Die Veränderungen im Servicemarkt werden dramatisch sein, aber noch bleibt den Werkstätten Zeit, sich darauf einzustellen. Und: Es gibt durchaus Strategien, wie sich freie Werkstätten künftig aufstellen können. Welche Handlungsoptionen freie Servicebetriebe haben, zeigt die neue Studie "Servicemarkt 2040: Perspektiven und Strategien für freie Werkstätten", die von der Landesagentur e-mobil BW und der Landeslotsenstelle Transformationswissen BW herausgegeben wird. Erstellt und verfasst wurde die Studie vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) und dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Die Studie fasst auch noch einmal zusammen, welche Effekte Megatrends wie Elektrifizierung des Antriebs und Konnektivität der Fahrzeuge auf die Beschäftigungssituationen haben wird.
Diese Zahlen wurden bereits Anfang des Jahres in einer Studie präsentiert. Je nach zugrunde gelegtem Szenario wird es bis 2030 bzw. 2040 deutlich weniger Freie Werkstätten geben. Im wahrscheinlichsten Szenario sehen die Annahmen wie folgt aus: Bis zum Jahr 2030 gehen die Mitarbeiterzahlen um etwa 18 Prozent von heute 435.000 (BW: 78.300) auf 356.000 (BW: 64.000) zurück. Bis 2040 werden rund 28 Prozent weniger Personen im Kfz-Gewerbe tätig sein (DE: 312.000; BW: 55.000). Am stärksten sind die Zentralabteilungen mit verwaltungsorganisatorischen Aufgaben bis zum Jahr 2040 (minus 36 Prozent) vom Rückgang betroffen. Auch in den Bereichen Handel (minus 34 Prozent) sowie Werkstatt und Teile (minus 24 Prozent) mit Verkaufsberatern und Kfz-Mechatronikern werden die Beschäftigtenzahlen sinken.
Gut für die freien Werkstätten: Fahrzeuge werden immer älter
Für das Jahr 2040 gehen die Autoren von 28 Millionen batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) aus, bei einem Gesamtfuhrpark von 48,5 Millionen Fahrzeugen.
Gut für die freien Werkstätten: die Fahrzeuge werden immer älter. Mit steigendem Fahrzeugalter werden die zunehmenden Wartungs- und Verschleißreparaturen in der Regel häufiger von freien Werkstätten durchgeführt, während die Betreuung junger Fahrzeuge meist durch markengebundene Betriebe erfolgt. Daher bewertet die Studie den immer größer werdenden Anteil älterer Fahrzeuge im Gesamtfahrzeugbestand positiv für den freien Aftersales.
Zudem wirkt sich die Erhöhung von verbauten Fahrerassistenzsystemen in den Fahrzeugen positiv auf das Servicemarktvolumen aus. 65 Prozent der Fahrzeuge werden 2030 Fahrerassistenzsysteme an Bord haben. Diese müssen kalibriert und repariert werden – eine Aufgabe, die durchaus in der freien Werkstatt machbar ist. Die verbaute Technik macht Unfälle kostspieliger: Die Ausgaben pro Unfallschaden haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.
Die zunehmende Digitalisierung bietet zudem Chancen für neue Geschäftsmodelle und verbesserten Kundenservice. So bietet beispielsweise Predictive Maintainance die Möglichkeit, den Fahrzeughalter konkrete Reparatur- und Serviceangebote zu unterbreiten, bevor ein Schaden am Fahrzeug eintritt.
Neue Geschäftsfelder
Neben den klassischen Werkstattdienstleistungen im Umfeld von Wartung und Reparatur eröffnet sich zudem ein weites Feld an Komplementärdienstleistungen im Umfeld des batterieelektrischen Fahrzeuges. Beispielhaft können die sogenannte State-of-Health-Bewertung der Traktionsbatterie oder die Installation von Ladelösungen angeführt werden. Zur Ausweitung des Leistungsangebots in Richtung Installationsservices bieten sich für kleinere Betriebe Kooperationen mit Elektroinstallateuren an.
Die dargestellten Chancen machen aber auch deutlich, dass der Zugang zu Daten, Ressourcen und Funktionen, insbesondere von vernetzen Fahrzeugen, künftig eine zentrale Rolle für den Erfolg im freien Aftersales sein wird. Die Studie betont daher, wie wichtig der Datenzugang für den freien Markt sein wird.
Vier Handlungsoptionen
Grundsätzlich werden in der Studie vier Strategieoptionen benannt, um das freie Servicegeschäft abzusichern:
- organisches Wachstum
- externes Wachstum
- Wachstum anhand Spezialisierung
- Marktaustritt
In der Studie machen die Autoren konkrete Vorschläge, wie die Ziele umgesetzt werden können. Über eine Online-Expertenbefragung wurden zudem Experten aus dem freien und dem markengebundenen Service- und Aftermarket befragt. Als besonders wichtig werden demnach die weitere Qualifizierung der Mitarbeitenden durch Fort- und Weiterbildung und die Bindung von Mitarbeitenden bewertet. Neben hoher Kundenzufriedenheit durch Top-Service steht die Prozess- und Kostenoptimierung in der Werkstatt durch Digitalisierung im Fokus. Die Ausdehnung des Dienstleistungsportfolios (z. B. Glasreparatur, Folierung, Smart-Repair, Fahrzeugaufbereitung) wird ebenfalls als besonders wichtig erachtet. Weil der Anteil von Flottenfahrzeugen immer größer wird, sehen die Befragten Betriebe zudem den Ausbau des Flottengeschäfts als lohnenswerte Strategie.
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