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Jubiläum: 70 Jahre Citroën-Modelle mit Hydropneumatik

11.10.2024 10:20 Uhr | Lesezeit: 2 min
Wankelmotor und Hydropneumatik – Der kompakte Citroen M 35 testete 1969 neue Technologien.
© Foto: Citroen

Kann Komfort Leben retten? Nach einem missglückten Anschlag auf Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle in einem Citroën DS kam dieser Mythos auf – und Citroens hydropneumatische Federung wurde legendär. Erstmals in Serie ging die Hydropneumatik vor 70 Jahren im Traction Avant, später folgten SM, CX bis C6

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Es sind ikonische Designs und kreative Ideen für neuartigen Fahrkomfort, die Citroën weltweit zum Inbegriff automobiler Avantgarde machten. Schon der billige und simpel gebaute Kleinwagen Citroën 2 CV verblüffte im Nachkriegs-Frankreich mit federweichem Fahrkomfort, die eigentliche Sensation folgte aber 1954: Hydropneumatik hieß die neue Fahrwerks-Technologie, bei der ein hydraulisches System über Membrane auf vier stickstoffgefüllte Federkugel-Druckspeicher wirkte und so Fahrkomfort ähnlich einem "fliegenden Teppich" bot, wie Motorjournalisten damals kommentierten. Ihre Premiere feierte die Hydropneumatik an der Hinterachse des Citroën Traction Avant 15-Six-H, der dank solch bahnbrechender Innovationen und mit skulpturalem Design als einziger Vorkriegstyp jüngeren Konkurrenten von Mercedes (220), Renault (Frégate) oder Opel überlegen war.

Ein Jahr später wurde der als "La reine de la route" (Die Königin der Straße) beworbene Traction Avant von einer Göttin beerbt: Der futuristische Citroën DS, auf Französisch Déesse ("Göttin") gesprochen, beeindruckte mit Hydropneumatik an allen vier Rädern und dem vermeintlichen Talent eines Bodyguards. Als es im August 1962 zu einem Attentat auf Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle kam, konnte der Chauffeur die DS trotz eines zerschossenen Reifens auf sicheres Terrain fahren. Wahrscheinlich wäre dies auch ohne Hydropneumatik gelungen, aber das DS-Fahrwerk war nun endgültig Kult und gab seine Gene an viele folgende Citroen vom SM bis zum C5 und C6.

Hydropneumatik-Federung von Citroen: Von Herstellern inspiriert

Auch andere Hersteller wie Rolls-Royce und Mercedes-Benz inspirierte die Hydropneumatik-Federung von Citroën anfangs, aber im Jahr 2017 nutzten alle Online-Petitionen und Proteste der Fans nichts: Die Marke im Zeichen des Doppelwinkels verabschiedete sich von ihrem legendären, inzwischen elektronisch gesteuerten Garanten für glattgebügelte Straßen. Zuletzt gab es die Hydropneumatik nur noch im Mittelklassemodell Citroën C5, allerdings hatten die Franzosen schon für ihre 2015 gegründete Premiummarke DS Automobiles eine andere adaptive Fahrwerksregelung angekündigt.

Bereits im vom Staatspräsidenten Emmanuel Macron genutzten DS 7 arbeitete die neue Technologie, bei der eine Kamera die Fahrbahn-Beschaffenheit scannt und je nach Situation die Dämpfer vorkonditioniert. Kein Vergleich zu den insgesamt fast zehn Millionen gebauten Fahrzeugen mit Hydropneumatik, monierte die Citroën-Community. Was das Faszinationspotential der Hydropneumatik-Fahrzeuge betrifft, stimmt diese Einschätzung, wie ein Blick in den Rückspiegel zeigt.


70 Jahre Citroen-Modelle mit Hydropneumatik

70 Jahre Citroen-Modelle Bildergalerie

Es ging aufwärts im Frankreich des Jahres 1954, das zeigte die hohe Nachfrage nach Volksautos à la Renault 4 CV oder dem Citroën 2 CV, aber auch das Florieren repräsentativer Flaggschiffmodelle etwa von Ford France oder Facel-Vega. Gefragt waren extravagante Designs und Komfort – und mit dieser Kombination reüssierte sogar noch der seit 20 Jahren gebaute Citroën Traction Avant. Denn bei Citroën erkannten sie im Gegensatz zum Erzrivalen Renault – der mit dem neuen, aber zu biederen Flaggschiffmodell Frégate scheiterte – wie die Lust auf luxuriösen Komfort befriedigt werden konnte: Der Traction Avant 15-Six-H überzeugte mit einem Sechszylinder und hydropneumatisch gefederter Hinterachse, einer Erfindung des Ingenieurs Paul Magès.

Diesen Fahrkomfort-Fortschritt gegenüber konventionellen Stahlfederungen goutierte auch der Élysée-Palast, wo nun vor allem Citroën die präsidialen Staatskarossen stellte. Der Aufstieg von Citroën auch in die Liga der größten Importeure in Deutschland begann aber erst mit der 1955 vorgestellten, avantgardistischen DS Limousine, die bald auch als Kombi Break bzw. Familiale sowie als Cabriolet angeboten wurde. "20 Jahre voraus", sei der Citroën DS technisch gewesen, resümierte sogar Renault anerkennend in seinem 1998 publizierten Buch "Das Renault Jahrhundert".

1970: Extravaganz in der Oberklasse 

Vor allem im Komfort deklassierte die "Göttin" die versammelte Konkurrenz, die ausgeklügelte hydropneumatische Federung machte es möglich. Dazu nutzte das System eine Hochdruckpumpe, die über fast 35 Meter lange Hydraulikleitungen vier stickstoffgefüllte Federkugel-Druckspeicher, aber auch Bremsen und Lenkung versorgte. Mit Start des Fahrzeugmotors baute die Pumpe Druck im System auf, der Stickstoff in den Kugeln komprimierte und das Auto hob sich an. Wie eine Broschüre aus den 1960ern erläuterte, betrug die Bodenfreiheit des Citroën DS in Fahrstellung 135 Millimeter, abgesenkt nur 67 Millimeter, in Maximalstellung 250 Millimeter – für Pkw einzigartig. Zur Not konnte La Désse auch auf drei Rädern das Gleichgewicht beim Fahren halten, wie Citroen in der Werbung herausstellte. Schon am Tag der Vorstellung des DS 19, dem 5. Oktober 1955, gingen mehr als 12.000 Bestellungen bei Citroën ein. Dieser Erfolg setzte sich 20 Jahre fort, insgesamt wurden über 1,4 Millionen DS gebaut.

Extravaganz in der Oberklasse versprach 1970 der Citroën SM mit Maserati-Motor, selbstredend, dass die Grande Nation auch diesen schnellen Hydropneumatik-Gleiter als präsidiales Repräsentationsfahrzeug einsetzte. Hydropneumatisches Fahren in der unteren Mittelklasse, damit punktete 1970 der ultramoderne Citroen GS, den mutige Avantgardisten kurzzeitig sogar mit Wankelmotor ordern konnten – obwohl der nur 267 mal verkaufte Wankel-Pionier Citroën M 35 bereits 1969 die Schwächen dieses alternativen Antriebs gezeigt hatte. Ganz anders der 1974 lancierte Citroën CX als Nachfolger der Désse: Dieses stromlinienförmige Citroën-Flaggschiff gewann als Limousine und Kombi mit hydropneumatischer Federung in 17 Jahren rund 1,2 Million Käufer: Familien und Industrie-Vorstände ebenso wie Staatsführer, aber auch Künstler wie Götz George alias Kult-TV-Kommissar Horst Schimanski.

Citroen: Genug Kreativität

Mangel an Kreativität konnte man der Marke aus Paris nie vorwerfen. So folgte auf den Citroën GS im Jahr 1982 der kantige, von Stardesigner Marcello Gandini gezeichnete und in 2,3 Millionen Einheiten verkaufte Citroen BX, ehe 1993 der Citroën Xantia mit Hydractive-Fahrwerk und elektronisch justierbarer Feder- und Dämpfungseinstellung in der Mittelklasse für Aufsehen sorgte. Ganz neu war die Hydractive-Technologie da allerdings nicht mehr, hatte doch bereits 1989 der große Citroën XM als weltweit erster Serien-Pkw mit elektronisch gesteuertem Fahrwerk für einen medialen Hype gesorgt. Ein Revival der goldenen 1930er Jahre, als Frankreich den globalen Luxusmarkt dominierte, versuchte Citroën ab 2005 mit dem elitären C6.

Diese Limousine kombinierte das hydropneumatische Fahrerlebnis von DS und CX mit dem erlesenen Chic, wie er sonst Marken á la Mauboussin oder Louis Vuitton auszeichnete. Eine gescheiterte Mission. Der C6 blieb von den Kunden ebenso unverstanden wie heute der DS 9 – letzterer aber bereits ohne Hydropneumatik. "Schweben wie Gott in Frankreich", das ist Vergangenheit. Heute, im säkularen Zeitalter, definiert Citroën Komfort anders, und die Erfolgskurve günstig eingepreister Modelle scheint der Budget-Marke im Stellantis-Konzern recht zu geben.

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