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Over-the-air-Diagnose: Die Werkstatt aus der Cloud

02.05.2018 15:34 Uhr
Over-the-air-Diagnose
Wenn es um die Instandhaltung des Autos geht, wird sich künftig eine Kombination aus Werkstatt und Over-the-Air-Updates durchsetzen.
© Foto: Mercedes-Benz

Wenn das Auto die Panne vorhersagt, bevor sie passiert, und gleich selbst einen Werkstatttermin vereinbart, dann ist das keine Science Fiction, sondern das Jahr 2019.

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Von Hanne Schweitzer/SP-X

Dass moderne Autos mit dem Internet verbunden sind, ermöglicht eine Vielzahl neuer Funktionen. Während der Nutzen einer Stauvorhersage in Echtzeit allen Autofahrern einleuchten dürfte, erschließt sich der Sinn der Vernetzung des Autos in anderer Hinsicht Manchem nur schwerlich: Aus der Ferne am Smartphone Tankfüllstand oder Kilometerstand checken? Braucht man das wirklich? Doch die vermeintlich einfachen Funktionen sind Vorboten für komplexere Aufgaben, die mit der Cloud verbundene Autos erfüllen: Dazu gehört, die eigene Panne vorherzusagen – und dann natürlich zu vermeiden.

Bereits heute werden bei modernen Autos Software-Updates "over-the-air" (zu deutsch: "über die Luft"), also über das Internet aufgespielt, ohne, dass der Besitzer sein Auto dazu in die Werkstatt bringen und ein Mechatroniker ein Kabel einstöpseln muss. Hergestellt wird die Netzverbindung entweder über die – falls vorhanden – bordeigene SIM-Karte, das gekoppelte Handy oder auch eine WLAN-Verbindung, wenn das Auto in der Garage steht. So werden kleinere Systemupdates gemacht und Navidaten oder Apps aktualisiert.

Künftig werden auch größere Eingriffe nötig sein, denn mit zunehmender Digitalisierung der Fahrzeuge – mehr Vernetzung, umfassende Automatisierung – steigt das Risiko von Schwachstellen in der Software. Die heute typischen Wartungsintervalle von einem Jahr oder 20.000, 30.000 Kilometern sind in dieser digitalisierten Zeitrechnung zu lang, sagt Volker Breunig, Experte für vernetzte Services beim Automobilzulieferer Bosch. "Daher wird es künftig nicht die Frage eines Entweder-Oder sein, sondern es wird sich vielmehr eine Kombination aus Werkstatt und Over-the-Air-Updates durchsetzen." Nur so könne man auf erkannte Schwachstellen schnell und effizient mit Sicherheits-Updates für die zahlreichen Steuergeräte im Fahrzeug reagieren. Über den – im Vergleich zur rasant fortschreitenden Digitalisierung – langen Lebenszyklus' eines Fahrzeuges kann man so bestehende Software immer aktuell halten, "oder es können neue Funktionen aufgespielt oder freigeschaltet werden", so der Ingenieur.

Darüber hinaus hat das vernetzte Auto den eigenen Werkstattmeister in Zukunft immer an Bord: Sensoren erfassen fortlaufend den Zustand wichtiger Komponenten im Auto. Anhand dieser Daten sowie zusätzlicher Cloud-Informationen wird im Hintergrund permanent analysiert, ob beispielsweise mit Batterie, Kraftstofffilter oder Bremssystem alles in Ordnung ist. "Zeigen die Daten Verschleißerscheinungen der Komponenten, erhält der Fahrer rechtzeitig vor Auftreten eines Defekts einen Hinweis und einen Vorschlag für den nächsten Werkstattbesuch", so Breunig. Erste Serieneinführungen einer solchen "Pannenvorhersage", bei Bosch vorausschauende Diagnose genannt, sind für 2019 geplant.

Denn auch, wenn es nach Science Fiction klingt, ist die Werkstatt aus der Cloud bereits Realität: Schon seit rund einem Jahr profitiert der kostensensible Nutzfahrzeugbereich von Diagnosen aus der Ferne. Jeder Tag, an dem ein Lkw unplanmäßig steht, kostet Geld – das proaktive Handeln soll teure Ausfallzeiten minimieren. Mit dem Mercedes-Dienst "Uptime" ist der der Laster immer online und überwacht ständig alle Sensoren und Steuersysteme. Tritt eine Unregelmäßigkeit auf, meldet er es an den Server, wo eine vollautomatische Fehlererkennung stattfindet. Dahinter steht ein von Mercedes-Technikern permanent aktualisierte Software, die anhand des Fehlertypus Handlungsempfehlungen ableitet. Bestimmte Fehlermeldungen werden direkt an die Hauswerkstatt des Kunden weitergeleitet, so dass sie anstehende Reparaturen, die sonst erst bei der turnusmäßigen Wartung auffallen würden, vorbereiten kann, beispielsweise indem sie Ersatzteile bestellt.

Dass sich auch Autos nach diesem Vorbild mit ihren Fehlercodes bei der Stammwerkstatt anmelden, ist nicht mehr fern. Bereits heute können Nutzer bestimmter Dienste (z. B. Volvo on Call) ihrem Auto erlauben, auf den Outlook-Kalender ihres Besitzers zuzugreifen und selbstständig einen Termin für die nächste Inspektion zu vereinbaren. Aufgrund der seit März in der EU bestehenden Einbaupflicht des automatischen Notrufs e-Call sind alle neu auf den Markt gebrachten Pkw-Modelle mit einer SIM-Karte ausgerüstet, also faktisch vernetzte Autos. Bis 2020 werden laut Schätzungen 250 Millionen Connected Cars auf den Straßen der Welt unterwegs sein. Die Etablierung der Dienste für diese Autos läuft dementsprechend auf Hochtouren.

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