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Automechanika 2024: Das große Wiedersehen

07.10.2024 08:24 Uhr | Lesezeit: 2 min
Etwas weniger Besucher als vor Corona, aber dafür eine sehr hohe Qualität der Standgespräche.
© Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Petra Welzel

Auf der Automechanika in Frankfurt ging es in vielen Gesprächen um Sensoren, E-Mobilität, Diagnose und Digitalisierung sowie verstärkt um Künstliche Intelligenz. Werkstattausrüster haben gezeigt, dass sie Lösungen für immer komplexere Fahrzeuge liefern können.

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Etwas weniger Besucher als vor Corona, aber dafür eine sehr hohe Qualität der Standgespräche. So oder so ähnlich lautete das Fazit vieler Aussteller und Besucher nach fünf Tagen Automechanika in Frankfurt. Mit über 100.000 Messebesuchern und 4.200 Ausstellern konnte die Automechanika auch zahlenmäßig fast an alte Zeiten anknüpfen. Die Messe Frankfurt zog als Veranstalter ein positives Fazit: Die Automechanika Frankfurt habe ihre Position als Leitmesse für die Automobilwirtschaft gefestigt, bilanzierte Geschäftsführer Detlef Braun.

Highlights Diagnose

Jedenfalls war es eine spannende Messe mit zahlreichen Neuheiten, unter anderem im Bereich Diagnoselösungen. Hella Gutmann überraschte Besucher mit zwei Innovationen. Zum einen gibt es jetzt die Hella Gutmann Diagnose in drei unterschiedlichen Lizenzmodellen auch für Android-Geräte. Flexibel wählbare Software-Module und Lizenzen, Diagnose über Internetprotokoll (DoIP) und die Möglichkeit, den Gesundheitszustand (SoH) der Antriebsbatterien von E-Fahrzeugen zu ermitteln, war bislang dem Diagnosegerät Mega Macs X vorbehalten. Über die flexible Einsteigerlösung Mega Macs S 20 können die Diagnose-Funktionen auf einem beliebigen Android-Gerät (ab Android 10) genutzt werden, beispielsweise einem Tablet.

Zum anderen hat Hella Gutmann zehn Jahre nach Markteinführung des ersten Multimarken-Kalibriertools für Fahrerassistenzsysteme (ADAS) ein komplett neu entwickeltes, digitales ADAS-Kalibriertool präsentiert. Es ist mit teils automatischen Abläufen schneller als der Vorgänger, ist mit der Cloud vernetzt und ssorgt für eine durchgängige Prozessführung und eine lückenlose Dokumentation. Verfügbar soll es ab Frühjahr 2025 sein. Kernelemente des neuen Kalibrier-Tools sind zwei 3D-Kameras, ein eigenständiger, rückseitig integrierter Panel PC sowie ein Industriebildschirm in wahlweise 75 oder 86 Zoll.

Ein Messehighlight am Bosch-Stand war das Gebrauchtwagenzertifikat auf Basis von ausgelesenen Fahrzeugdaten. Die Lösung, die im Rahmen der Bosch­Diagnosesoftware ESItronic Evolution dazugebucht werden kann, bietet eine herstellerunabhängige Bewertung und Bescheinigung des Gebrauchtwagenzustands. Über die Diagnosesoftware und das Diagnosemodul KTS 560 oder 590 ermöglicht Bosch das Auslesen und Analysieren der in den Steuergeräten gespeicherten Daten. Viele Besucher tummelten sich um die drei neuen Geräte zum Prüfen und Laden von Hochvoltbatterien in E-Fahrzeugen. Mit den Geräten wurde die neue Realität in Werkstätten greifbar. Konkret handelte es sich um einen Lader für Diagnosen, einen HV-Zellenausgleicher für das Ausbalancieren einzelner Zellen in der Batterie und um einen Dichtheitstester zur Dichtheitsprüfung von Batteriegehäusen.


Automechanika 2024 - Impressionen

Automechanika 2024 Bildergalerie

Lösungen fürs E-Auto

Lösungen rund um die Diagnose und Reparatur von HV-Batterien gab es auch am Stand von AVL DiTEST. Zu den Aufgaben, die im Zuge der Batterie-Reparatur auf Anwender zukommen, gehören die Überprüfung von Spannungsfreiheit, die Messung des Isolationswiderstandes (AVL DiTEST work-SAFE) oder die Kontrolle der Dichtheit eines Batteriegehäuses (AVL DiTEST noLEAK). Auch die Überprüfung von Übergangs- und Modulinnenwiderständen sowie die Bewertung von Batteriemodulen sind wichtige Aspekte.

Künstliche Intelligenz

Eine komplett neue Softwaregeneration präsentierte der italienische Diagnosespezialist Texa. Mit der IDC6 hält künstliche Intelligenz Einzug in die Texa-Diagnose. Das System lernt bei jeder Diagnose dazu und macht eigenständig Lösungsvorschläge. Die Anwendung künstlicher Intelligenz auf die Diagnose erfolgt in Form von zwei neuen Funktionen: Globale Suche AI und Intelligente Diagnose AI. Beide stützen sich auf eine umfangreiche Texa-Datenbank mit gespeicherten Fehlercodes und Tausenden von Reparaturlösungen. Die globale Suche AI ermöglicht das Abfragen der Texa-Datenbanken im Voraus, um alle Informationen zu einem bestimmten Problem an einem bestimmten Fahrzeug zu ermitteln. Die intelligente Diagnose AI begleitet den Techniker in allen Diagnosephasen: von der automatischen Fahrzeugauswahl bis zur Fehlerbehebung und das Scannen aller Steuergeräte in kürzester Zeit. IDC6 schlägt den Technikern konkrete Lösungen vor und gewichtet diese sogar.

"Die Automechanika hat ihre Position als Leitmesse für die Automobilwirtschaft gefestigt." Detlf Braun, Messe Frankfurt

Bahnbrechender Roboter

Eine imposante Showbühne mit Live-Vorführungen zog das Publikum an den Stand von MAHA. Die Allgäuer hatten auch besondere Neuentwicklungen im Gepäck: Der MAHA Autonome Inspektionsassistent (MAIA) vereint in Form eines mobilen Roboters gleich mehrere Funktionen: Je nach Bestückung des fahrbaren Roboters ist das System in der Lage, Fahrzeuge autonom zu lokalisieren und präzise Inspektionen durchzuführen. Dazu zählen beispielsweise die präzise Achsvermessung, die Überprüfung der Karosserie auf Beulen, Lichttests und sogar ADAS-Kalibrierungen. Der Alleskönner befindet sich noch im Pilotstadium und soll zeigen, was technisch alles möglich ist. Mit seiner Technologie ermöglicht MAIA eine Achsvermessung ohne Targets am Fahrzeug, weil der Roboter einen digitalen Zwilling des Fahrzeugs im Raum erstellt und somit die Achsgeometrie ermitteln kann. Die ersten experimentellen Anwendungen in Werkstätten sind für 2026 geplant.

Ebenso viel Aufmerksamkeit bekam der Prüfstand zur Wirkprüfung der ADAS­Sensoren. Der MAHA Adaptive System Tester (MAST) ist eine stationäre Lösung und wäre besonders für Prüforganisationen interessant. Diese werden künftig wahrscheinlich auch die ADAS-Sensoren im Rahmen der HU überprüfen müssen. MAHA kann nach eigenen Aussagen mit dem System eine Überprüfung der ADAS-Sensoren in unter fünf Minuten bewerkstelligen. Dazu gehören Funktionen wie Spurhalteassistent, aktives ACC, Notbremsassistent oder Schildererkennung. Das System muss dazu nicht auf die Steuergeräte des Fahrzeugs zugreifen.

Neues von Automobilzulieferern

Bei den Zulieferern standen Produkte in den Bereich Sensoren, E-Mobilität und Digitalisierung im Vordergrund. Rupert Hoellbacher, President Automotive Aftermarket bei Bosch, erklärte, wie Werkstätten sich auf die Transformation und auf den Wechsel zur E-Mobilität vorbereiten sollten. Dem Mechaniker solle es so einfach wie möglich gemacht werden. Bosch liefere die dafür notwendige Diagnose und auch Ersatzteile.

Zulieferer Continental möchte sich im Ersatz- und Verschleißteilgeschäft noch breiter aufstellen und präsentierte auf der Automechanika neue Produktkategorien wie Sensoren für Fahrerassistenzsysteme, darunter Radar- und Kameramodule. Ein Schwerpunktthema war auch das Thema Nachhaltigkeit: Der Konzernbereich Contitech stellte den ersten Keilrippenriemen vor, der zum Großteil aus nachwachsenden und recycelten Materialien besteht. Das Portfolio soll künftig ausgebaut werden. Der auf der Messe gezeigte Reifen UltraContact NXT hat zudem einen Anteil von bis zu 65 Prozent an nachwachsenden, wiederverwertbaren und Massenbilanz­zertifizierten Materialien. Auch eine ATE-Bremsflüssigkeit, die ohne ätzende Stoffe auskommt und sich für Werkstätten dadurch leichter entsorgen lässt, wurde präsentiert.

Bei Schaeffler wurden neue E-Auto-Reparaturlösungen gezeigt. Der Zulieferer stellte mit dem "E-Axle RepSystem-M" ein Reparatur-Kit für den Motor der E-Achse des Hyundai Ioniq (Baujahr 2016 bis 2019) vor. Damit ist es möglich, schadhafte Lager im Motor der E-Achse zu ersetzen, statt wie bislang den ganzen Motor oder die komplette E-Achse kostspielig tauschen zu müssen. Um die Lager tauschen zu können, ist es jedoch notwendig, den Stator vom Rotor des E-Motors zu trennen, was sich aufgrund der starken Magnete als schwierig erweist, zumal sich die beiden Teile nicht berühren dürfen. Schaeffler hat dafür zusammen mit Werkzeughersteller Gedore einen Werkzeugtisch entwickelt, um eine kontaktlose Demontage von Stator und Rotor zu ermöglichen. Auch für die Lager des Getriebes der E-Achse des Ioniq hat Schaeffler mit dem Reparaturset E-Axle RepSystem-G, das es bereits für den e-Golf von VW gibt, eine weitere Lösung vorgestellt.

Automobilzulieferer Mahle zeigte am Messestand seine neuen Filterprodukte, die 95 Prozent der Anwendungen für Pkw abdecken sollen. Darunter Luft- und Innnenraumfilter sowie Kraftstofffilter, die auch mit Bio-Kraftstoffen bestens zurechtkommen sollen. Highlight war jedoch die Präsentation der jüngsten Produktlinie BatteryPro für den Service am E-Fahrzeug. Für die Bestimmung des Gesundheitszustandes (SoH) der Antriebsbatterie dient E-Health Charge, ein DC-Lader, der in Kombination mit dem TechPro-Diagnosegerät den Gesundheitszustand der Traktionsbatterie von Elek­troautos in rund 20 Minuten bestimmen kann. Das überarbeitete Diagnosetool TechPro2 ist zudem laut Mahle das Gerät mit dem kleinsten und modernsten VCI-Stecker auf dem Markt, der dank integriertem DoIP (Diagnostics over Internet Protocol) eine Diagnose der Fahrzeugsysteme über das Internet ermöglicht.


Fragen an Philippe Colpron, Leiter ZF Aftermarket

asp: ZF stellt auf der Messe ein Diagnosegerät für den IAM vor sowie ein Kalibriersystem für ADAS-Kameras. Welches Ziel verfolgen Sie damit?
P. Colpron: Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, die Werkstätten im IAM an die aktuelle Technologie heranzuführen, um weiterhin relevant zu bleiben. Wir haben verstanden, dass die Art und Weise, wie wir künftig im Service Geld verdienen, nicht so sein wird wie in der Vergangenheit. Bisher war es ausreichend, Teile zu tauschen. Künftig wird es mehr um Software-Upgrades gehen oder zum Beispiel um die Kalibrierung von Kameras und Sensoren. Präventive Maintenance ist ein weiteres Stichwort. Mit dem Gerät für die ADAS-Kalibrierung und das neue Diagnosesystem gehen wir jetzt einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig stellen wir auf der Messe auch unsere starke Position im Bereich Fahrwerk, Bremse, Getriebe und Kupplung unter Beweis.
asp: Ist die Zeit reif für die ADAS-Kalibrierung?
P. Colpron: Wir sind der größte Lieferant von Front-Kameras und liefern jedes Jahr zehn Millionen Kameras an die Fahrzeughersteller. Wir sind überzeugt, dass es an der Zeit ist, diese Systeme nach einer Reparatur zu kalibrieren. Viele Wettbewerber machen sich Gedanken, wie man dieses Aftermarket-Potenzial erschließen kann. Heute geht ein Großteil der Fahrzeuge in die OE-Werkstatt. Wir wollen das ändern und diese Technik auch dem freien Markt erschließen - zusammen mit dem notwendigen Training, das wir ebenfalls anbieten.
asp: Der Bereich Diagnosegeräte ist neu für ZF - kooperien Sie mit einem Diagnosespezialisten?
P. Colpron: Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung unterstützt ZF die Digitalisierung des Aftermarkets in diversen Bereichen, auch im Bereich Diagnose - beispielsweise mit Diagnosesystemen für unsere OE-Kunden in den Bereichen Getriebe, Bremssysteme etc. Wir haben schon immer sehr spezialisierte Diagnoselösungen für die eigenen Systeme bereitgestellt. Daher hatten wir bereits fertige Lösungen und viel Know-how im eigenen Haus: Bei Wabco sind wir sehr stark im Bereich Lkw-Bremse, bei ZF in den Bereichen Getriebe und bei Sensoren für Fahrerassistenzsysteme. Das Know-how war bislang aber verteilt auf unterschiedliche Unternehmensbereiche. Jetzt haben wir diese Kompetenzen zusammengebracht. Der Großteil des Diagnose-Know-hows kommt also aus unseren eigenen Reihen. Dies wollen wir ergänzen, damit die Werkstatt eine Komplettlösung hat. Umfassende Reparaturdaten sind beispielsweise unverzichtbar. Was wir anbieten, ist ein Mix aus unserer OE-Expertise und starken externen Partnern.
asp: Wird es diese Systeme nur für Werkstätten in Ihren Werkstattkonzepten geben?
P. Colpron: Diese Produkte sollten für alle Werkstätten offenstehen. Wir möchten dazu beitragen, einen starken und kompetenten Aftermarket für die neue Generation von Fahrzeugen zu erhalten. Gleichzeitig sehen wir, dass Werkstätten auch Angst haben vor den hohen Investitionen in neues Diagnose-Equipment, ohne zu wissen, ob sie das so schnell wieder erwirtschaften können. Daher haben wir auch ein flexibles Payment-System eingeführt: Pay per Use in den Diagnose-Systemen und Remote Diagnostics für viele Aufgaben, die einen OE-Zugang benötigen.


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