Motorräder sollen nach dem Willen des Bundesrats künftig weniger Lärm verursachen. Die Länderkammer will sich nach einem Beschluss vom Freitag dafür einsetzen, dass die zulässigen Geräuschemissionen aller Neufahrzeuge begrenzt wird. Künftig soll ein Maximalwert von 80 Dezibel (db/A) gelten, der in etwa der Lautstärke eines vorbeifahrenden Lkws oder eines Rasenmähers entspricht. Die Länder möchten, dass Polizisten Fahrzeuge bei "gravierenden Lärmüberschreitungen" sofort sicherstellen dürfen.
Außerdem soll Tuning härter bestraft werden, wenn das Motorrad dadurch erheblich lauter wird. Das Sound-Design, über das Fahrer die Geräuschkulisse selbst einstellen können, solle verboten werden. Die Länder wollen zudem beschränkte Motorrad-Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen ermöglichen. Die Entschließung des Bundesrats geht nun an die Bundesregierung. Diese entscheidet, ob und wann sie die Anregung umsetzen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zeigte sich am Freitag zufrieden. Es sei eine wichtige Etappe beim Schutz vor Motorradlärm erreicht. "Aber wir sind noch nicht am Ziel angelangt. Auch, wenn Land und Kommunen alles ausschöpfen, was gesetzlich möglich ist, muss deutlich mehr getan werden." Motorräder müssten leiser sowie leiser gefahren werden. "Rücksichtsloses Fahren muss deutlichere Folgen haben", sagte Hermann. "Dafür müssen die rechtlichen Vorgaben erweitert werden. Hier sind insbesondere die Bundesebene und Europa gefragt."
Der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) sieht Verkehrslärm ebenfalls als Problem - fordert aber, dass bei der Problemlösung alle Fahrzeuge einbezogen werden. "Was wir ablehnen und nicht nachvollziehen können, ist die einseitige Fokussierung beim Thema Lärm auf die Motorräder", sagte der Vorsitzende Michael Lenzen. "Hier sehen wir ganz klar eine Diskriminierung der Motorradfahrer." Es sei ein Unding, mehr als vier Millionen Motorradfahrer wegen Fehlverhaltens einer Minderheit über einen Kamm zu scheren. "Bei Autofahrern, etwa bei den illegalen Straßenrennen in Städten, geht man auch gezielt gegen die Verursacher vor. Hier muss gleiches Recht für alle gelten."
"Grundsätzlich finden wir den Beschluss richtig", sagte ein Experte für Verkehrslärm vom Umweltbundesamt. "Das ist ein guter Schritt." Bis die Begrenzung aber wirklich Vorgabe sei, sei es noch ein langer und steiniger Weg.
Problem in ländlichen Gebieten
Der Hagener Umweltpsychologe und Lärmwirkungsforscher Dirk Schreckenberg sieht die Bundesrats-Entschließung ebefalls als einen Schritt in die richtige Richtung. Bislang sei das Thema zu wenig beachtet und eher vernachlässigt worden. Dabei sei Motorradlärm ein großes Problem - vor allem im ländlichen Raum, sagt Schreckenberg.
Der Motorradverkehr hier beiße sich mit Ansprüchen der übrigen Menschen, die dort sind: Touristen, die sich erholen möchten, und Anwohnern, die sich dafür entschieden haben, auf dem Land in Ruhe zu wohnen. "Und auch noch zu Zeiten, in denen man besonderen Ruheanspruch hat - am Wochenende, insbesondere am Sonntag." Ob die Begrenzung das Problem wirklich löst, bleibe aber abzuwarten. "Denn ob sich dadurch die Anzahl der Motorräder auf den Straßen verringert, kann man noch nicht sagen - wahrscheinlich eher nicht", sagte Schreckenberg.
Der Experte sieht neben der Lärm-Begrenzung am Fahrzeug selbst noch eine andere Notwendigkeit: Die durch Motorräder entstehende Lärmbelastung müsste wirkungsbezogener erfasst werden. Weil Motorradlärm nämlich vor allem an Wochenenden im Sommer die Menschen belaste, sei der bislang erfasste Jahresdurchschnittswert nicht aussagekräftig, sagte Schreckenberg. Die Forschung zeige, dass mit dem Lärmpegel eines "Sommersonntags" die Belästigung für die Anwohner deutlich besser vorauszusagen sei als mit dem Jahrespegel.
Orientieren könne man sich an der Messung von Fluglärm: Dafür werde anstelle des Jahresdurchschnitts bereits jetzt ein Dauerschallpegel aus den Flugbewegungen in den Sommermonaten, also den Monaten mit dem meisten Flugverkehr, ermittelt. (dpa)
Hansi