Während des nunmehr seit gut 20 Jahren anhaltenden Old- und Youngtimer-Booms hat sich die Ersatzteilversorgung für viele Klassiker deutlich verbessert. Vor allem für Fahrzeugtypen, die einst weit verbreitet waren, bieten heute viele Hersteller über ihre so genannten Traditionsabteilungen eine gesicherte Ersatzteilversorgung. So kann bei BMW, Mercedes, Opel oder VW (Audi) vom Original-Zündschlüssel über Dekor, Motor-, Getriebe- und Karosserieteile bis hin zum Interieur sehr vieles bezogen werden, was zum Erhalt und Wiederaufbau der Klassiker benötigt wird. Einige traditionsreiche Fahrzeughersteller garantieren aber auch ohne spezielle Old- und Youngtimerabteilung eine gesicherte Ersatzteilversorgung für ihre alten Fahrzeuge. Hierzu gehören vor allem Harley-Davidson oder Moto Guzzi im Motorradsektor, oder Skoda bei den Pkw-Herstellern.
Potenzial erkannt
Selbst im Bereich der Zuliefer- und Verschleißteileindustrie haben viele Teilehersteller die Marktlücke seit Langem erkannt und ihr Produktportfolio auf Old- und Youngtimerteile erweitert. So kann zum Beispiel bei Bosch heute nahezu jedes elektrische Bauteil bezogen werden, das jemals an die Fahrzeughersteller ausgeliefert wurde. Auch der Motorteile-Spezialist Mahle hat sein Produktprogramm auf die Old- und Youngtimer-Teile erweitert. Hier können vor allem Kolben, Kolbenringe und Lagerschalen für alte Motoren bestellt werden. Selbst im Bereich Reifen ist wieder vieles lieferbar. Die Münchner Oldtimer Reifen GmbH zum Beispiel liefert heute für jeden Old- oder Youngtimer die passenden Reifen, auch in der entsprechenden Optik (Profil, Weißrand) und Ausführung. Sogar der Batteriehersteller Banner hat wieder die so genannten schwarzen Batterien im Programm. Sie unterscheiden sich optisch nicht von den damals in Erstausrüstung verbauten Batterien. Ihre Technik ist hingegen auf dem neuesten Stand.
Problematisch kann jedoch die Ersatzteilversorgung bei einigen ausländischen Marken werden. Vor allem bei Renault, Peugeot und Citroën treten in allen Ersatzteilbereichen für Fahrzeuge, die älter als 20 Jahre sind, zum Teil erhebliche Lieferschwierigkeiten auf. Bei nicht mehr bestehenden Marken wie zum Beispiel Deutsch-Bonnet, Chenard-Walcker oder Facel Vega sind Teile nur noch gebraucht oder als Nachbauteil zu bekommen - sofern sie überhaupt angeboten werden. Prinzipiell gilt daher bei der Ersatzteilversorgung die Regel, je seltener ein Fahrzeug und exotischer der Hersteller ist, desto weniger neue Ersatzteile sind auf dem Markt erhältlich.
Um in diesen Bereichen auch eine gewisse Ersatzteil-Liefersicherheit zu gewährleisten, werden von Clubs, IGs, aber auch von Restaurierungsbetrieben selbst Teile nachgefertigt. Oft übertrifft die Qualität der Nachbauteile die der Originalersatzteile erheblich, da sie aus besseren Materialien und mit modernen Präzisions-Werkzeugmaschinen produziert werden. Die Ersatzteil-Nachfertigung konzentriert sich jedoch nur auf spezielle Fahrzeugmarken (wie Ford, Laverda oder Fiat) bzw. auf einzelne Baureihen und Modelle (wie Ford OSI, Laverda 750 SF, Fiat 124 Spider), auf die sich die jeweiligen Oldtimerbesitzer bzw. Restaurierungsbetriebe fokussieren. Für auf Old- und Youngtimer spezialisierte Kfz-Betriebe sind daher gute Kontakte zu Clubs, IGs, anderen Restaurierungsbetrieben, aber auch zu den Fahrzeugherstellern für die Sicherung der eigenen Ersatzteilversorgung von hoher Bedeutung, um über die jeweils spezifische Ersatzteilsituation informiert zu sein.
Gebrauchtteile finden
Neben der Versorgung mit Neu- oder Nachbauteilen hat sich in der Old- und Youngtimerszene bereits seit Jahrzehnten ein großer Markt für gebrauchte Ersatzteile entwickelt. Zuerst im Bereich Motorräder, und dann auch im Pkw- und Nfz- Bereich, ist der Gebrauchtteilemarkt eine der wichtigsten Bezugsquellen für Ersatzteile. Er wird meist von professionellen, aber auch privaten Teilehändlern betrieben, die sich auf bestimmte Marken oder Fahrzeugkategorien spezialisiert haben. Viele dieser Händler bieten ihre Gebrauchtteile auf Old- und Youngtimer-Teilemärkten oder über das Internet an. Speziell im Internet macht es kaum Mühe, weltweit nach Ersatzteilen zu recherchieren und sogar Preisvergleiche vorzunehmen - jedoch braucht man hierfür viel Zeit.
Im Bereich Youngtimer-Pkw können aber auch Schrottplätze oder Recyclingfirmen hervorragende Ersatzteillieferanten sein. Anhand der Teilenummern lassen sich viele Elektrik- und Anbauteile, auch wenn sie in unterschiedlichen Fahrzeugen verbaut sind, hier sicher identifizieren. Auf viele dieser Teile gewähren die Schrotthändler sogar eine gewisse Garantie mit Umtauschrecht, so dass das Risiko, ein falsches oder defektes Teil zu kaufen, recht gering ist.
Sind Ersatzteile aus den genannten Quellen nicht lieferbar, besteht die Möglichkeit, bei einem Metall-, Kunststoff- oder Holz-Fachbetrieb eine Nachfertigung des gesuchten Ersatzteils in Auftrag zu geben. Hierzu müssen aber die genauen Daten des Ersatzteils, vor allem das Material und seine Vermaßung, bekannt sein. Meist genügt aber auch das verschlissene Ersatzteil als Vorlage. In Hinblick auf die von der Stückzahl abhängigen Fertigungskosten muss hier jedoch sehr genau abgewogen werden, wann sich eine Nachfertigung rentiert. Der leergefegte Markt kann jedoch oft Beweis dafür sein, dass das Ersatzteil auch von anderen Betrieben oder Oldtimerbesitzern benötigt wird, die die gleichen Fahrzeuge restaurieren oder besitzen. Professionelle Restaurierungsbetriebe versuchen daher meist über einen Zusammenschluss der Interessenten, die Kosten einer Nachfertigung zu drücken.
Eine sehr spezielle, aber in vielen Fällen Erfolg versprechende Methode Ersatzteile zu finden, ist die so genannte Referenz-Methode. Sie beruht auf dem Umstand, dass oft identische Zulieferteile von einem Teilehersteller an verschiedene Fahrzeughersteller geliefert wurden. So sind zum Beispiel die Motorradmarken Moto Guzzi und BMW Jahrzehnte lang von Bosch beliefert worden. Zahlreiche Elektrikteile, von der Lichtmaschine bis zum E-Starter, sind daher bei beiden Marken identisch. Jedoch unterscheiden sich hier fast immer die herstellerspezifischen Teilenummern. Auch wurden von europäischen Motorrad- und Pkw-Herstellern in der Vergangenheit vielfach Normteile verwendet. Identische Lager, Schrauben, Stecker, Dichtringe, Armaturen, Griffe und vieles mehr finden sich weit verbreitet bei fast allen Fahrzeugherstellern. Die Unterschiede der gesuchten Teile beschränken sich hier oftmals nur auf die Farbgebung oder Verpackung. Es lohnt sich daher, die Geschichte der Fahrzeugmarken und vor allem die der Zulieferer genauer zu kennen.
Referenzteile-Listen nutzen
Es kommt aber auch vor, dass markenspezifische Ersatzteile verschiedener Fahrzeughersteller, für zum Beispiel Motoren und Getriebe, durchaus identisch sein können. Informationen hierüber finden sich in Referenzteile-Listen, die häufig auf den Internetseiten vieler IGs und Clubs angeboten werden. Auch einige Teilehändler verfügen über diese. Nach solchen Referenzlisten für die eigenen Marken zu suchen oder sie selbst über den Lauf der Jahre aufzustellen, kann sich lohnen, da mit ihnen die Ersatzteilprobleme zweier oder auch mehrerer Fahrzeugtypen gelöst werden können.
Kurzfassung
Ob man Ersatzteile für Old- und Youngtimer bekommt, hängt stark von der Marke und der Anzahl der noch erhaltenen Fahrzeuge ab. Sind keine Teile mehr erhältlich, ist detektivisches Know-how gefragt, um doch noch an die begehrten Teile zu kommen. Dutzende Stunden Teilerecherche sind dann oftmals keine Seltenheit. Wer jedoch die Ersatzteilquellen kennt, spart viel Zeit und damit Geld.
Bezugsquellen
- Regionale und internationale Teilemärkte- Internet (professioneller Teilehandel, Clubs, IGs und Sammler)- Werkstätten (alte Lagerbestände)- Traditionsabteilungen der Automobilhersteller- Aftermarket Teilehandel
- Ausgabe 02/2017 Seite 16 (223.8 KB, PDF)