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Immer dichthalten

19.07.2019 11:00 Uhr

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Noch vor wenigen Jahren waren statische Zylinderkopfdichtungen an der Tagesordnung: Sogenannte Weichstoff-Dichtungen waren Verschleißteile, die sich leicht austauschen ließen. Selbst wenn die Oberflächengüte des Zylinderkopfes nicht optimal war, war es immer noch möglich, ihn mit einer neuen Dichtung auf dem Kurbelgehäuse sicher abzudichten. "Wenn es an einer Stelle mal keinen Kontakt gab, war das nicht so entscheidend, da die Dichtungen in der Fläche arbeiteten", erklärt Mario Rauch, Leiter Technisches Marketing bei der ElringKlinger AG in Dettingen an der Erms. Anfang der 1990er-Jahre änderte sich das: Die Autohersteller setzten zunehmend Zylinderkopfdichtungen aus Metall ein, auf denen eine flexible Sickenlinie aufgebracht war, die für die Abdichtung sorgte.

Das lag vor allem am Downsizing der Motoren, die aus immer kleineren Hubräumen mehr Leistung quetschten, was auch einen Anstieg des Verbrennungs-Enddrucks zur Folge hatte, den die herkömmlichen Zylinderkopfdichtungen nicht mehr halten konnten. Gleichzeitig wurden die Bauteile im Motor filigraner und statt Grauguss kam zunehmend Aluminium im Motorblock zum Einsatz. "Das hatte zur Folge, dass die Bewegungen des Zylinderkopfes auf dem Kurbelgehäuse zunahmen. Die Dichtspaltschwingungen wurden immer größer", sagt Rauch. Die statischen Weichstoff-Dichtungen mussten nun dynamisch werden. Dafür wurde die Sickenlinie der Zylinderkopfdichtung entwickelt, die trotz Bewegung immer Kontakt hält - sowohl im verspannten als auch entspanntem Zustand. Die Dichtung folgt so der Bewegung der Bauteile und kann die Dynamik abfedern und ausgleichen.

Mittlerweile sind nahezu alle modernen Pkw mit diesem Dichtungstyp ausgestattet. Dabei kommen beim Dichtungsspezialisten ElringKlinger bis zu fünf Lagen Metall in der Dichtung vom Typ "Metaloflex" zum Einsatz - je nach Autohersteller und Motorentyp. In den einzelnen Lagen sind zusätzlich sogenannte Stopper eingeprägt oder per Laser aufgeschweißt, die die Motorbauteile "vorspannen" und massiv statisch oder auch elastisch wirken können. So können Dichtspaltschwingungen reduziert werden. Die neue Bauweise hat noch weitere Vorteile: Sie ist resistenter gegen hohe Temperaturen und chemische Einflüsse. "Eine Dichtung ist mittlerweile ein Hightech-Produkt", berichtet Rauch.

Überblasen von Brenngasen

Obwohl die neuen Metalldichtungen viele Vorteile haben und für die Lebensdauer des Motors ausgelegt sind, können sie durchaus kaputtgehen ( siehe Kasten rechts). Meistens ist die Ursache dabei jedoch in der Peripherie begründet, wenn beispielsweise das Kühlsystem des Motors versagt oder die Verbrennung fehlerhaft ist. Ein direkter Grund für den Ausfall der Dichtung ist in der Regel, wenn sich die Dichtung in das Bauteil einarbeitet. Das sollte normalerweise nicht passieren, kann aber bei häufigem Kurzstreckeneinsatz oder Fahren unter Volllast bei kaltem Motor vorkommen. Da die Hauptbelastung entlang der Sickenlinie stattfindet, kann es sehr leicht sein, dass sich die relativ harte Dichtung in das weiche Bauteil einarbeitet. Wenn sich die Dichtung zu weit einarbeitet, kann es zu einem thermischen Riss kommen. Dadurch wird Brenngas überblasen und die Dichtung verbrennt oder verschleißt. Das Brenngas kann auch in das Kühlsystem gelangen, was zu einem Überkochen des Kühlers führt. Meistens äußert sich das Versagen der Dichtung in einer Warnleuchte im Cockpit, was auf eine Fehlfunktion des Kühlsystems hinweist.

Selbst wenn das Auto dann noch fährt, ist in der Praxis mit Folgeschäden am Motor zu rechnen. "Bei modernen Dichtungen ist der Schaden im direkten Umfeld größer, da die Dichtung thermisch mehr aushalten kann", weiß Rauch. Die aufgenommene Hitze gibt die Dichtung nämlich an die Bauteile weiter, bevor sie durchbrennt. Bei einem Zylinderkopf aus Aluminium würde dann das Aluminium schmelzen.

Austauschen oder reparieren?

Ist ein Schaden an der Zylinderkopfdichtung vorhanden oder besteht ein Verdacht auf eine defekte Dichtung, muss sie erneuert werden. In markengebundenen Werkstätten wird das im Regelfall nicht mehr gemacht: Motoren dürfen oft nur noch zur Prüfung geöffnet werden, um den Ausfallgrund festzustellen. Die Teile, die Ausfallgrund waren, beispielsweise der Zylinderkopf, müssen dann gegen ein Austausch- oder Neuteil gewechselt werden. Denn mit einem Tauschteil ist die Werkstatt auf der sicheren Seite. Die Reparatur wird dabei in der Werksinstandsetzung des Herstellers durchgeführt, alle beweglichen Teile werden dabei gewechselt und das Gehäuse des Zylinderkopfes, sofern möglich, nochmals verwendet.

Bei freien Werkstätten ist ein Austausch der Zylinderkopfdichtung im Regelfall kein Problem. "Jede freie Werkstatt ist in der Lage, eine Zylinderkopfdichtung auszutauschen, wenn sie den richtigen Partner hat. Wir sagen: Ihr dürft reparieren, aber bitte hört uns zu und haltet die Vorgaben des Herstellers ein, dann klappt es auch", mahnt Rauch, der bei Elring für die Trainings verantwortlich ist. Wichtig sei das Know-how der Werkstatt, denn die Ansprüche an den Austausch sind stark gestiegen. Metallische Dichtungen stellen neue Anforderungen an die Oberflächengüte des Zylinderkopfes, denn für die Sickenlinie zur Abdichtung muss die Oberfläche perfekt sein, sonst gibt es ein Überblasen des Brenngases. Auch die Frage der Wirtschaftlichkeit sollte gestellt werden, denn bei bestimmten Motoren kann ein Austauschteil die bessere Wahl sein. Generell lässt sich sagen: Bei größeren Motoren lohnt sich oft die Reparatur, bei kleineren nicht.

Partnerbetrieb sinnvoll

Muss beispielsweise nur die Dichtung gewechselt werden oder hat auch der Zylinderkopf Schäden davongetragen? Ist eine Überarbeitung möglich? Wenn der Zylinderkopf verzogen ist, müssen die passenden Maschinen zum Planen vorhanden sein. Die Bauteile, allen voran der Zylinderkopf, der sich am meisten bewegt und daher auch am wahrscheinlichsten von Eingrabungen betroffen ist, muss oft planbearbeitet werden, bevor eine neue Dichtung verbaut wird. Das können die meisten Werkstätten mit einem Partnerbetrieb wie einem Motoreninstandsetzer bewerkstelligen, der die passenden Maschinen hat. Bei einem Schaden am Kurbelgehäuse wird die Reparatur hingegen zur Herausforderung. Hier kommt man nicht um den Ausbau und ein Zerlegen des Motors herum. In diesem Fall kann ein Austauschmotor die wirtschaftlichere Variante sein.

Planen ist Maßarbeit

Beim Planen geht es vor allem darum, die Welligkeit (Verzug) und Rauigkeit (Struktur) des Zylinderkopfes im Hundertsteloder Tausendstel-Bereich zu korrigieren, um die definierten Werte zu erhalten. "Per Hand lässt sich das nicht machen. Die Werte für Rauigkeit lassen sich zwar mit Schmirgelpapier erreichen, jedoch leidet die Oberflächentopografie. Mit Schmirgelpapier ist nur eine sehr unregelmäßige Topografie möglich", erklärt Rauch. Es sollte darüber hinaus beachtet werden, dass die Werte zwar motor- und herstellerübergreifend sind, jedoch abhängig von der eingesetzten Dichtungstechnologie.

Es sollten auch Zusammenhänge betrachtet werden, die gerade in Motoren mit hoher Laufleistung vorkommen. Da sich die Position der Einspritzdüsen beim Planen verändern kann, müssen beispielsweise andere Wärmeschutzscheiben montiert werden, damit der Abstand zum Brennraum wieder stimmt.

Neue Schrauben empfehlenswert

Nach dem Planen lässt sich eine neue Zylinderkopfdichtung nach Herstellervorgaben einbauen. Beim Einbau wird ein neuer Satz Zylinderkopfschrauben empfohlen, da sich diese längen und bei nochmaliger Verwendung ausfallen können. "Es sei denn, der Autohersteller erlaubt die alten Schrauben nochmals zu verwenden. Empfehlenswert ist das aber nicht, schließlich soll eine hochwertige Reparatur dann nicht an einem Schraubensatz für 30 Euro scheitern", erklärt Rauch. ElringKlinger lässt dem Kunden deshalb die Wahl.

Kurzfassung

Durch Zylinderkopfdichtungen aus Metall erhöhen sich die Anforderungen an die Oberfläche des Zylinderkopfes, wenn die Dichtungen ausgetauscht werden müssen. Mit Fachkenntnis gelingt es dennoch.

Ursachen für den Ausfall der Zylinderkopfdichtung

Überhitzung des Kühlsystems Defekt am Kühlsystem Kühlsystem nicht sorgfältig entlüftet Unkontrollierte Verbrennung (z. B. durch mindere Kraftstoffqualität, zu hohes Verdichtungsverhältnis, falsche Einspritzung, falsche Motoreinstellung, falsche Zündkerzen, unsachgemäßes Chiptuning) Thermische oder mechanische Überlastung des Motors Unsachgemäße Montage der Dichtung (z. B. falsche Anzugswerte der Zylinderkopfschrauben, Verwendung alter Schrauben, ungenügende Verpressung der Dichtung, mangelhafte Bearbeitung der Zylinderkopfoberfläche, nicht zentrierte oder falsch positionierte Dichtung, Rückstände auf Dichtung) Fahrweise (z. B. häufiger Volllastbetrieb nach dem Kaltstart oder häufiger Kurzstreckenbetrieb)

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