Drei Jahre nach den Manipulationen beim Autopreis Gelber Engel steht die Reform des ADAC jetzt vor dem Abschluss. Am 1. Januar nehmen die vom Verein getrennte Aktiengesellschaft und die neue Stiftung ihre Arbeit auf. Transparency-Deutschland-Chefin Edda Müller lobt: "Ich sehe den ADAC auf dem richtigen Weg." Sogar die Konkurrenz äußert sich wohlwollend: Der ADAC habe sich geöffnet, "wir arbeiten stärker zusammen", sagt Anja Smetanin, Sprecherin des grünen Verkehrsclubs VCD.
Im laufenden Jahr ist Deutschlands größter Verein auch wieder kräftig gewachsen: 19,6 Millionen Mitglieder zählt er heute - über eine halbe Million mehr als vor der Krise. Der Ruf des ADAC sei fast wiederhergestellt, sagt Club-Präsident August Markl. "Wir sind als Gesprächspartner wieder gefragt." Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) berief Markl zusammen mit Forschern, Juristen und einem Bischof in die Ethikkommission für autonomes Fahren.
Der 68-jährige Arzt treibt den Umbau des Vereins seit dem Abgang seines Vorgängers Peter Meyer 2014 entschlossen voran. Natürlich sei es zunächst eine Katastrophe gewesen. Aber "die Reform des Clubs war überfällig. Wir mussten uns modernisieren und haben die Chance genutzt."
Aufgaben nun getrennt
Lange hatte der ADAC Verbraucherschutz, Vereins- und Wirtschaftsinteressen vermischt - deswegen steht der Vereinsstatus samt Steuervorteilen und Ehrenamt auf der Kippe. Aber nun sind die Aufgaben getrennt. Ab Januar firmieren die ADAC-Versicherungen samt Kreditkartengeschäft, Autovermietung und Verlag als Aktiengesellschaft mit eigenem Vorstand. Im vergangenen Jahr machte der Konzern 1,2 Milliarden Euro Umsatz und 86 Millionen Euro Gewinn. Dieses Jahr ist ähnlich gut gelaufen. Das Versicherungsgeschäft dürfte weiterhin erfolgreich bleiben, sagt Markl.
Ein Viertel der Aktien hält die neu gegründete gemeinnützige ADAC-Stiftung, die sich um Luftrettung und Verkehrserziehung kümmert. Drei Viertel hält der Verein, der mit fast einer Milliarde Euro Beitragseinnahmen seine Pannenhilfe, den Mitgliederservice, die Verbraucherschutz- und Lobbyarbeit finanziert.
Das Amtsgericht München prüft den Vereinsstatus noch. Lippenbekenntnisse reichen dem Gericht nicht: Es "hat uns klar signalisiert, dass wir zunächst Reform vollständig abschließen und in den neuen Strukturen operativ arbeiten müssen, bevor es eine Entscheidung gibt", sagt der Vereinschef. Er hofft auf positive Nachricht in den nächsten Monaten.
Inhaltlich neu ausgerichtet
Markl stellt den ADAC aber auch inhaltlich neu auf. Jede Umfrage wird veröffentlicht, geteilte Meinungen der Mitgliederschaft offengelegt, die Meinung der ADAC-Experten nur noch danebengestellt: "Dann kann sich jeder ein eigenes Bild machen." Die Vereinsspitze schwingt sich nicht mehr zur Stimme aller deutschen Autofahrer auf.
Und "wir wandeln uns vom Autofahrerclub zu einem Mobilitätsdienstleister für unsere Mitglieder", sagt Markl. Der Verein helfe dem Mitglied, den besten Weg von A nach B zu finden - auch mit der Bahn oder dem Fahrrad. Und "die Pannenhilfe hilft auch bei Problemen mit dem E-Bike".
Trotz vieler Treppenlift-Anzeigen in der Club-Zeitschrift: Das Durchschnittsalter der ADAC-Mitglieder liegt bei nur 45 Jahren. Junge Leute mit alten Autos brauchen eben häufiger Pannenhilfe. Markl umwirbt sie aber auch gezielt mit digitalen Angeboten zur persönlichen Mobilität: "Das ist einer der Schwerpunkte für die kommenden Jahre, da wollen wir am Ball bleiben."
Keine Beitragserhöhung geplant
Krise und Reformen haben den ADAC annähernd 40 Millionen Euro gekostet. Dennoch sind die Beiträge seit drei Jahren stabil. Eine Erhöhung sei nicht geplant, sagt Markl. Und mit der neuen Aufteilung ändere sich für die Mitglieder gar nichts. Auch die Plus-Mitgliedschaft mit Versicherungsschutz bleibe unverändert.
Der vom Vorgänger Meyer geführte ADAC-Regionalclub Nordrhein hatte lange gegen Markls Kurs opponiert, nach dessen Sieg auf der letzten Hauptversammlung aber eingelenkt. Die Zusammenarbeit sei heute "durch ein gutes kollegiales Arbeitsverhältnis geprägt", heißt es aus Köln.
Im nächsten Mai will Markl zur Wiederwahl antreten, für weitere vier Jahre. "Ich fühle mich verpflichtet, das abzuschließen, was ich angefangen habe. Und ich habe Lust dazu, da ich die Unterstützung der Menschen spüre." Transparency-Chefin Müller, die ihn als «ausgeglichenen Typ ohne ideologische Scheuklappen» kennengelernt hat, hält das für eine gute Idee. Ein neuer Präsident würde eigene Duftmarken setzen wollen. Markl wäre "eher ein Stabilitätsfaktor und Garant, dass es in guten Bahnen weiterläuft". (dpa)