Von Peter Eck/SP-X
Endlich gibt es mal wieder richtig gute Nachrichten von Honda. Ab März nächsten Jahres wollen die Japaner ihr pfiffiges elektrisches Stadtauto "Honda e" ausliefern. Vorbestellungen werden gegen 800 Euro Gebühr schon jetzt entgegengenommen, wer das Auto dann doch nicht haben will, erhält sein Geld natürlich komplett zurück. Es ist aber nicht gewagt zu behaupten, dass sich Interessenten beeilen sollten, wenn sie noch 2020 den 3,90 Meter langen Viertürer fahren wollen. Denn für Deutschland sind nur 1.500 der insgesamt 5.000 für Europa reservierten Exemplare vorgesehen und schon jetzt sind 240 Vorbestellungen eingegangen. Und das, obwohl das Serienfahrzeug erst auf der IAA im September vorgestellt wird und der endgültige Preis noch gar nicht kommuniziert wurde. Nur so viel verrät Honda: Unter 30.000 Euro geht nichts.
Auch die technischen Spezifikationen liegen noch nicht vollständig vor, schließlich sehen wir derzeit noch offiziell den "Honda e Prototype" – der aber laut Technik-Spezialist Kotaro Yamamoto schon "zu 98 Prozent dem späteren Serienstandard entspricht". Was wir wissen: Der Honda e wird über eine Panasonic-Batterie mit einer Kapazität von 36 kWh verfügen, was für echte 200 Kilometer Reichweite nach WLTP sorgen soll. Die Batterien sind wie zu erwarten im Unterboden versteckt und können, wenn leer, über den CCS2-Stecker an einer Schnellladestation in 30 Minuten zur 80 Prozent aufgefüllt werden. Die Ladeklappe sitzt auf der Motorhaube, wo sie einerseits als Designelement fungiert, andererseits aber auch ein frontales und nahes Anfahren an eine Ladesäule ermöglichen soll.
Der Motor arbeitet im Heck und treibt die Hinterachse an. Das soll nicht nur für eine ideale Gewichtsverteilung des rund 1,5 Tonnen schweren Fahrzeugs von 50:50 an die Vorder- und Hinterachse sorgen, sondern beschert auch einen sehr kleinen Wendekreis von 8,60 Metern. Die Leistung des Motors wird laut Honda bei "über 100 PS" liegen, das Drehmoment "über 300 Newtonmeter" betragen.
Die im Vergleich zu Wettbewerbern wie etwa dem Renault Zoe relativ geringe Reichweite erläutert Kotaro Yamamoto so: "Immer mehr Reichweite anzubieten ist kontraproduktiv. Die Autos werden dadurch größer, schwerer und teurer." Tatsächlich dürften 200 Kilometer für ein als Stadt- und Zweitauto konzipiertes Fahrzeug mehr als ausreichen. Die Auswirkungen auf den Preis sind in diesem Fall allerdings überschaubar. Angesichts der relativ kleinen Batterie hätte man durchaus mit einem günstigeren Angebot rechnen können.
Honda e Prototype
BildergalerieDer Grund für die Preisgestaltung dürfte in einigen Besonderheiten des Honda e liegen. So verfügt der in Japan produzierte Kleinwagen als erstes Fahrzeug in diesen Klassen nicht mehr über konventionelle Außenspiegel, sondern über zwei kleine Kameras, die das Bild auf zwei, nahe der Fronttüren platzierte Displays übertragen. Die im Vergleich zu einem normalen Außenspiegelgehäuse deutliche kleinere Kameraeinheit bietet 90 Prozent weniger Luftwiderstand bei einem gleichzeitig um zehn Prozent verkleinerten toten Winkel. Über eine Weitwinkeleinstellung lässt sich der tote Winkel sogar um 50 Prozent verkleinern.
Auch der Rückspiegel ist als Bildschirm gestaltet, allerdings kann man diesen auch "ausschalten", dann verfügt man über einen normalen Spiegel. Eine clevere Maßnahme, denn so hat ein Fahrer die Möglichkeit, bei vollem Kofferraum über die Kamera den rückwärtigen Verkehrs zu beobachten, aber wenn etwa Kinder an Bord sind, über den Spiegel nach hinten zu schauen und dann auch die Rückbank einsehen zu können. Allerdings sitzen nicht nur Kinder hinten im Honda e prima, auch zwei Erwachsene können es dort auf kurzen und mittleren Strecken gut aushalten.
Aus den zwei Seitenspiegeldisplays in den Ecken des Armaturenbretts, einem 8-Zoll-Fahrerdisplay und zwei weitern, sich Richtung Beifahrerseite nebeneinander erstreckenden zwei 12,3 Zoll Displays ergibt sich ein imposantes, von Tür zu Tür durchgehendes Display-Band, wie man es bisher so noch nicht gesehen hat, geschweige denn in einem Kleinwagen.
Optische Parallelen mit dem ersten Civic
Im Gegensatz zum technisch hochmodernen Ambiente steht das Gesamtdesign des Fahrzeugs. Außen erinnert es vor allem dank der freundlich blickenden Rundscheinwerfer an den ersten Honda Civic, was von den Designern auch bewusst so gewollt ist. Der Honda e wird in der Serienausstattung in zwei Ausstattungsversionen angeboten, in der Basis steht das Fahrzeug auf 16-, in der höheren Variante auf 17-Zoll-Breiträdern, was ihm zusammen mit den kurzen Überhängen, die ein E-Auto ja ermöglicht, satt und standfest auf der Straße stehen lässt.
Innen herrscht trotz der kühlen Display-Pracht eine eher gemütliche Atmosphäre, auch dank einigem Holzimitat und dem eher an einen Sofa-Bezug erinnernden Sitzstoff. Dass Honda die Rückbank durchgängig gestaltet hat, sorgt für zusätzliches Sofa-Ambiente. Allerdings lässt sie sich dadurch auch nur in einem Stück umlegen.
Dieses Manko dürfte allerdings für ein cooles Stadtauto kaum eine Rolle spielen. Der Honda e wirkt vielmehr wie ein Fahrzeug, mit dem sich die Entwickler besonders viel Mühe gegeben haben. Dass es trotz der in Europa für die Marke nicht einfachen Situation zunächst nur hier und nicht in Japan oder den USA angeboten wird, lässt hoffen, dass Honda die hiesigen Märkte nicht aufgegeben hat. Der Honda e ist damit nicht nur ein Versprechen auf eine attraktive Mobilität von morgen, sondern auch auf eine (wieder) erfolgreiche Zukunft der japanischen Marke.