Was haben ein Delphin, ein Seehund und ein Seelöwe gemeinsam? Richtig, es sind alles Meeressäuger, das soll jedoch keine Rolle spielen. Relevanter an dieser Stelle: Es sind Bezeichnungen, mit denen der chinesischen Konzern BYD die Automodelle seiner "Ozean-Baureihe" versieht.
Mit dem Sealion 7 kommt nun das siebte vollelektrische Fahrzeug auf den deutschen Markt, der Seelöwe ist vollgepackt bis unters Dach mit modernster Batterie- und Motoren-Technik, überzeugendem Infotainment – und zu einem wirklich erstaunlichen und absolut konkurrenzfähigen Preis. Autoflotte hat im Topmodell Platz genommen und ist nach einer ausführlichen Testfahrt beeindruckt wieder ausgestiegen.
Einst vor 30 Jahren als Batterie-Hersteller gestartet, ist BYD heute ein ganz dicker Fisch im Becken der Elektromobilität: 23 Prozent beträgt deren Weltmarktanteil an Elektroautos. Um es plastischer zu formulieren: Fast jedes vierte (neuzugelassene) Auto auf diesem Planeten stammt vom BYD. "Es hat 13 Jahre gedauert, von Null auf eine Million Fahrzeuge zu kommen, aber für den Sprung von sieben auf neun Millionen Fahrzeuge haben wir gerade mal sechs Monate gebraucht", hatte Stella Li, Executive Vice President von BYD, erst kürzlich nicht ohne Stolz erwähnt. Und vor Kurzem wurde die 10-Millionen-Marke geknackt. "Build Your Dream", schaff Dir Deinen Traum, der Name ist Programm.
Und während viele andere Konkurrenten (noch) auf Direktverrieb und/oder Subskriptionsmodelle setzen, hat sich BYD längst entschieden, ihre Fahrzeuge über die Händlerschaft zu vermarkten und zu vertreiben. In Deutschland verfährt BYD auf diese Art und Weise erst seit 2022, ein Newcomer quasi.
Namhafte Autohändler wie Torpedo Gruppe oder Sternauto haben die Chinesen schon im Boot, wirklich viele Partner sind es aber noch nicht. Aktuell arbeitet man mit etwa 50 Händlern („Erstklassige Partner“, so BYD) in Deutschland zusammen, bis Ende 2025 sollen es dann gut zweieinhalb Mal so viele sein. Damit auch das Thema „EU-Strafzölle für aus China stammende Elektroautos“ vom Tisch ist, denn ab 2025 werden die Chinesen in Ungarn ihre Fahrzeuge vom Band laufen lassen.
Fahrzeuge wie den neuen BYD Sealion 7 zum Beispiel. Fürs Design des neuen BYD Sealion verantwortlich zeichnet Designchef Wolfgang Egger, der seine gestalterischen Fähigkeiten unter anderem bereits bei Audi und Alfa Romeo unter Beweis gestellt hatte. Und wahrscheinlich trifft die Bezeichnung SUV-Coupé am besten auf das 4,83 Meter lange Crossover-Fahrzeug mit frontalem X-Motiv, markanten Scheinwerfereinheiten, herabfallender Dachlinie und Doppelspoiler an Dach und Heckklappe zu, das auf der eigens für Elektrofahrzeuge entwickelten BYD e-Plattform 3.0 basiert.
Nehmen wir also Platz, und zwar auf ausgesprochen bequemem Gestühl: Der Fahrersitz ist elektrisch in acht Richtungen verstellbar und mit einer ebenfalls elektrisch in vier Richtungen verstellbaren Lordosenstütze ausgestattet. Serienmäßig bieten die Vordersitze Sitzheizung und -belüftung. Ebenfalls in vier Richtungen verstellbar ist das griffige Lenkrad.
Der Innenraum ist geschmackvoll, stilsicher und hochwertig eingerichtet und (dankenswerterweise) nicht so ganz clean und reduziert eingerichtet, wie man es beispielsweise von anderen Fabrikaten wie Nio oder Xpeng kennt. Heißt im Klartext: Es gibt noch etliche haptische Schalter, Tasten und Knöpfe (Mittelkonsole, Fensterheber, Spiegeleinstellung, Lenkradtasten), um wichtige und häufige Funktionen zu benutzen. Manche findet man allerdings erst nach langem Eintauchen ins Menü, zum Beispiel die an diesem nasskalten Novembertag überaus hilfreichen Funktionen für Sitz- und Lenkradheizung.
Im Zentrum steht dabei ein fast 16 Zoll großer Bildschirm, der per Knopfdruck sowohl vertikal als auch horizontal in der Mitte am Armaturenbrett positioniert werden kann. Was wie ein nettes Gimmick klingt, ist in der Realität eine nützliche Hilfe. Von der voreingestellten Route des Navigationssystems lässt sich deutlich mehr erkennen, wenn man das Display hochkant stellt.
In jedem Fall aber reagiert das System ausgesprochen flugs und exakt auf Befehle mit den Fingern. Wem auch das zu umständlich ist: Die überarbeitete Sprachbedienung mit der Aufforderung „Hey, BYD“ funktioniert einwandfrei, sei es, um die Temperatur zu variieren, eine neuen Navigationsziel zu finden oder um die Fenster (von verschiedenen Sitzplätzen aus) per Sprachaufforderung zu öffnen.
Bei den elektronischen Assistenten ist es nicht anders als bei etlichen (vor allem asiatischen) Konkurrenten. Am besten diese gleich nach dem Motorstart deaktivieren, sonst bimmelt und klingelt es unaufhörlich, als käme gleich der Eismann um die Ecke gebogen. Die in die A-Säule verbaute Kamera ist so sensibel konfiguriert, dass sie gefühlt bei jedem Wimperschlag und Stirnrunzeln Alarm schlägt. Das nervt!
Besondere Erwähnung verdient das fantastische Dynaudio-Soundsystem, das völlig zurecht als High End beziehungsweise High Fidelity bezeichnet werden dar. Vor allem Bass-lastige Musik gibt das System auch bei hoher Lautstärke verzerrungsfrei und dabei gleichzeitig druckvoll wieder. So fühlt man sich tatsächlich nicht wie in einem Fahrzeug sitzend, sondern wie in einer Philharmonie. Ganz ohne Sound ist die Fahrt im BYD Sealion nichtsdestotrotz aber auch ein Genuss, denn das Fahrzeug ist überzeugend gedämmt, Außen- und Wind- und Abrollgeräusche dringen nur spärlich in den Innenraum.
Bei höheren Geschwindigkeiten jenseits der 170 km/h wir der Allradler zwar nicht zappelig, aber doch ein bisschen unruhig. Andrerseits spielen derartige Tempi in fast allen Regionen der Welt keine Rolle, nichtsdestotrotz wird der Vorwärtsdrang des Seelöwen erst bei 215 km/h eingebremst. Übrigens: Auf „one-pedal-driving“ bis zum kompletten Stillstand verzichten die Chinesen, damit kämen laut Aussage eines Ingenieurs nicht alle zurecht, bei etwa 6 km/h muss spätestens die Bremse bemüht werden.
Der Heckmotor (230 kW/313 PS bei der Einstiegsvariante oder 390 kW/530 PS bei beiden Allradmodellen) kann mit bis zu 23.000 Umdrehungen pro Minute so schnell wie kein anderer betrieben werden Mit dem Gewicht von etwa 2,3 Tonnen hat der Allradler keine Mühe, leugnen kann man (vor allem in Kurvenkombinationen) nicht, dass es sich um ein Schwergewicht handelt.
Das Herz des Fahrzeuges ist die von BYD entwickelte Kobalt-freie Blade-Batterie. Die Vorteile der Lithiumeisenphosphat-Batterie: Sie ist langlebig, nicht brennbar und in der so genannten Cell-to-Body-Konstruktion installiert. Heißt laut BYD: Anstelle einer herkömmlichen Anordnung ist die Batterie in die gesamte Fahrzeugstruktur eingepflegt, wobei die obere Abdeckung des Pakets auch als Boden der Fahrgastzelle dient. Weitere Vorteile: Hohe Verwindungssteifigkeit und ein niedriger Schwerpunkt.
Die Akkus bietet BYD entweder mit einer Kapazität von 82,5 kWh oder mit 91,3 kWh. Letztere darf mit bis zu 230 kW geladen werden, ansonsten sind maximal (mittelmäßig fixe) 150 kW DC-Ladung drin. Bei einem Testverbrauch an einem regnerischen Novembertag darf man sich getrost an den 19,9 kWh des Datenblatts orientieren.
Wer AC-Laden bevorzugt, muss sich mit 11 kW begnügen. Schön dagegen: Wärmepumpe und Vehicle-to-Load-Funktion sind übrigens bei allen Varianten serienmäßig. Die „Comfort“-Einstiegsversion bietet zusätzlich zu den erwähnten Features eine kabellose Smartphone-Lademöglichkeit, je zwei USB-Anschlüsse vorne und hinten.
Mit dem Sealion schielt BYD auch auf Gewerbe- und Flottenkunden (und nicht nur Familien): Acht Jahre Garantie (oder 200.000 Kilometer) gewährt BYD auf die Batterie sowie sechs Jahre (150.000 Kilometer) aufs Fahrzeug. Noch im vierten Quartal 2024 soll der Sealion ab einem Preis von 47.990 Euro (Leasingrate für Gewerbekunden: 455 Euro pro Monat) bei den Vertriebspartnern stehen.
Der BYD Sealion 7 überrascht (positiv) und überzeugt als SUV-Coupé, das Technik wie die innovative Blade-Batterie oder den Power-E-Motor bestens mit Komfort, Ausstattung du Anmutung vereint. Zudem bietet BYD konkurrenzfähige Preise und einer klare Vertriebsstrategie. Die Marktpräsenz des Konzerns zeigt: BYD ist längst mehr als ein Newcomer, er ist ein Herausforderer.