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Klimadiesel: Bundesrat gibt grünes Licht

22.03.2024 13:24 Uhr | Lesezeit: 3 min
Schriftzug HVO
Der Bundesrat hat grünes Licht für mehr Bioanteil in Dieselkraftstoffen gegeben.
© Foto: Robert Schmiegelt/Geisler-Fotopress/picture alliance

Wohin mit dem verbrauchten Fett aus der Fritteuse? Die Frage lässt sich künftig einfach beantworten: Ab in den Tank! Die Länderkammer hat am Freitag dafür den Weg frei gemacht.

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Autofahrer werden künftig auch Diesel tanken können, der zu 100 Prozent aus Abfallstoffen wie Frittenfett hergestellt wurde. Der Bundesrat stimmte am Freitag einer Verordnung der Bundesregierung zu, die den Weg für die Einführung des alternativen Treibstoffs frei machen soll.

Sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe (HVO; Hydrotreated Vegetable Oil), die aus Abfallstoffen und Pflanzenölen produziert werden, werden damit auch als Reinkraftstoff zugelassen. Bislang konnten sie dem herkömmlichen Diesel nur beigemischt werden. Nach der neuen Verordnung dürfen sie künftig auch in 100-prozentiger Konzentration angeboten werden.

Da erdölfreier Biodiesel weniger CO2 verursacht als herkömmlicher Diesel, soll auf diese Weise auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Fraglich ist allerdings, in welchem Umfang der neue Treibstoff künftig verfügbar sein wird. Laut Bundesumweltministerium werden Altspeiseöle – beispielsweise aus der Gastronomie – bereits heute vollständig als Beimischung im Verkehr eingesetzt.

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Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sprach gleichwohl von einem "guten Tag für die Umwelt und das Klima". Erneuerbare Kraftstoffe könnten einen maßgeblichen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor leisten, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Auf dem Weg zu klimaneutralem Verkehr sind erneuerbare Kraftstoffe die passende und dringend notwendige Ergänzung zur tragenden Säule Elektromobilität."

Die am Freitag beschlossene Anpassung der 10. BImSchV durch die Aufnahme der Dieselkraftstoffnorm DIN EN 15940 war die Voraussetzung dafür, dass klimaschonende Kraftstoffe wie HVO100 an Tankstellen in Deutschland angeboten werden können. In vielen anderen Ländern Europas können Autofahrer bereits den alternativen Kraftstoff tanken, der künftig mit dem Hinweis "XtL" gekennzeichnet sein wird.

HVO100 bald an den Zapfsäulen

Die Betreiber der freien Tankstellen stehen schon "in den Startlöchern", wie ein Sprecher des Branchenverbands Uniti auf Anfrage von "BR24" mitteilte. Ab Mitte April könnte der Ökodiesel an mehreren Zapfsäulen zur Verfügung stehen. Beschaffungsprobleme sieht der Verband nicht.


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Was ist HVO100? 

Bislang erlaubte der Gesetzgeber in Deutschland im Diesel nur Biokraftstoff-Beimischungen von sieben Prozent. Laut Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) ist dieser B7 die gängige Dieselsorte an deutschen Tankstellen. Künftig sollen sie auch 100-prozentigen Biodiesel aus zertifizierten, nachhaltigen Rest- und Abfallstoffen verkaufen dürfen. Meist handelt es sich um alte Fette aus Großküchen, aber auch Holzreste, Zelluloseabfälle oder Fischreste. Das Kürzel HVO bedeutet Hydrotreated Vegetable Oils: Mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle.

Was bringt HVO dem Klima? 

In Deutschland sind laut Kraftfahrt-Bundesamt heute mehr als 14 Millionen Autos, Lastwagen und andere Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterwegs. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: "Mit HVO100 können wir die CO2-Emissionen im Verkehr kurzfristig senken." Die Einsparung betrage bis zu 95 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. 

Wie groß ist die wirtschaftliche Bedeutung von HVO100?  

Wie der Bundesverband freier Tankstellen (BfT) mitteilte, wird der Biodiesel heute ausschließlich im öffentlichen Nahverkehr, von Logistikbetreibern und in der Landwirtschaft verwendet; an Tankstellen ist er noch nicht frei verfügbar. Aber das Potenzial in der Speditions- und Logistikbranche sei groß: "Wir schätzen, dass 80 Prozent der HVO-Nutzung gewerblich sein wird." Laut VDB wird die globale HVO-Produktion bis 2025 voraussichtlich 30 Millionen Tonnen überschreiten. Der finnische HVO-Hersteller Neste rechnet damit, dass biogene Kraftstoffe bis 2040 etwa eine Milliarde Tonne Rohöl ersetzen können, was etwa 40 Prozent des weltweiten Bedarfs im Transport ausmacht.

Ist der Biodiesel teurer als Diesel aus Erdöl? 

Ja, weil die Produktionskosten höher sind. Nach den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, in denen HVO schon längst getankt werden kann, ist er 15 bis 20 Cent pro Liter teurer als fossiler Diesel, wie der BfT mitteilte. Der Bundesverband Energie-Mittelstand (Uniti), bei dem 40 Prozent der Straßen­tank­stellen organisiert sind, erwartet, "dass in der ersten Anlaufphase HVO100 für Flottenbetreiber besonders interessant sein wird". Sie können so CO2-Vorgaben auch mit bestehenden Fahrzeugen leichter erreichen. Wenn HVO100-Diesel bei der Energiesteuer gegenüber fossilem Diesel entlastet würde, helfe das der Wirtschaft und dem Klima zusätzlich.  

Schadet HVO100 dem Motor? 

"Moderne Dieselmotoren sind grundsätzlich dafür geeignet", sagte Wissing. "Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes", heißt es in einer Erklärung von ADAC, Uniti, Kfz-Gewerbe, Logistikverbänden und einigen Lkw-Herstellern. Der ADAC weist allerdings darauf hin, dass die Freigabe von Kraftstoff für einen Motor grundsätzlich beim Fahrzeughersteller liege. "Aktuell liegen solche Freigaben nur für wenige Modelle der Marken Audi, BMW, Citroën/Peugeot/Opel, Nissan, Renault/Dacia, Seat/Cupra, Skoda, Toyota, Volvo und VW vor." Man brauche "dringend weitere umfassende Herstellerfreigaben für bisherige Pkw-Modelle", damit HVO100 von den Verbrauchern angenommen werde. 

Ab wann gibt es HVO100 an Tankstellen in Deutschland? 

Der neue Kraftstoff werde nicht an jeder Tankstelle verfügbar sein, «sondern nach und nach erst flächendeckend angeboten werden», teilte der ADAC mit. Uniti teilte mit, der Tankstellenmittelstand "steht in den Startlöchern". Nach der Zustimmung des Bundesrats könnte HVO100 am 13. April in den öffentlichen Verkauf gehen. Biogener HVO-Diesel und grünstrombasierter synthetischer E-Diesel werde an den Tankstellen mit dem Hinweis "XtL" gekennzeichnet. "Wir gehen nicht davon aus, dass mit der Einführung von HVO100 andere Angebote entfallen."

Dagegen hieß es vom BfT: "HVO wird bei Markteinführung an einigen wenigen Tankstellen zu tanken sein - aus Platzgründen und da auch eine technische Umstellung erfolgen muss." Der BfT würde es begrüßen, wenn Benzin E5 nicht mehr von den Tankstellen vorgehalten werden müsse: "Damit wäre der Platz frei für HVO."

Was machen andere Länder? 

Laut Bundesverkehrsministerium kann man den Biosprit in den Niederlanden, Schweden, Litauen und vielen anderen Ländern bereits tanken. Laut Uniti ist HVO100 bereits an über 600 Tankstellen in Europa frei erhältlich. In den meisten EU-Staaten und in den USA sei der Verkauf erlaubt. Da bei Ausschreibungen von internationalen Logistikaufträgen vermehrt strenge CO2-Anforderungen gelten, sei das Verbot in Deutschland ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Anbieter gewesen.



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