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Elektromechanische Betriebsbremse: Schraubzwinge

24.07.2015 06:00 Uhr
Elektromechanische Betriebsbremse: Schraubzwinge

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An der elektromechanischen, also trockenen Betriebsbremse wird bereits seit Jahrzehnten gearbeitet. Zuletzt sprach man im Herbst 2009 seitens des Zulieferers Continental von der "Kombibremse", einer Kombination aus konventioneller Vorderachs- und elektromechanischer Hinterachsbremse, jedoch ohne ein Datum für den Serienstart zu nennen. Zuvor gab es Entwicklungen im Rahmen des zu Beginn der 2000er Jahre zurückgestellten 42-Volt-Bordnetzes (Zweispannungsbordnetz) und der so genannten Keilbremse, die auf dem Prinzip der Selbstverstärkung beruht. Letztere stammt von eStop, einem Unternehmen, das Anfang 2005 vom damaligen Siemens-Bereich VDO übernommen wurde. Seit Mitte 2007 gehört VDO zum Continental-Konzern.

Im Rahmen des diesjährigen 24-Stunden-Rennens von Le Mans präsentierte Audi den neuen R8 e-tron und mit ihm, allerdings nahezu lautlos, die erste elektromechanische Betriebsbremse in einer Pkw-Serienanwendung für Endkunden.

Dabei handelt es sich um die erwähnte Kombibremse, die von Continental nun "elektro hydraulic combi brake", kurz EHCB, genannt wird. Bei Audi heißt sie ebenso kurz wie präzise elektromechanische Bremse (EMB). Neben den hinteren Radbremsen mit Schwimmsätteln liefert Continental auch das ESP-Steuergerät zu. Die konventionellen vorderen Radbremsen stammen von Brembo, kombiniert mit einem Bremskraftverstärker von TRW. Und so ist die EMB aufgebaut: Pro Radbremse wirkt ein bürstenloser elektrischer Stellmotor auf ein dreistufiges Stirnradgetriebe, das eine Rückdreheinheit mit Spiralfeder und am Ende einen Kugelgewindetrieb beinhaltet, der die Bremsbeläge anlegt und zurückzieht. Somit wird auch das Lüftspiel zwischen Belägen und Scheiben aktiv eingestellt. Die elektrischen Stellmotoren werden mit zwölf Volt Nennspannung betrieben und nehmen bei normalen Bremsvorgängen jeweils bis zu zehn, bei Spitzenbelastung (Bremsschlag) bis zu 40 Ampere auf.

Drei Bremssysteme: die Strategie

Beträgt die Verzögerung nicht mehr als 0,3 g, wird allein über die zum Generator umgepolte E-Maschine gebremst. Man kennt diesen Vorgang als Rekuperation. "Bei höheren Verzögerungen steigt die Radbremse (hydraulisch und elektrisch) mit ein. Bremsungen bis zum Stillstand herunter werden auch über die EMB gestellt, da die E-Maschine nicht bis in den Stillstand bremsen kann", so Audi.

Integriert in die EMB ist die elektromechanische Parkbremse (EPB) samt Rollenbremsprüfstands-Erkennung. Die ESP-Funktion an der Hinterachse wird zwangsläufig ebenfalls über die elektromechanische Bremse dargestellt.

Ein Eigenleben, vergleichbar mit den Funktionen der Sensotronic Brake Control (SBC) genannten elektrohydraulischen Betriebsbremse bei Maybach sowie Mercedes-Benz W211, C219 (beide vor Modellpflege), R230 und R199, besitzt Audis EMB nicht. "Gebremst wird nur auf Fahreranforderung, sensiert über das Bremspedal. Es gibt eine Kundendienstanweisung, wie beim Belagwechsel vorzugehen ist. Ein extra Deaktivieren der EMB ist nicht erforderlich. Nach dem Wechsel erfolgt eine Positionsbestimmung der Kolben mittels Lagesensoren", erklärt der Autobauer hierzu.

Vorteile und behobene Nachteile

Die Vorteile einer elektromechanischen Betriebsbremse sind das im Vergleich zur konventionell mechanisch-hydraulischen Variante geringere Gewicht (statt Hydraulikleitungen werden Elektrokabel verlegt) und der weitgehende Entfall von Servicearbeiten (nur noch Belagwechsel erforderlich). Letzteres gilt nicht für die EMB von Audi, da es sich hier um eine Kombibremse mit mechanisch-hydraulisch wirkenden Vorderradbremsen handelt. Nachteile gab es bisher bei Dosierbarkeit und Dynamik - Probleme, die bei der EMB offenbar behoben wurden. Gespannt sein darf man auf die ersten Fahreindrücke und das Prüfstandsverhalten, was allerdings noch etwas dauern wird. Im Gegensatz zum seit Mai bestellbaren und für Herbst dieses Jahres angekündigten neuen R8 wird dessen E-Variante R8 e-tron erst ab dem vierten Quartal 2015 bestellbar sein. Die Erwähnung der EMB nur in einem Nebensatz der Präsentation bedeutet vermutlich nicht, dass Audi der Bremse selbst nicht so recht traut.

Der R8 e-tron basiert auf dem neuen R8, besitzt also dessen Space-Frame-Karosserie, ergänzt um ein Heckmodul aus Kohlefaser-verstärktem Kunststoff (CFK) und den Hochvolt-Akku als tragendes Bauteil, positioniert in T-Form zwischen und hinter den beiden Sitzen (vgl. Grafik unten). Gewichtsverteilung (vorn/hinten): 40 zu 60 Prozent.

Der Lithium-Ionen-Akku besteht aus 7.488 Zellen, wie sie das Bild auf Seite 18 unten zeigt, zusammengefasst in 52 Modulen à 144 Zellen. Er kommt damit auf 152 Wattstunden pro Kilogramm Energiedichte, 90,3 Kilowattstunden Nennkapazität und 595 Kilogramm Gewicht. Fahrzeuggesamtgewicht (ohne Fahrer): 1.841 Kilogramm. Das bewirkt folgende Nenn- und Fahrleistungen: je 460 Newtonmeter Maximaldrehmoment und 170 Kilowatt Höchstleistung der beiden E-Maschinen an der Hinterachse, 100-km/h-Sprint in 3,9 Sekunden, 250 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit und bis zu 450 Kilometer Reichweite.

Fertigung an neuem Standort

Gefertigt wird der neue R8 e-tron an einem neuen Standort der quattro GmbH, den Böllinger Höfen in Neckarsulm.

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