Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gegen den Vorwurf zu laschen Vorgehens im Diesel-Skandal von Audi verteidigt. Nach Berichten von Bayerischem Rundfunk und "Handelsblatt" soll ein Münchner Staatsanwalt dem KBA-Präsidenten 2017 sogar mit Ermittlungen wegen Behinderung der Justiz gedroht haben. Scheuer sagte am Montag in Rosenheim: "Wir haben nie etwas Illegales zugelassen."
Den Berichten zufolge hatte der Staatsanwalt das KBA im Januar 2016 aufgefordert, bei Erkenntnissen über illegale Abschalteinrichtungen bei Audi zunächst die Staatsanwaltschaft und erst dann VW oder Audi zu kontaktieren. Der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und das KBA hätten aber im Juni 2017 einen Rückruf für zwei Audi-Baureihen wegen Abgastricksereien angeordnet - die Staatsanwaltschaft habe erst aus den Medien davon erfahren.
Darauf habe der Ermittler "einen wütenden Brief an den Präsidenten des KBA, Ekhard Zinke", geschrieben, berichteten der BR und das "Handelsblatt": Er sehe sich zum wiederholten Male veranlasst, darauf hinzuweisen, "dass eine nur eingeschränkte Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden - erst recht, wenn von deren Seite eine klare Aufforderung erfolgte - den Straftatbestand der (mindestens versuchten) Strafvereitelung erfüllen kann". Der Staatsanwalt habe auch eine Razzia beim KBA für vorstellbar gehalten.
KBA kooperiere "vollumfänglich" mit den Staatsanwaltschaften
Das KBA äußerte sich dazu zunächst nicht. Die Sprecherin der Münchner Staatsanwaltschaft sagte, es gebe keine Ermittlungen gegen Zinke. Weitere Auskünfte lehnte sie ab. Eine Sprecherin Scheuers sagte, das KBA kooperiere "vollumfänglich" mit den Staatsanwaltschaften.
Der Minister sagte am Rande einer Veranstaltung in Rosenheim, das KBA habe alles überprüft, was die illegalen Abschalteinrichtungen betreffe, und Rückrufaktionen gestartet, nicht nur bei Audi. "Das lasse ich nicht zu, dass irgendwer sagt, man hätte sich nicht gekümmert bei einem Prozess, der mittlerweile schon mehrerer Jahre dauert", sagte er. Das Ministerium sei beim Thema illegale Abschalteinrichtungen mit den Herstellern "sehr, sehr hart" in der Analyse. Zu sagen, das sei "ein neues Thema, ist blanker Unsinn".
Den Berichten zufolge hatte Audi bis Anfang 2018 Diesel-Modelle der Abgasnorm Euro-6 verkauft, die vier unterschiedliche Abschalteinrichtungen nutzten. Das gehe aus KBA-Bescheiden hervor. Durch die Abschalteinrichtungen seien die Fahrzeuge auf dem Prüfstand sauberer als im Betrieb auf der Straße. Das KBA habe aber nur eine der vier Funktionen als unzulässig eingestuft.
Ermittlungen laufen
Die Abgasmanipulationen bei VW und der Tochter Audi waren im September 2015 in den USA aufgeflogen. Nach einem Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft München musste Audi deshalb 800 Millionen Euro Bußgeld bezahlen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den früheren Audi-Chef Rupert Stadler und 26 weitere Verdächtige, unter anderem wegen Betrugs. Der Skandal hat Audi seit 2015 rund 3,4 Milliarden Euro gekostet.
Audi hat im vergangenen halben Jahr rund 80.000 der insgesamt 151.000 Autos mit manipulierten V-TDI-Dieselmotoren zu Softwareupdates in die Werkstatt zurückgerufen. Ein Sprecher sagte am Montag in Ingolstadt, das Kraftfahrtbundesamt habe seit November 2018 die Nachrüstung für zwei Drittel der betroffenen Fahrzeuge freigegeben und Audi die Adressen der Halter überlassen. Diese Updates seien inzwischen zu gut 80 Prozent umgesetzt.
Die Update-Vorschläge für die restlichen Fahrzeuge habe Audi dem KBA zur Genehmigung vorgelegt. Sobald Audi die Genehmigung und die Adressen habe, würden die Halter innert drei Wochen angeschrieben. (dpa)