Von Michael Specht/SP-X
Andere Länder, andere Autokultur. Japan hat viele Einwohner, aber wenig Platz. Entsprechend klein sind nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Autos. Zum urbanen Leben, besonders in Mega-Citys wie Tokio, bei der man nie so recht weiß, ob hier nun 20 oder gar 30 Millionen Menschen versuchen, ihr Auskommen zu finden, gehören die putzigen K-Cars. Es sind kleine Kisten auf vier Rädern, sehr kurz und mehr hoch als breit. Grund: Sie müssen bestimmte Abmessungen und Motorisierungen haben, will man eine Zulassung in Tokio erhalten.
Bei uns in Deutschland hat lediglich Suzuki einmal ein K-Car ähnliches Gefährt auf die Straße gebracht, den Wagon R. Hier in Japan bietet der Hersteller eine ganze Reihe an "Quadratisch-praktisch-gut-Mobilen" an. Allesamt 3,40 Meter kurz, mit hinteren Schiebetüren (für enge Parklücken), Heckklappe und viel Beinfreiheit im Fond. Auch Daihatsu oder Honda sind voll im K-Car-Geschäft. Und es fällt, bedingt durch die Einheitsmaße, für Außenstehende schwer, sie alle voneinander zu unterscheiden. Einmalig dagegen dürfte dagegen der Daihatsu DN Pro Cargo sein. So stellt man sich einen elektrischen Kleinlieferwagen vor, der einem das Paket vor die Haustür bringt.
Wie cool man abseits des Asphalts unterwegs sein kann, will Suzuki mit dem e-Survivor zeigen. Eine martialisch anmutende Mini-Offroad-Buggy-Studie mit Elektroantrieb und realistischer Chance auf eine Serienproduktion. Letzteres erhoffen sich viele auch von dem Concept Car, das Honda nur wenige Wochen nach der IAA-Premiere des Urban EV in Tokio auffährt. Es ist ein kleines zweisitziges Coupé, so glatt und reduziert im Design, dass es von Apple stammen könnte. Manchen dürfte dieses Auto sicher an den Honda S 800 von vor 50 Jahren erinnern.
Toyota setzt auf "Hydrokultur"
Toyota, mit Abstand größter Autobauer in Japan, setzt voll auf "Hydrokultur". Wie das Brennstoffzellenauto Mirai so trägt auch die van-artige Limousine "Fine-Comfort-Ride" die emissionsfreie Wasserstoff-Technologie unter seiner Karosserie. In jedem Rad sitzt ein Elektromotor. Gewöhnen muss man sich etwas an das eigenwillige Design, zumal das Modell in der Mitte dicker als hinten ist. Das ist gewollt. Denn der Fokus liegt hier ganz auf den Passagieren im Fond. Sie sollen einen außergewöhnlichen Komfort genießen können. Das sich verjüngende Heck sorgt zudem für eine glänzende Aerodynamik. Toyota verspricht, mit sieben Kilo Wasserstoff an Bord rund 1.000 Kilometer weit zu kommen. Damit wäre der "Fine-Comfort-Ride" nochmals effizienter als der schon sehr windschlüpfige Mirai.
In Sachen E-Mobilität redet natürlich auch Nissan ein kräftiges Wort mit. Schließlich ist man weltgrößter Hersteller von Elektrofahrzeugen, der Leaf das meistverkaufte E-Modell überhaupt. Dieser soll schon bald einen athletischen Bruder erhalten, mit mehr Power und mehr Reichweite. Die Rede ist von 150 statt 115 kW, also 204 PS statt deren 156 und 520 statt 378 Kilometer Fahrstrecke. Liefern wird die ein Akku mit einer Kapazität von 60 kWh. Ihn bekommt auch der Nismo-Leaf, plus eine weitere Leistungsspritze. Wie diese Nismo-Version optisch ausschaut, zeigt Nissan auf seinem Stand in Form einer seriennahen Studie.
Daneben dreht sich im Rampenlicht das Concept Car IMx. Die Abkürzung steht für Intelligent Mobility Crossover. Nissan hat ja bereits vor einigen Monaten durchsickern lassen, dass man seine Allrad- und Elektro-Kompetenz auf "geschickte" Weise verbinden werde. Das viersitzige SUV hat zwei Motoren, 320 kW / 435 PS Leistung und über 600 Kilometer Reichweite.
Tokyo Motor Show 2017
BildergalerieGar mit drei Elektromotoren wartet die Studie e-Evolution von Mitsubishi auf. Auf die Frage nach einer möglichen Serienversion heißt es aus Japan nur, man werde "Designelemente in zukünftigen Modellen" wiederfinden. "Wir wollen zeigen, dass Elektromobilität auch Emotionen freisetzen kann", so ein Konzernsprecher. Gut möglich, dass dies bereits der nächste ASX tut. Er soll 2019 erscheinen und alternativ als reines Elektroauto bestellbar sein.
Noch nicht so weit ist Subaru. Hier beruft man sich auf seinen Boxermotor, den symmetrischen Allradantrieb und die Erfolge im Rallye-Sport. Eingebaut wurde dieser in die Studie VIZIV Performance Concept, ein sportliches Coupé nach traditionellem Schnitt. Immerhin sieht es schnittiger und moderner aus als die derzeitigen Serienautos von Subaru.
Einen großen Designsprung macht auch Toyota mit dem TJ Cruiser. Statt sonst sich in unruhigen Kurven und Schwüngen zu verlieren, überrascht der coole Van durch absolute Geradlinigkeit. Ansprechen will man dem vielseitigen TJ Cruiser vor allem junge, hippe Leute, die ihr Surfbrett zum Strand runterfahren wollen. Ob und wann es eine Serienversion gibt, darüber schweigt man bei Toyoa.
Mazda-Studie mit besonderem design
Gäbe es auf der Messe einen Design-Preis zu verleihen, er ginge sicher an Mazda. Besonders die elegante Fünfmeter-Studie "Vision Coupé" erhielt viel Beifall bei ihrer Weltpremiere. Aus Hiroshima, der Zentrale von Mazda, ist zu hören, es könnte sich so einiges davon im nächsten Mazda 6 wiederfinden. Noch deutlicher am Serienmodell ist die zweite Mazda-Studie namens Kai. Wie wir wissen, steht Ende des nächsten Jahres die Ablösung des Mazda 3 auf dem Plan – und Kai ist der Vorbote.
Bei aller Modernität, die in der japanischen Millionen-Metropole zur Schau gestellt wird, ein bisschen Nostalgie schwingt dennoch mit. Daihatsu erinnert sich an seinen kleinen "Campagno" aus den 60er-Jahren und zeigt, wie der Urenkel aussehen könnte – gewöhnungsbedürftig. Und die Mutter Toyota trumpft mit ihrem neuen Flaggschiff Century auf. Das aktuelle Modell ist eine Luxus-Ikone mit Zwölfzylindermotor und wurde 20 Jahre lang unverändert gebaut. Auch der Nachfolger – jetzt mit V8-Hybrid – gibt sich beim Design wieder arg konservativ, ist einem Bentley nicht unähnlich. Alles so lassen, wie es ist, dieses Motto gilt ebenso für den Verkauf. Den über 100.000 Euro teuren Century gibt es ausschließlich in Japan. Schade eigentlich.