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Diesel-Nachrüstung: Nachrüstsysteme laufen an

23.01.2020 11:00 Uhr
Diesel-Nachrüstung: Nachrüstsysteme laufen an
Fahrzeuge mit SCR-Nachrüstlösungen sind von künftigen Fahrverbotszonen nicht betroffen.
© Foto: picture alliance / Michael Weber / Eibner-Pressefoto

Die lange ersehnten SCR-Nachrüstsysteme für Euro-5-Diesel sind inzwischen für bestimmte Auto- und Transportermodelle erhältlich. Wir zeigen auf, was Werkstätten beim Einbau beachten müssen und wie man Einbaupartner wird.

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Lange hat es gedauert, nun scheint es in greifbare Nähe gerückt: Die Nachrüstanbieter von SCR-Systemen haben grünes Licht vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bekommen und bieten seit Ende 2019 erste Nachrüstsysteme für Euro-5-Dieselfahrzeuge an. 2020 soll das Angebot noch weiter ausgebaut werden. Wir haben mit den drei Herstellern Baumot, Dr. Pley und HJS gesprochen, wie der aktuelle Stand der Dinge ist. Während Baumot und Dr. Pley hauptsächlich Pkw versorgen können, bedient HJS ausschließlich Transporter vom Typ eines Sprinter oder Crafter (siehe Tabelle S. 19). Als vierter Nachrüster wäre noch Oberland-Mangold zu nennen, jedoch haben wir bis Redaktionsschluss keine weiteren Informationen zum SCR-System bekommen, das bislang ausschließlich für den VW-Transporter T5 bestimmt ist. Neben den auf Abgassysteme spezialisierten Unternehmen hat auch Zulieferer Faurecia auf der EquipAuto SCR-Systeme unter der Marke Easy2Fit angekündigt, die auf dem freien Ersatzteilmarkt erhältlich sein sollen. Zum Start soll das System für Fahrzeugmodelle von Citroën, Volkswagen und Ford verfügbar sein und in Zukunft auf 50 Modelle ausgeweitet werden. Ausführliche Informationen zu dem System und dessen Verfügbarkeit gab es bis Redaktionsschluss nicht.

Bis 3.000 Euro Zuschuss

Konkrete Informationen zu den SCR-Systemen bekamen wir hingegen von Dr. Pley, Baumot und HJS. Im Pkw-Bereich liegt der Fokus momentan vor allem auf Fahrzeugen von Mercedes-Benz und VW. Das hat einen einfachen Grund: Die beiden Autohersteller sind momentan die einzigen, die für die Nachrüstung einen Zuschuss in Höhe von bis zu 3.000 Euro zahlen, sofern der Autohalter seinen Erstwohnsitz in einer der 15 Intensivstädte und den umliegenden Ballungszentren hat, in denen Fahrverbote drohen. Autofahrer anderer Marken haben leider das Nachsehen und müssen eine Nachrüstung komplett selber zahlen.

Gewerblich genutzte Transporter fallen hingegen unter die Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und werden unabhängig von der Fahrzeugmarke gefördert. Hier wurden die maximalen Fördersummen Ende 2019 nochmals angehoben: So lassen sich Transporter von 2,8 bis 3,5 Tonnen nun mit bis zu 3.600 Euro staatlich bezuschussen, Fahrzeuge von 3,5 bis 7,5 Tonnen sogar bis zu 4.800 Euro. Die Bedingung ist auch hier jedoch, dass der Autohalter in einer der 15 Intensivstädte oder deren Umkreis seinen Erstwohnsitz hat.

Kein Vertrieb über Großhandel

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob sich der Einbau eines SCR-Systems für die Werkstatt lohnt. Alle drei Nachrüster planen nicht, ihre Produkte über den Teilegroßhandel zu vetreiben, sondern setzen entweder auf den Direktvertrieb oder große Werkstattketten als Einbaupartner, die SCR-Systeme dann an den Kunden weiterverkaufen. Besonders HJS und Baumot bekräftigten, nicht an jede freie Werkstatt liefern zu wollen, sondern nur Betriebe mit einer gewissen Größe zu berücksichtigen. Baumot bevorzugt beispielsweise Werkstätten, die über 200 Umrüstungen pro Jahr durchführen können. Der Nettoeinkaufspreis für das System variiert deshalb und reicht von 2.400 bis 2.700 Euro. Die Einbaukosten kann die Werkstatt selbst bestimmen, Baumot empfiehlt jedoch einen realistischen Preis mit Einbau von 2.940 Euro bis 3.150 Euro netto. Wer Einbaupartner werden möchte, muss bei Baumot zudem eine Schulung für 485 Euro buchen, ansonsten lässt sich das SCR-System nicht in Betrieb nehmen.

Auch Dr. Pley setzt auf den Direktvertrieb und bietet auch Endkunden über die Homepage www.clean-for-future.com die Möglichkeit, direkt ein SCR-System zu bestellen. Der Kunde kann dann selbst einen Einbaupartner auswählen oder bekommt von Dr. Pley einen zugeordnet, der mit dem Kunden Kontakt aufnimmt und einen Einbautermin vereinbart. Werkstätten benötigen für den Einbau eines Systems von Dr. Pley ein zusätzliches Diagnosegerät (Kosten: 710 Euro netto), dafür ist die Schulung inklusive und wird sogar vor Ort durchgeführt. HJS kalkuliert für die Nachrüstung eines Transporters mit einem SCR-System mit stattlichen 6.000 Euro, dafür gibt es hier aber auch die staatliche Förderung, die bis zu 80 Prozent der Kosten erstattet.

Baukastensystem

Im Pkw-Bereich müssen Werkstätten für den Einbau eines SCR-Systems mit Einbauzeiten zwischen drei (Dr. Pley) und vier Mannstunden (Baumot) rechnen. Bei HJS rechnet man sogar sechs bis acht Mannstunden. Das SCR-System wird dabei im Set mit allen benötigten Bauteilen, die teilweise vormontiert sind, geliefert, und ist "Plug-and-play" nutzbar. Das SCR-System besteht dabei aus dem SCR-Katalysator, einer AdBlue-Dosiereinheit, dem AdBlue-Tank, einem Steuergerät und den passenden Leitungen sowie Sensoren.

Bei der Montage wird ein Teil des Abgasstrangs gegen die Katalysator-Einheit ausgetauscht, ansonsten soll die Montage auf bereits vorhandene Komponenten aufsetzen. Dabei werden sogar die Flanschstellen der Abgasanlage weiterverwendet, ebenso wie sie Sensoren des Autos. Die Hersteller betonen, dass viele Bauteile ihrer Systeme aus dem Teileregal der Autohersteller stammen und somit auch auf ihre Langzeittauglichkeit hin getestet wurden. Es ist zudem keine Programmierung eines Steuergeräts notwendig, da ein eigenes Steuergerät zum Einsatz kommt. Die Lösungen der Hersteller unterscheiden sich hauptsächlich in Details: HJS setzt in seinem SCR-System noch auf eine zusätzliche Isolierung, damit die Temperatur zur notwendigen Stickoxid-Reduktion konstant bleibt. Auch die Aufbereitung des AdBlues ist unterschiedlich. Bei Dr. Pley wird das AdBlue im Gegensatz zu Baumot und HJS nicht eingespritzt, sondern in einem Reaktor zu Ammoniak verdampft, was die notwendige Betriebstemperatur von 220 auf 140 Grad reduzieren soll, um auch bei Kurzstrecken eine wirkungsvolle Stickoxid-Reduktion zu erreichen.

Eine Herausforderung stellt bei der Installation des SCR-Systems immer der AdBlue-Tank dar, der aufgrund des knappen Bauraums im Pkw nicht zu groß ausfallen darf. Sowohl Dr. Pley als auch Baumot bringen den AdBlue-Tank in der Reserveradmulde unter. Unterschiede gibt es beim Fassungsvermögen: Der Ad-Blue-Tank von Dr. Pley hat ein Fassungsvermögen von 5,5 Litern, was eine Reichweite von rund 3.500 Kilometern ermöglichen soll. Bei Baumot setzt man hingegen auf fast die doppelte Größe, was dementsprechend für mehr Reichweite sorgt. Gesetzlich ist es zudem vorgeschrieben, dass der Fahrzeugnutzer bei knapper Adblue-Füllung des Tanks zum Nachtanken aufgefordert wird. Dafür ist eine Anzeige im Cockpit notwendig, die alle drei Hersteller im Sichtfeld des Fahrers installieren. Ist der AdBlue-Tank schließlich leer, wird der Fahrer maximal drei Mal dazu aufgefordert, nachzutanken. Beim vierten Mal unterbindet das System - wie vom Gesetzgeber gefordert - den Start des Autos, bis der Fahrer nachtankt. Dr. Pley versicherte, dass hierbei nur Maßnahmen ohne Zugriff auf das Motorsteuergerät verwendet werden.

Eintrag im Fahrzeugschein

Garantie geben alle drei Hersteller wie vom Gesetzgeber gefordert für 100.000 Kilometer Fahrleistung oder bis zu fünf Jahre nach Einbau. Dr. Pley schließt Verschleißteile wie NOx -Sensoren oder Injektionsventile davon jedoch aus. Wichtig ist auch der Eintrag des SCR-Systems in den Fahrzeugschein, der im Regelfall von der ausführenden Werkstatt durchgeführt wird. So ist der Autofahrer auf der sicheren Seite, wenn er in eine Verkehrskontrolle kommt. Wichtig ist auch, dass die Werkstatt nach dem Einbau eine Einbaubescheinigung an den Hersteller des SCR-Systems schickt, damit die Dokumentationsvorgaben des KBA erfüllt werden können. Dr. Pley ist die zugesandte Einbaubescheinigung sogar eine Erstattung von 250 Euro wert.

Voranfragen bei Herstellern

Um die finanzielle Förderung beim Fahrzeughersteller zu beantragen, müssen die Kunden bei Volkswagen eine Rechnung einreichen, die belegt, dass die SCR-Nachrüstung verbaut wurde. Bisher sind laut VW keine solchen Anträge bei der Marke Volkswagen Pkw eingegangen (Stand 10. Januar). Dem Unternehmen lag zum Zeitpunkt der Anfrage lediglich eine niedrige dreistellige Zahl an Voranfragen vor. Die Webseite zur Beantragung der finanziellen Förderung bei Daimler ist seit gut vier Monaten live und es gibt laut Unternehmen bisher "einige tausend Kunden", die eine unverbindliche Vorab-Prüfung für Hardware-Nachrüstungen durchgeführt haben.

In der Frage, wie lange die Bearbeitung der Anträge dauert, gibt sich Daimler eher vage: Man arbeite an "einer zügigen Auszahlung nach Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen", heißt es in einer Antwort. Die Bearbeitungsdauer der Anträge sei abhängig von der vollständigen Einreichung der Antragsunterlagen und der Anzahl zu prüfender eingehender Anträge.

Die ersten Hardware-Nachrüstungen für Mercedes-Benz-Fahrzeuge sind allerdings erst seit Mitte Dezember verfügbar. Eine Zahl zu den bislang tatsächlich erfolgten Nachrüstungen konnten die Stuttgarter nicht nennen. Auch eine präzise Schätzung des Potenzials sei derzeit schwierig. Die Nachfrage hängt laut Daimler von einer Reihe von Faktoren ab, beispielsweise ob es zonale Fahrverbote für Euro-5-Dieselfahrzeuge geben werde und wenn ja, in welchen Städten? Zudem sei noch nicht klar, für welche Baureihen ABE vom Kraftfahrtbundesamt erteilt und für welche Baureihen dann auch Nachrüstungen angeboten werden. Offen sei zudem die Frage, ob sich Kunden auch für eine Nachrüstung entscheiden, wenn diese nicht vom Fahrzeughersteller gefördert wird, weil beispielsweise der Wohnsitz außerhalb der Schwerpunktregionen liegt. Das KBA konnte noch keine konkreten Zahlen zu Einbauten liefern. Das Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) betonte nochmals, dass der Verband für eine Ausweitung der Nachrüstung mit entsprechender Förderung durch die Hersteller auf die gesamte Bundesrepublik plädiere und eine Beschränkung auf die Verbotszonen ablehnt.

Kurzfassung

SCR-Nachrüstsysteme sind inzwischen von verschiedenen Herstellern für bestimmte Pkw-Modelle und Transporter erhältlich. Wir zeigen auf, was Werkstätten alles beachten müssen und ob es sich lohnt, Einbaupartner zu werden.

SCR-Systeme im Vergleich

Dr. Pley (www.clean-for-future.com)
Unterstützte Automodelle:Mercedes-Benz: C-Klasse (C200 cdi, C220 cdi, C250 cdi), E-Klasse (E200 cdi, E220 cdi, E250 cdi), GLK (220 cdi, 250 cdi). Volvo: XC60, XC70, V60, V70, S60. BMW: X3 20d, 320d (in Vorbereitung), 520d (in Vorbereitung), X1 (18d und 20d in Vorbereitung)- Empfohlener Netto-Verkaufspreis:ab 2.725 Euro + 303 Euro Einbau (Festpreis von HJS)- Montagedauer: drei Stunden

Baumot (www.dieselnachruestung.eu)
Unterstützte Automodelle:Audi: A4 (AU481 2 L, AU491 2 L). Mercedes-Benz: C-Klasse (W204 2,2 L), E-Klasse (W212 2,2 L). Skoda: Octavia (SK351 2 L). VW: Tiguan (VW316 2 L), Passat (VW471 2 L), Golf (VW370 2 L, VW370 1,6 L), Touran (VW368 2 L, VW368 1,6 L)- Empfohlener Netto-Verkaufspreis:2.940 bis 3.150 Euro (inklusive Einbau)- Montagedauer: vier Stunden

HJS (www.hjs.com)
Unterstützte Automodelle:Mercedes-Benz: Sprinter (W906), Vito (W638). VW: Crafter, T5. Renault: Master. Ford: Transit (in Vorbereitung). Iveco: Daily (in Vorbereitung). Fiat: Ducato (in Vorbereitung)- Empfohlener Netto-Verkaufspreis:6.000 Euro (inklusive Einbau)- Montagedauer: sechs bis acht Stunden

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