Kurzfassung
Mit dem Twindosing-Verfahren ist Volkswagen in der Lage, die Stickoxid-Emissionen des Diesels stark zu reduzieren. Auch Verbrauch und CO2-Ausstoß sind bei der neuen Motorengeneration deutlich niedriger.
Autohersteller Volkswagen hat 2015 den Abgasskandal losgetreten und somit den Diesel und eine gesamte Branche in Verruf gebracht. Nun meldet sich der Autohersteller mit einem ausgeklügelten Verfahren zur Stickoxid-Reduzierung zurück, die den Diesel retten könnte. Mit dem sogenannten "Twindosing" sind die Wolfsburger nun in der Lage, die strengen Grenzwerte der Euro 6d-Norm um ein Vielfaches zu unterbieten. Markus Köhne, Diesel-Chefentwickler bei Volkswagen, sieht im Selbstzünder noch eine Zukunft. "Der Diesel gehört zur Volkswagen-DNA. Wir sehen noch immer die Beliebtheit dieser Antriebstechnik bei unseren Kunden, und immerhin sind 70 Prozent aller verkauften Passat mit diesem Motor ausgerüstet", erklärt Köhne.
Reduziert auch den Verbrauch
Der Selbstzünder wird deshalb weiterentwickelt, besonders im Bereich der Abgasnachbehandlung. Genau hier setzt das neue Twindosing-Verfahren an, das bereits im neuen Golf VIII TDI und im Passat 2.0 TDI Evo (B8) zum Einsatz kommt. Beide Autos setzen auf die neueste Motorengeneration "E288 Evo", die nach und nach in sämtlichen Modellen des modularen Querbaukastens (MQB) eingeführt werden soll.
Dabei kommt ein Zweiliter-Selbstzünder zum Einsatz, der 150 PS (110 kW) leistet. Der neue Motor nutzt eine neue Technik, bei der zusätzliche Katalysatoren eingesetzt werden, um Abgaswerte und Verbrauch deutlich zu verringern. Im Golf erreicht der Motor nun einen im Vergleich zum Vorgängermodell um 17 Prozent geringeren Verbrauch (3,7 Liter) und einen CO2 -Ausstoß von 97 Gramm pro Kilometer nach der Messmethode NEFZ. Die realitätsnähere Messmethode WLTP kommt auf 119 Gramm.
Funktioniert auch unter Volllast
Um gleichzeitig den Ausstoß der schädlichen Stickoxide zu reduzieren, kam früher nur ein SCR-Katalysator zum Einsatz. ("Selective Catalytic Reduction"). Bei Twindosing wird die Harnstofflösung Ad-Blue nun gezielt vor zwei hintereinander angeordneten SCR-Katalysatoren eingespritzt.
Der erste SCR-Katalysator ist gemeinsam mit dem Rußpartikelfilter motornah hinter dem Oxidationskatalysator positioniert. Durch die Einbaulage und eine zusätzliche Heizmöglichkeit kann dieser Kat vor allem bei niedrigen Abgastemperaturen schon sehr effektiv NOX reduzieren. Der zweite SCR-Kat befindet sich im Fahrzeugunterboden. Durch den größeren Abstand zum Motor ist die Abgastemperatur vor dem zweiten Katalysator um bis zu 100 Grad Celsius niedriger. Dadurch erweitert sich das Fenster für die Abgasnachbehandlung: Auch bei motornahen Abgastemperaturen von über 500 Grad Celsius - solche hohen Temperaturen entstehen beispielsweise bei schnellen Autobahnfahrten, bei hohen Drehzahlen über einen längeren Zeitraum oder bei Bergfahrten, vor allem mit voll beladenen Fahrzeugen oder im Anhängerbetrieb - kann das Gesamtsystem noch sehr hohe Konvertierungsraten erreichen. Ein Sperr-Kat hinter dem SCR-System fängt zudem überschüssigen Ammoniak ein.
Weit unterhalb der Grenzwerte
Die NOX -Emissionen sollen sich dabei um bis zu 53 Prozent verringern. Bei Testfahrten über verschiedene Messstrecken im öffentlichen Verkehr ergaben sich Stickoxid-Werte von zwölf bis 19 Milligramm je Kilometer. Der EU-Grenzwert steht bei 80 Milligramm. Auch der im Katalog festgehaltene Verbrauchswert wurde bei diesen Testfahrten, die von dem unabhängigen Messinstitut Emission Analytics durchgeführt wurden, weitgehend bestätigt. Der Verbrauch von AdBlue soll wiederum nicht steigen, da der Einsatz von AdBlue mit Twindosing effizienter als bisher gelingen soll. Dennoch ist es fraglich, ob Twindosing aufgrund der Komplexität der Technik auch im Kleinwagenbereich Einzug hält. Hier wird der Diesel wahrscheinlich verschwinden.
Vorteile Twindosing
- Bessere Stickoxid-Reduktion über größeren Temperaturbereich
- Funktioniert auch unter Volllast und hohen Temperaturen
- Abgasnorm Euro 6d wird ohne Probleme erfüllt
Nachteile Twindosing
- Hohe Komplexität
- Bislang nur für VW Golf VIII und Passat erhältlich
- Ausgabe 07/08/2020 S.22 (160.0 KB, PDF)
D.Buschhorn