Bei der Aufarbeitung des Debakels um die gescheiterte Pkw-Maut hat die Opposition neue Vorwürfe gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erhoben. Hintergrund ist ein Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel", nach dem E-Mails Scheuer belasten. Das Verkehrsministerium wies die Vorwürfe zurück.
Der "Spiegel" berichtete, Scheuer habe die Öffentlichkeit offensichtlich falsch informiert. Dies legt laut Bericht der E-Mail-Verkehr zwischen einem Manager der ursprünglich vorgesehenen Betreiberfirma Autoticket und einem Beamten des Verkehrsministeriums nahe. Darin gehe es auch um ein Gespräch vom 29. November 2018, das Scheuer mit den Chefs des Betreiberkonsortiums geführt hatte, einen Monat vor Unterzeichnung des Mautvertrags.
Dass es dieses Gespräch gegeben hat, ist seit langem bekannt. Das Verkehrsministerium spricht von einem "Kennenlerntermin" und einem "allgemeinen Gedankenaustausch".
Laut "Spiegel"-Bericht erschüttert der E-Mail-Verkehr nun die Version des Verkehrsministeriums zu dem nicht protokollierten Gespräch. So habe der Manager einen Tag nach dem Treffen geschrieben: "Nach den besprochenen Themen in den Spitzengesprächen werden wir bis Montag die Vergütung überdenken und einen neuen Vorschlag entwickeln." Der Beamte habe geantwortet: "Gern erwarten wir die neuen Kalkulationen und kommen bei eventuellen Rückfragen auf Sie zurück."
Massiv gegen das Vergaberecht verstoßen
Der Grünen-Politiker Stephan Kühn sagte dem "Spiegel", Scheuer habe massiv gegen das Vergaberecht verstoßen. Die bisherigen Angaben des Ministeriums seien falsch gewesen. Der FDP-Politiker Christian Jung erklärte, das Pkw-Maut-Desaster von Scheuer und der CSU entwickle sich immer mehr zur "Staatsaffäre". Scheuer müsse von der Bundeskanzlerin entlassen werden.
Das Verkehrsministerium erklärte, die Angaben und die Dokumentationen zu dem Gespräch seien weiterhin korrekt. Es verwies auf eine im Internet ersichtliche Chronologie zur Pkw-Maut.
Ein Maut-Untersuchungsausschuss arbeitet die Vorgänge rund um die gescheiterte Pkw-Maut auf. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die bereits gesetzlich besiegelte Pkw-Maut im Juni 2019 als rechtswidrig gestoppt. Scheuer steht stark unter Druck, weil er die Verträge zur Kontrolle und Erhebung der Maut noch Ende 2018 abgeschlossen hatte, bevor Rechtssicherheit bestand. Die eigentlich vorgesehenen Betreiber fordern Schadenersatz von 560 Millionen Euro, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte.
Scheuer weist die Forderungen der Unternehmen und Vorwürfe der Opposition zurück. Im Streit mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim hat ein Schiedsverfahren begonnen. (dpa)