Kurzfassung
Verbände und Innungen, aber insbesondere auch Kfz-Betriebe unternehmen einige Anstrengungen, um junge Menschen für das Kfz-Handwerk zu begeistern. Der Beitrag stellt einige davon vor.
Eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) Braunschweig aus 2019 ("Berufe in Deutschland: Gesellschaftliche Wahrnehmung und Persönlichkeitseigenschaften") belegt, dass das gesellschaftliche Ansehen der 25 am meisten besetzten dualen Ausbildungsberufe in Deutschland sich stark unterscheidet. Demnach sind einige der Ausbildungsberufe fast genauso hoch eingeschätzt wie Studienberufe, andere jedoch haben ein sehr geringes Ansehen, was der hohe Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen zeigt. Gemäß der Studie sind Fachinformatiker und Mechatroniker, gefolgt von Industriekaufleuten, Kfz-Mechatronikern und Elektronikern beliebte Berufsfelder, Ausbildungsberufe wie Fachkraft für Lagerlogistik, Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk oder Koch unbeliebte Berufe.
Geänderte Prioritäten
Peter Steger, Mitgeschäftsführer der Leonhard Stangl Fahrzeugbau aus Maisach und Initiator von "Starthilfe", einem Projekt zur Förderung und Wiedereingliederung jugendlicher Schulabbrecher, hat hier andere Erfahrungen gemacht. Er weiß, dass die meisten Kfz-Betriebe in allen Bereichen zu wenig Nachwuchskräfte finden. Seiner Meinung nach hat sich das Berufswahlverhalten junger Menschen aufgrund geänderter gesellschaftlicher Prioritäten deutlich geändert. "Der Trend zum Studium um jeden Preis lässt andere Bildungswege, wie die der dualen Berufe, an Ansehen verlieren", so Steger, der auch einen Wettbewerb unter den dualen Berufen erkannt haben will. "Sogenannte White-Collar-Berufe wie beispielsweise Büro-, Handels- oder Dienstleistungsberufe sind im Gegensatz zum klassischen Handwerk bei vielen jungen Leuten wegen flexiblerer Arbeitszeiten sehr viel beliebter."
Um auf diese Entwicklungen reagieren zu können, wurde in den letzten vier Jahrzehnten am Image der Autoberufe kräftig gearbeitet. So wurde bereits im Jahr 1983 "AutoBerufe - Zukunft durch Mobilität", eine bundesweite Nachwuchsinitiative der internationalen Kraftfahrzeughersteller, der Robert Bosch GmbH sowie des Zentralverbands des Deutschen Kfz-Gewerbes (ZDK), ins Leben gerufen. Durch diese Initiative werden die Aus- und Weiterbildungsberufe im Kfz-Gewerbe durch vielfältige Maßnahmen permanent beworben (www.autoberufe.de).
Mechatroniker-Ausbildung hat sich grundlegend gewandelt
War bis 2003 mit der Neuausrichtung der Lehrinhalte hin zum Kfz-Mechatroniker das Bild vom bis zu den Hüften im Öl stehenden Kfz-Mechaniker in den Köpfen der jungen Menschen verankert, hat sich dies mit der Mechatroniker-Ausbildung grundlegend gewandelt. Heute werden Kfz-Mechatroniker aller Fachrichtungen als besondere IT-Spezialisten wahrgenommen, die in zukunftsorientierten Berufsfeldern arbeiten. Vor allem die ökologischen Herausforderungen gewinnen dabei mehr und mehr an Bedeutung. So soll jede neue Fahrzeuggeneration sparsamer, umweltfreundlicher und vor allem leistungsfähiger als ihre Vorgänger sein. Die Weiterentwicklung alternativer Antriebe, neuartiger Werkstoffe und von Nanotechnologien machen daher die Arbeit rund um die Fahrzeuge abwechslungsreich und spannend. Alleine bereits vor diesem Hintergrund wächst die Fahrzeugbranche stetig und gehört somit zu den attraktivsten Zukunftsbranchen.
"In den Schulen muss daher ein klares Bild von den Kfz-Berufen, besonders vom Kfz-Mechatroniker, gezeichnet werden", sagt Steger. "Es ist eben kein Beruf mehr, für den viel körperliche Kraft nötig ist und bei dem man ölige Hände hat. Im Gegenteil: Abstraktionsvermögen, problemanalytisches Denken und viel Verständnis für Digitales machen das Berufsbild heute aus." Daher sehen mittlerweile immer mehr Betriebe vor allem auch Frauen als wichtige Zielgruppe für den Kfz-Nachwuchs. Rund zehn Prozent macht bereits heute der Frauenanteil in allen Automobil-Handwerksberufen aus.
- Ausgabe 4/2024 Seite 044 (617.1 KB, PDF)
"Junge Leute muss man abholen, wo sie sich am meisten aufhalten - in den sozialen Medien. "
Claudia Kefferpütz, ZDK
Kurze Wege
Doch das allein genügt nicht, junge Menschen für Autoberufe anzuwerben. Vielmehr sind es Weiterbildungsmaßnahmen und Aufstiegschancen, die junge Menschen einen Beruf positiv bewerten lassen. Hier lockt vor allem nach der Gesellenprüfung die Meisterausbildung, die den Weg in die Selbstständigkeit ebnet. Die Kfz-Innung München-Oberbayern bietet daher der wachsenden Zielgruppe von Schulabgängern mit (Fach-)Abitur mit dem Projekt "Abi und Auto" (www.abi-und-auto.de) einen besonderen zugeschnittenen und verkürzten Ausbildungsgang, welcher die Kfz-Meister-Ausbildung unterstützt.
Mit Abitur, einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder mit fundierter praktischer Erfahrung ist aber auch ein Studium im Kfz-Gewerbe möglich. So bietet die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kraftfahrzeuggewerbe (BFC; www.bfc.de) in Northeim ein elfmonatiges Studium zum Betriebswirt im Kfz-Gewerbe (HWK) an. Dabei werden betriebswirtschaftliche Kenntnisse vertieft und ein umfassendes Know-how der Automobilwirtschaft vermittelt.
Was tun?
Was kann aber der Ausbildungsbetrieb tun, um geeignete Azubis zu finden? "Ausbildungsbetriebe sollten an Schulen Präsenz zeigen und persönlichen Kontakt zu Lehrern, Berufsberatern und Schülern suchen beziehungsweise halten", weiß Claudia Kefferpütz, Referentin für Berufsbildung beim ZDK in Bonn. Gerade die Berufsorientierung mit Schulvorträgen oder Praktika ist ein wichtiger Baustein, um junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. "Genauso wichtig ist es aber, die jungen Leute dort abzuholen, wo sie sich am meisten aufhalten - im Internet und in den sozialen Medien. Daher haben wir #wasmitautos ins Leben gerufen, um Berufsinteressierten ein umfassendes Informationsportal zu bieten (www.wasmitautos.com). Hier finden junge Menschen Infos zu Ausbildungsbetrieben in ihrer Nähe, Tipps für ein Praktikum, Testimonials von aktuellen Azubis und alle nötigen Informationen zu den verschiedenen Aus- und Weiterbildungsberufen. Neben #wasmitautos bietet die Website www.autoberufe.de hilfreiche Informationen für Betriebe, wie sie modern und zielgruppengerecht Jugendliche ansprechen und für eine Ausbildung gewinnen können. Hier hilft auch der Werkzeugkasten zum optimalen Recruiting.
Unterstützung bei der Suche nach Azubis finden Kfz-Betriebe auch bei den Innungen. So hat beispielsweise das bayerische Kfz-Gewerbe mit seinen sieben Innungen ein Bewerberportal (www.kfz-ausbildung-bayern.de) im Netz aufgebaut. Hier können junge Menschen unkompliziert nach Ausbildungsstellen im Automobilbereich suchen. Um die Schwelle für die erste Kontaktaufnahme zum zukünftigen Ausbildungsbetrieb möglichst niedrig zu halten, genügt hierfür eine kurze Initialbewerbung mit wenigen Angaben zur Person. Wichtig ist hier eine klare und schnelle Kommunikation zwischen Bewerber und Betrieb. Auch im Falle einer Absage. Das eröffnet die Möglichkeit, auch später nochmals auf abgelehnte Bewerber zukommen zu können.
Betriebsklima wichtiger als Geld
Doch auch wenn eigener Nachwuchs ausgebildet wird, muss der Kfz-Betrieb einiges bieten, damit er die Mitarbeiter nach deren Ausbildung auch halten kann. So wollen junge Menschen vor allem neben einem fairen Gehalt eine Anerkennung ihrer Leistung in Form von Lob, Wertschätzung oder auch Gratifikationen und zusätzlichen nichtmonetären Anreizen. Daneben sind Fairness und ein respektvoller Umgang innerhalb des Betriebs, also die sogenannte Unternehmenskultur, für viele ein Grund, seinem Arbeitgeber treu zu bleiben. Auch das rechtzeitige in Aussichtstellen einer Festanstellung bereits während der Ausbildung ist essenziell dafür, dass sich Azubis nicht wegbewerben. Letztlich sind auch Karriereplanung und regelmäßige Schulungsmöglichkeiten Maßnahmen, gute Mitarbeiter an den Betrieb zu binden.