit den originalen Steckverbindungen und Schrauben im BMW E21 verwenden. Allerdings hängen beispielsweise bei einem Baur Cabrio die Treiber direkt an der Abdeckung. Bei BMW kann man aber für 44 Euro ein vierer-Set neuer Abdeckungen bestellen.
Autoradios für Oldtimer
BildergalerieDass der Wechsel betagter Treiber auf ladenfrische, modernere Schallwandler allein noch keine Wunder bewirken kann, verdeutlichen diese Zahlen: Schon ein Mini Cooper fährt heute mit zwölf Lautsprechern samt Mehrkanal-Endstufe und 360 Watt auf. Und die Einbaupositionen der Schallwandler werden in modernen Fahrzeugen schon in frühen Konstruktionsphasen so gewählt, dass sie optimale Effizienz erzielen. So gelingt es den Entwicklern, allein durch die optimale Positionierung eines Lautsprecher-Chassis einen um zehn dB höheren Wirkungsgrad zu erreichen.
Wer erst mal auf den Geschmack gekommen ist, der dürfte sich schnell mehr Power und einen Subwoofer wünschen. Denn gerade an Bass mangelt es den Autos des letzten Jahrhunderts, die bis in die späten 90er Jahre ab Werk meist für tiefe Frequenzen viel zu kleine Membranen besaßen. In diesen Punkten gibt es Abhilfe. Eine feine Adresse hierfür ist Audiotec Fischer aus Schmallenberg. Ihre kleinen, aber kräftigen DSP-Endstufen liefern sie mit den Standardanschlüssen vieler Hersteller für Plug & Play aus. Wegen des extrem hohen Wirkungsgrads von rund 95 Prozent emittieren sie so wenig Wärme, dass man sie, sofern wie genug Platz vorhanden ist, beispielsweise Huckepack auf dem Autoradio einbauen kann. Dank Schnittstelle zum DSP lassen sich die Lautsprecher mit einem Windows-PC über eine spezielle Software beim Fachhändler präzise im Klang an den Autoinnenraum anpassen. Eine Fünf-Kanal-Endstufe wie die Match M 5DSPmk2 für 550 Euro kann sogar noch einen kompakten passiven Subwoofer von Audiotec Fischer ansteuern. Den könnte man wie den Match PP 8E-Q (200 Euro) in den Kofferraum legen, wo er sich jederzeit nach Lösen einer Steckverbindung herausnehmen ließe. Oder man versenkt ihn wie den runden Match PP 7S-D (220 Euro) völlig unsichtbar in der Reserveradmulde – zumindest in klassischen BMWs, die schon in den 60ern eine plane Abdeckung verwendeten.
Über Bluetooth vernetzen
Bleibt nur die Frage, wie man MP3-Audio von seinem Smartphone einspeisen kann? Schließlich waren USB oder AUX-Anschlüsse damals nicht an Bord, nicht zu reden von Bluetooth. Mit einem FM-Transmitter (etwa Technaxx FM900BT, 30 Euro) für den Zigarettenanzünder-Anschluss kann der Handy-Nutzer die Musik über UKW auf einem freien Kanal direkt ins Autoradio funken und dabei noch sein Gerät am USB-Anschluss aufladen. Außerdem bietet das Gerät Skip-Tasten und Freisprecheinrichtung. Der Trick mit dem Funk funktioniert ziemlich gut. Der Sound besaß im Hörtest zünftigen Kick und bot einen druckvollen, differenzierten Bass, von dem SWR-, BR- und HR-Hörer nur träumen können. Allerdings rauscht das Ganze rechts stark und bereitete speziell bei Überlandfahrten häufig Störungs-Stress mit lokalen Radiostationen, die auf der gleichen oder einer benachbarten Frequenz sendeten. Cassetten-Adapter für AUX oder Bluetooth rauschen etwas weniger, bereiten mit vielen Bandlaufwerken aber gewisse Probleme und sind lange nicht so praktisch wie der UKW-Transmitter.
Wer eine wirklich perfekte Lösung sucht, hat zwei sinnvolle Alternativen: Entweder eine smarte Digital-Endstufe wie die PP-62 DSP für 500 Euro einbauen und seine Songs über das für 130 Euro erhältliche Bluetooth-Modul direkt in deren DSP streamen. Der umgeht dann das betagte, nur noch zum Nachrichtenhören benötigte Autoradio für optimale Sound-Qualität. Das Erscheinungsbild bleibt aber vollkommen original. Oder man greift gleich zu einem leistungsfähigeren Autoradio. Neben Anbietern, die sich auf die Restauration gesuchter Klassiker von Marken wie Becker oder Blaupunkt spezialisiert haben, gibt es auch Neuware im Vintage-Look. Hier stößt man immer wieder auf den Namen Ampire Electronics. Der Car-Audio-Spezialist aus Grevenbroich bietet schon für unter 500 Euro eine ganze Reihe hochmoderner Headunits mit UKW- plus DAB-Tuner, USB- und AUX-Anschlüssen und vor allem Bluetooth-Schnittstelle. Die Blenden mit den Knöpfen kann der Oldtimer-Besitzer dann ganz nach Epoche an sein Schmuckstück anpassen.
Am Ende dürften zwar all diese Maßnahmen nicht den Klang mit Bühnenabbildung über dem Armaturenbrett erreichen, wie man es von heutigen Mehrkanal-Systemen mit mehr als zehn Lautsprechern kennt. Doch in Dynamik, Ausgewogenheit und Bass-Fundament kann der Oldtimer mit einem HiFi-Upgrade mit seinen Nachkommen in vielen Fällen gleichziehen.