Die Hersteller Volkswagen und BMW schlagen staatliche Anreize für Autokäufer vor, um die Corona-Krise zu überwinden. BMW-Vorstandschef Oliver Zipse sagte der Deutschen Presse-Agentur in München: "Wir sehen in einer Innovationsprämie eine doppelte Chance: Sie kann als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg der Kunden auf klimaschonende Technologien beschleunigen." So könne man wirtschaftliche Erholung mit wirksamem Klimaschutz kombinieren, "anstatt beides gegeneinander auszuspielen".
Der Volkswagen-Manager Stefan Sommer hält es nicht für ausreichend, für einen Neustart des Autogeschäfts in Deutschland und Europa allein die Autohäuser und die Zulassungsstellen wieder zu öffnen. "Es braucht Investitionen in die Industrie, und es braucht Investitionen in das Konsumverhalten", sagte das Konzernvorstandsmitglied der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Das werde sogar noch dringender notwendig sein als nach der internationalen Finanzkrise 2009. Damals zahlte der deutsche Staat eine Abwrackprämie beim Kauf eines Neuwagens.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht sich für eine Abwrackprämie aus. "Vor allem der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebe kann damit wesentlich beschleunigt und die Automobilindustrie im Strukturwandel unterstützt werden", sagte Weil der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Dienstag). Die Autobranche habe eine Schlüsselstellung, wenn die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden soll, so Weil. Nach der jüngsten Weltfinanzkrise sei die 2009 eingeführte Abwrackprämie ein entscheidendes Instrument für das Comeback der deutschen Industrie gewesen. Eine Abkehr von den Klimazielen in der Automobilindustrie lehnt Weil dagegen ab. "Umgekehrt darauf zu setzen, die Erreichung von CO2-Zielen zu strecken, dürfte auf der europäischen Ebene kaum durchzusetzen sein und würde hohe Investitionen der Unternehmen in Frage stellen."
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte bereits am Donnerstag ein Automobil-Programm gefordert, das wie die Abwrackprämie 2009 den Autokauf ankurbeln solle. "Das ist eine Riesenchance, den klimafreundlichen Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen, und zwar in der Breite." Verglichen mit der Abwrackprämie vor zehn Jahren müsse die Prämie aber höher sein und auch länger gewährt werden.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann sprach sich für ebenso ein Konjunkturprogramm für die Zeit nach dem Corona-Stillstand aus. "Ein Weg wäre, die Prämie von 6.000 Euro beim Kauf eines Elektroautos befristet aufzustocken oder gar Anreize für den Kauf modernster Benziner und Diesel zu setzen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag). Das diente gleichzeitig dem Klimaschutz. Er könne sich begrenzte Investitionshilfen aber auch für andere Branchen vorstellen, sagte der CDU-Politiker, der im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt.
"Führt, wenn überhaupt, zu einem Strohfeuer"
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer lehnte eine neue Abwrackpämie ab. "Ein Abwrackprämie wird die Autoindustrie nicht auf die Beine bringen, sondern führt, wenn überhaupt, zu einem Strohfeuer", sagte er am Montag. Die Prämie habe 2009 "die Grundlage dafür gelegt, dass die Autoindustrie bis heute bei der Elektromobilität hinterherhinkt".
BMW hat die Produktion in seinen Werken in Europa und Nordamerika bis Ende April gestoppt. Bei Volkswagen bleiben die Werke der Kernmarke in Deutschland wegen der Corona-Pandemie bis 19. April geschlossen. In den USA wurden die meisten Mitarbeiter im Werk in Tennessee beurlaubt. Das soll nach jüngster Planung nicht länger als bis Mitte Mai gelten.
VW will in wenigen Tagen seine Pläne für das Hochfahren der Produktion in Deutschland vorstellen. "Die Planung für den Wiederanlauf wird ausgearbeitet", sagte Beschaffungsvorstand Sommer. "Wir werden sie nach Ostern vorstellen." Alles hänge aber stark an den Vorgaben der Politik, "und wann sie plant, das öffentliche Leben wieder hochlaufen zu lassen".
Die Belegschaft von VW wird nach Angaben von Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh bei einem Neustart durch genaue Gesundheitsregeln geschützt. In der Fertigung würden "Abläufe so geändert, dass der Schutz vor einer Übertragung des Virus an allererster Stelle steht", sagte Osterloh. Dazu würden Umwege in Kauf genommen. Im Zweifel werde eher weniger produziert, "als irgendwo ins Risiko zu gehen". Er sagte: "Wo sich der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhalten lässt, tragen die Kolleginnen und Kollegen Masken." (dpa)