Von Peter Maahn/SP-X
Bei sogenannten Markenpokalen geht es nicht darum, welcher Sammler für die schönste Briefmarke einen Preis bekommt. Schon seit Jahrzehnten drehen unter diesem Begriff seriennahe Autos gleichen Fabrikats auf Rennstrecken ihre Runden. Bekannt sind etwa der legendäre Renault 5 Cup Ende des letzten Jahrhunderts, der Porsche Supercup oder auch der VW Polo Cup. Der Hintergedanke: Gasfuß-Talente mit kleinerem Geldbeutel treten in identischen Autos gegeneinander an. Nicht das Auto, sondern das Können soll entscheiden. Und längst hat diese alte Idee das neue, elektrische Zeitalter erreicht. Damit der Motorsport nicht mit dem drohenden Ende der Verbrenner ad acta gelegt werden muss.
Jaguar spielt den Vorreiter, blickt schon auf eine erste komplette Saison zurück. Bei der I-Pace-Trophy waren in zehn Rennen jeweils ein gutes Dutzend identischer Stromer vom Typ Jaguar I-Pace unterwegs. Im Innenraum lupenreine Rennwagen, allerdings mit Serientechnik des Alltags-Jaguars: 294 kW / 400 PS, die kurzzeitig auf 325 kW / 442 PS gesteigert werden können. Zwei E-Motoren (je einer pro Achse), Spitze 194 km/h, Allradantrieb und fast zwei Tonnen Gewicht. Die Renndistanz ist dabei der Batteriekapazität geschuldet: 25 Minuten plus eine Runde werden Kreis gedreht bis der Sieger feststeht.
Frauen und Männer auf Augenhöhe
Und wer schaut sich so ein Rennen an? Ganz einfach: Die hochbeinigen Stromkatzen sind Teil des Formel-E-Events, der abgasfreien Formel-1-Variante, die ihre Sieger in den Innenstädten diverse Metropolen weltweit kürt. Das Publikum für die meist eher unbekannten Jaguar-Racer im Vorprogramm ist also schon vor Ort. Im Starterfeld ist dabei auch in der nächsten Saison, die am 22. November in Riad beginnt, ein deutsches Team namens "ran racing" mit einer 26jährigen Britin am Steuer. Alice Powell, schon in anderen Rennserien erfolgreich, hatte bereits im Vorjahr als Gaststarterin einen I-Pace in Saudi Arabien gesteuert. In dem sonst so vorzeitlichem Königreich eine Sensation, dass sich insgesamt sogar drei Frauen mit Männern auf Augenhöhe messen durften. Umso mehr als Alice Powell sogar als Siegerin ihrer Klasse durchs Ziel ging. Im Gesamtklassement landete sie auf dem fünften Platz.
Jaguar I-Pace-Trophy 2019
BildergalerieFür Jaguar ist Alice Powell sogar so etwas wie ein Beleg für die steigende Beteiligung weiblicher Mitarbeiter im Unternehmen. 36 Prozent der Azubis sind Frauen, an der weiterführenden Spezialausbildung belegten sie mehr als die Hälfte aller verfügbaren Plätze. Und die schnelle Britin soll jetzt dazu beitragen, Elektromobilität durch den Motorsport auch bei jungen Frauen populär zu machen.
Auch in dieser Saison macht die I-Pace-Trophy wieder Station in Berlin. Am 30. Mai geht es auf dem alten Flughafen Tempelhof um Sekunden und Punkte. Dazu wird auf dem großen Areal vor dem berühmten Abflug-Gebäude wieder ein 2,37 Kilometer langer Kurs abgesteckt. In diesem Jahr kamen gut 20.000 Zuschauer an die Strecke, fast 700.000 sahen die Live-Übertragung in der ARD. ADAC-Mann Horst Seidel, sportlicher Ausrichter des deutschen Rennens, wünscht sich allerdings für die Zukunft des elektrischen Wochenendes einen Umzug in die Berliner Innenstadt: "Am liebsten rund um das Brandenburger Tor".