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Interview: Immer in der Nähe

20.11.2017 11:00 Uhr
Interview Thomas Kaiser Total
Thomas Kaiser, Vertriebsleiter Automotive Total Deutschland
© Foto: Total/Pierre Adenis

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Für Schmierstoffhersteller ist es nicht ganz leicht, neue Kunden im Handel zu finden. Denn die Anzahl der Autohäuser nimmt aufgrund der Konsolidierung eher ab. Einen wertvollen Kunden an die Konkurrenz zu verlieren geht dagegen sehr schnell, wenn sich kleine Unzufriedenheiten beim Abnehmer häufen oder sich der Kunde nicht richtig betreut fühlt. Deshalb leistet sich Total Deutschland im Direktvertrieb für Motorenöle ein starkes Vertriebsteam, das als Ansprechpartner für alle Fragen rund ums Öl schnell vor Ort ist.

asp: Seit Kurzem bezieht die Feser-Graf-Gruppe ihre Schmierstoffe von Total Deutschland. Da darf man dann im Vertrieb auch mal feiern, oder?

T. Kaiser: Der Gewinn einer großen Autohausgruppe wie Feser-Graf ist natürlich ein toller Erfolg, über den wir uns sehr freuen. Der Vertrag umfasst rund 40 Autohäuser, die künftig ihre Motorenöle und Getriebeschmierstoffe von Total beziehen. Möglich werden solche Erfolge vor allem durch ein intensives Beziehungsmanagement über unsere Mitarbeiter im Außendienst, die immer vor Ort und damit nahe am Kunden sind.

asp: Wie sind Sie im Direktvertrieb aufgestellt?

T. Kaiser: Seit April bin ich als Leiter Vertrieb Automotive für ein Team von insgesamt 20 Mitarbeitern verantwortlich. Dabei stimme ich mich sehr eng mit den drei Regionalleitern ab, die jeweils sechs Mitarbeiter in ihren Regionen führen. So sind wir flächendeckend im Direktvertrieb aufgestellt und wir sind stolz darauf, dass wir mit einer so großen Vertriebsmannschaft unsere Kunden betreuen. Das ist ein absoluter USP, der uns von vielen Wettbewerbern unterscheidet, die ihre Vertriebskapazitäten eher zurückgefahren haben.

asp: Welche Rolle spielt die Konsolidierung im Automobilhandel?

T. Kaiser: Es ist ein Trend, dass die Handelsgruppen tendenziell größer werden. Aus Vertriebssicht haben sie aber auch bei einer großen Autohausgruppe viele Einzelstandorte mit jeweils ganz spezifischen Fragestellungen im Schmierstoffbereich und entsprechendem Betreuungsbedarf. Es reicht eben nicht, einen Vertrag mit der Zentrale zu schließen und dann Öl zu liefern. Die Vertriebsleute vor Ort sind wichtige Ansprechpartner, wenn es darum geht, welche Ölsorten in welcher Menge geordert werden sollen oder wie Verkaufshilfen im Autohaus jeweils präsentiert werden. Das lässt sich nicht zentral steuern.

asp: Wie decken Sie den freien Markt ab?

T. Kaiser: Meine Truppe ist in erster Linie für den markengebundenen Handel zuständig. Freie Werkstätten werden schwerpunktmäßig von unserer Händlerorganisation betreut. Es gibt viele kompetente Händlermarken, die sich auf das Ölgeschäft spezialisiert haben und dann in ihrer Region als gesetzte Marke ein wichtiger Ansprechpartner für Werkstätten sind.

asp: Kann man Total-Nachfüllöle im Baumarkt kaufen?

T. Kaiser: Nein, das ist nicht unser Weg. Auch der Endkundenverkauf an der Tankstelle wird zunehmend schwierig, denn die Vielfalt bei Motorenölen wird immer größer. So viele Produkte können die Shops gar nicht vorhalten. Zudem wissen viele Endverbraucher gar nicht, welches spezielle Öl sie für ihren Motor benötigen. Das Schmierstoffgeschäft ist beratungsintensiv und setzt ein Menge Wissen voraus.

asp: Der Markt wächst nicht, es handelt sich um einen Verdrängungsmarkt - was veranlasst ein Autohaus dazu, den Lieferanten zu wechseln?

T. Kaiser: Kunden zeigen sich dann für einen Wechsel offen, wenn sie bei ihrem Lieferanten mit irgendetwas nicht zufrieden sind. Wenn Kunden beispielsweise merken, dass deutlich seltener jemand vorbeikommt oder wenn Zuständigkeiten häufig wechseln, dann schafft das kleine Unzufriedenheiten. Genau deshalb leisten wir uns ja so einen starken Außendienst. Wenn es Fragen gibt, bieten wir eben nicht nur eine Hotline, sondern der Kunde hat einen persönlichen Betreuer, der sich kümmert.

asp: Wie groß sind eigentlich heute noch die Unterschiede in der Ölqualität?

T. Kaiser: Das A und O für das Motorenölgeschäft sind die spezifischen Freigaben der Fahrzeughersteller. Wenn man die entsprechende Freigabe hat, ist man auf jeden Fall mit im Spiel. Allerdings ist der Prozess, zu den spezifischen Herstellerfreigaben zu kommen, langwierig und teuer. Sehr spannend ist es, zusammen mit einem Hersteller möglichst eng an der Entwicklung der Motorentechnik beteiligt zu sein. Damit kommt man natürlich mit zeitlichem Vorlauf an ein maßgeschneidertes Produkt.

asp: Wie wichtig sind strategische Verträge mit Herstellern?

T. Kaiser: Total ist bei den französischen Automobilherstellern seit Langem als Öllieferant gelistet. Mit Renault sind wir schon im 50. Jahr! Daneben beliefern wir auch PSA seit Langem. Dass wir hier auf so eine dauerhafte Partnerschaft zurückblicken, macht uns schon stolz, denn hier ist man nicht automatisch gesetzt. Strategische Partnerschaften spielen für uns eine wichtige Rolle, neben den französischen Marken haben wir Partnerschaften mit Mazda, Nissan, Hyundai, Ssangyong und zuletzt mit Kia.

asp: Wie schwierig ist es, einen deutschen OEM zu bekommen?

T. Kaiser: Das ist nach wie vor ein Ziel, ist aber anspruchsvoll und schwierig.

asp: Marken leben auch von ihrem Image - wie kann man das Image einer Ölmarke aufladen?

T. Kaiser: Wir merken sehr deutlich, dass die Reputation von Total im Schmierstoffbereich deutlich zugenommen hat, die Awareness beim Kunden ist größer geworden. Das sind die Früchte unserer verstärkten Aktivitäten im Marketing. Wir sind spürbar präsenter in Medien, aber auch an großen Flughäfen sieht man schon mal ein Total-Schild. Nicht zuletzt ist unser jahrelanges Engagement im Rennsport ein wichtiger Imagefaktor. Seit einiger Zeit unterstützen wir den deutschen Red Bull Air

Race Weltmeister Matthias Dolderer. Bei Walkenhorst Motorsport sind wir zudem als Sponsor aktiv, unser Logo ist auf den Rennboliden des Rennstalls zu sehen. Auch bei einigen Rennstrecken wie beim World Rallycross Championship ist Total als Sponsor und mit Werbeträgern aktiv. Die Imagebildung ist ein permanenter Prozess. Bei den Schmierstoffen gehen wir konsequent mit der Marke "Quartz" in den Markt - diesen Namen wollen wir bekannt machen.

asp: Welche Rolle spielen soziale Medien?

T. Kaiser: Wir sind dabei, unsere Präsenz als Marke in den sozialen Kanälen deutlich aufzuwerten. Vor allem versuchen wir aber, auf der B2B-Seite die elektronischen Tools zur Verfügung zu stellen, mit denen Autohäuser und Werkstätten direkt online Schmierstoffe bestellen können. Wir testen das gerade mit verschiedenen Kunden. In dem System sind kundenspezifisch die für ihn relevanten Öle zu seinen Preisen hinterlegt. Es nutzt ja nichts, wenn der Kunden reingeht und dann 300 Ölsorten auswählen muss. Deshalb ist der Zugang personalisiert.

asp: Wie ist die Akzeptanz?

T. Kaiser: Ganz unterschiedlich, denn es gibt auch im Automobilhandel noch viele Kunden, die lieber anrufen. Auch das ist uns recht, denn jeder persönliche Kontakt festigt die Kundenbeziehung.

asp: Was hat der Kunde von der Bestellung über das Portal und was bringt es Total?

T. Kaiser: Jeder wünscht sich natürlich schlanke und schnelle Prozesse. Die Digitalisierung kann im Ölgeschäft Zeit und Kosten sparen. Heute rufen Kunden noch häufig beim Außendienstmitarbeiter oder beim Ordermanagement in Berlin an, um eine Bestellung aufzugeben. Dort wird die Bestellung dann manuell ins System eingegeben. Über das digitale Bestelltool kann dieser Zwischenschritt entfallen.

asp: Sie sagten, die Auswahl des passenden Öls wird immer komplexer. Woran liegt das?

T. Kaiser: Die Komplexität nimmt zu. Autos sind heute neun Jahre im Markt. In dieser Zeitspanne hat sich in der Motorenentwicklung sehr viel verändert. Die Motorenöle müssen heute sehr spezifische Anforderungen in den Motoren erfüllen. Deshalb ist es unübersichtlich geworden, nicht nur für den Autofahrer, sondern auch für die Werkstätten. Hier sehen wir ganz deutlich einen Beratungsbedarf. Wir bieten technische und auch kaufmännische Schulungen an, um beispielsweise dem Serviceberater eine Argumentationshilfe im Verkauf an die Hand zu geben.

asp: Warum sind manche Autohäuser beim Ölverkauf besser als andere?

T. Kaiser: Das Thema muss in der Geschäftsleitung ernst genommen werden. Wenn der Inhaber eines Autohauses erkannt hat, wie wichtig das Thema ist, kann er es schaffen, den sportlichen Ehrgeiz der Mitarbeiter zu wecken. Viele Chefs nehmen das Ölgeschäft glücklicherweise immer noch gerne selbst in die Hand. Das kommt uns entgegen.

asp: Manche Automobilhersteller wollen das Öl lieber unter der eigenen Marke verkaufen. Was bedeutet das für Sie als Schmierstoffpartner?

T. Kaiser: Originalöl - so genanntes "Genuine Oil" - ist eine von mehreren Möglichkeiten eines OEM, das Ölgeschäft in seinem Netz zu organisieren. Auch mit dem Vertrieb von Originalöl hat Total schon viele Jahre Erfahrung im Rahmen seiner bestehenden strategischen Partnerschaften, unter anderem mit Mazda und Nissan. Aber genauso wie bei den anderen Vertriebsmodellen, kommt es auch beim Originalöl auf die perfekte Abstimmung zwischen dem Hersteller/Importeur und der Vertriebsorganisation des Schmierstofflieferanten an, um gemeinsam die optimalen Ergebnisse und Wachstumsraten zu erzielen.

Das Interview führte Dietmar Winkler

Kurzfassung

Als Vertriebsleiter für Autohäuser setzt Thomas Kaiser auf den direkten Kontakt zum Kunden. Die technischen Qualitäten einer Marke sind Voraussetzung, um im Spiel zu bleiben, aber letztlich ist Ölverkauf "People Business". Mit digitalen Bestell-Tools will Total Deutschland den Kunden und sich selbst das Leben erleichtern.

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