Seit dem VW-Skandal sorgt das Thema Emissionsmessung für viel Gesprächsstoff. Im Bereich der Typengenehmigung soll der neue Prüfzyklus WLTP in Kombination mit RDE-Messungen bald für realistischere Verbrauchsangaben sorgen. Auch die aktuell zweistufige Abgasuntersuchung (AU) ist in die Kritik geraten. Denn bei OBD-Fahrzeugen, die nach 2006 erstmals zugelassen sind, muss nicht verbindlich eine Messung durchgeführt werden, sofern die OBD mit den Readiness-Codes eine fehlerfreie Funktion der Systeme bestätigt. "Im Falle Readiness-Codes in Ordnung ist nur noch bei circa 10 bis 15 Prozent der AU eine Endrohrprüfung durchzuführen. So werden wichtige Abgaskomponenten, die defekt, manipuliert oder verschlissen sind, nicht erkannt. Die Abgaswerte im Endrohr können bei diesen Fahrzeugen signifikant auffällig sein, obwohl kein Fehler angezeigt wird und die Readinesscodes in Ordnung sind", erklärt Harald Hahn, Fachbereichsleiter Abgasmessgeräte und Vizepräsident des ASA-Verbands die Schwachstelle.
Einzig wirksame Methode
Der ASA-Verband setzt sich daher schon lange für den Erhalt der Endrohrprüfung ein als "einzig wirksame Methode, um sowohl Manipulationen als auch defekte oder ausgebaute Teile im Abgasstrang zu erkennen", so Harald Hahn. Die OBD sei nur eine indirekte Methode, die auf Basis eines hinterlegten Modells auf das Abgasverhalten schließt. "Zudem sind die Ansprechschwellen des OBD-Systems um den Faktor 10 höher als der jeweils gültige EU-Emissionswert", erklärt der ASA- Vizepräsident. "Wichtig dabei ist jedoch auch, dass man die für die AU zu verwendenden Grenzwerte oder Sollwerte entsprechend anpasst. Es macht keinen Sinn, wenn Komponenten defekt oder entfernt sind und diese dann trotzdem nicht erkannt werden, weil die Grenzwerte zu hoch sind."
Schließlich ist eine wirksame Abgasuntersuchung entscheidend, um "das dauerhafte Einhalten der Abgasemissionsvorschriften über die gesamte Nutzungsdauer des Kraftfahrzeugs zu gewährleisten", heißt es auch in einer Mitteilung des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK). Allein 2015 führten die anerkannten AU-Betriebe 12,5 Millionen Abgasuntersuchungen an Pkw, Nutzfahrzeugen und Krafträdern durch. Knapp 275.000 Kraftfahrzeuge fielen durch die Untersuchung, wie aus dem Abschlussbericht zur AU-Mängelstatistik des ZDK hervorgeht. An 801.386 beanstandeten Fahrzeugen wurden im Durchschnitt 1,52 abgasrelevante Mängel pro Fahrzeug festgestellt. 526.550 dieser Fahrzeuge konnten jedoch mit einer Wartung, Inspektion oder Reparatur wieder instand gesetzt werden und das zulässige Emsissionniveau erreichen. Diese Ergebnisse zeigen laut ZDK-Präsident Jürgen Karpinski erneut, wie wichtig die regelmäßige Abgasuntersuchung für den Umweltschutz sei. Die Abgasuntersuchung dürfe nicht allein der On-Board-Diagnose überlassen werden. Der ZDK schlägt daher folgende Weiterentwicklung des zweistufigen Verfahrens mit OBD-Prüfung und Endrohrmessung vor:
- Ab dem fünften Jahr nach der Erstzulassung oder nach 100.000 Kilometern Laufleistung müssen OBD-Prüfung und Abgasmessung Pflicht werden.
- Die Abgas-Grenzwerte für Otto- und Dieselfahrzeuge ab der Abgasstufe Euro 5/Euro 6 sind anzupassen.
- Weitere Parameter aus der Motorelektronik müssen herangezogen werden, um die Funktionsweise des OBD-Systems eindeutig prüfen zu können.
Die Vorschläge sollen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur präsentiert werden.
NOx reproduzierbar messen
Zudem sollte eine moderne Abgasuntersuchung zukünftig auch Stickoxide (NOx) einbeziehen. Derzeit werden unterschiedliche Lösungsansätze, wie eine solche NOx-Messung im Rahmen der AU aussehen könnte, untersucht. Doch für ein verbindliches NOx-Prüfverfahren wäre die Anpassung zweier entscheidender EU-Vorschriften - die Typengenehmigungsverordnung und die Vorschrift zur technischen Fahrzeugüberwachung - notwendig, heißt es vom ZDK. Erst dann könnte eine nationale Änderung anhand einer weiterentwickelten AU-Vorschrift erfolgen, die entsprechende Prüfverfahren und Prüfwerkzeuge definiere. Denn es sind unterschiedliche Methoden anwendbar, um reproduzierbar und effizient NOx zu messen, weiß auch Harald Hahn, Fachbereichsleiter Abgasmessgeräte beim ASA-Verband. "Eine NOx-Messung muss dabei nicht zwangsweise auf einem Rollenprüfstand durchgeführt werden", erklärt er. Und eines steht für ihn fest: "Die AU sollte zukünftig wie bisher auch jede Werkstatt durchführen können. Ich denke, das ist Voraussetzung für die Akzeptanz einer möglichen NOx-Messung."
Kurzfassung
Die zweistufige Abgasuntersuchung mit OBD-Prüfung und Endrohrmessung steht aktuell auf dem Prüfstand. Der ASA-Verband fordert eine verbindliche Endrohrprüfung, der ZDK schlägt eine Weiterentwicklung des Verfahrens vor.
- Ausgabe 10/2016 Seite 16 (240.4 KB, PDF)