Kurzfassung
Die strengen Regularien der Euro-7-Norm stoßen bei Autoherstellern und Verbänden auf Widerstand. Kritisiert werden die ambitionierten Ziele und der knappe Zeitplan. Für Kleinwagen mit Verbrenner könnte es eng werden.
Am 1. Juli 2025 soll die neue Euro-7-Abgasnorm in Kraft treten. Die EU-Kommission sieht den Straßenverkehr als die größte Quelle für Luftverschmutzung in Städten an und möchte mit der neuen Norm eine bessere Luftqualität zum Schutz der Gesundheit der Bürger und der Umwelt gewährleisten. Obwohl noch nicht final, regt sich jetzt schon reichlich Widerstand gegen die Vorschläge für die Abgasnorm, die im November 2022 von der EU-Kommission vorgelegt wurden. Autohersteller, Verbände und auch Politiker kritisieren die ambitionierten Ziele und den engen Zeitplan. "Ingenieurskapazitäten für Euro 7 bereitzustellen, von denen wir nur noch kurze Zeit profitieren werden, sind unnötige Investments, die uns davon abhalten, unseren geplanten Weg mit voller Konzentration zu gehen", sagt beispielsweise der neue Opel-Chef Florian Huettl, der seit Juni 2022 die Geschicke des Autobauers lenkt und die Kapazitäten lieber für E-Autos einsetzen möchte.
Die Industrie fürchtet zudem eine deutliche Verteuerung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor, die am Markt nicht einfach durchzusetzen sind. "Wenn die Regelung dazu führt, dass beispielsweise ein Dieselmotor sehr viel teurer wird, dann könnte das Aus dieses Antriebs deutlich schneller erfolgen als bisher geplant. Ganz sicher wird es weniger Motorenvarianten geben als bisher", sagt Bosch-Chef Stefan Hartung, der zwar eine Verschärfung der Abgasnorm für richtig hält, diese aber technisch machbar sein müsse. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), sieht die Norm ebenfalls kritisch und bring es auf den Punkt: "Der Vorschlag der EU-Kommission setzt auf unrealistische Extremziele."
Neue Grenzwerte
Durch die Euro-7-Norm sollen die Stickoxidemissionen für Pkw und Transporter bis 2035 um 35 Prozent sinken, bei Bussen und Lkw um mehr als 50 Prozent. Konkret in Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Die Grenzwerte sollen sowohl für Benzin- als auch Dieselfahrzeuge auf 60 Milligramm pro Kilometer beschränkt werden. Das ist besonders für Dieselfahrzeuge schwierig, die bislang 80 Milligramm pro Kilometer ausstoßen durften. Beim Kohlenmonoxid ist eine Begrenzung auf 500 Milligramm pro Kilometer vorgesehen.
Auch das Messverfahren ändert sich: Die Grenzwerte sollen weiterhin im realen Fahrbetrieb (Real Driving Emmissions, kurz RDE) gemessen werden. Allerdings soll der Konformitätsfaktor, der Abweichungen zum gemessenen Prüfstandswert erlaubt, abgeschafft werden. Ein Teil der Randbedingungen ist auch noch nicht definiert, was es für Autohersteller schwierig macht, in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Unter Euro 7 müssen Verbrenner-Pkw die Grenzwerte zudem über zehn Jahre lang und über eine Strecke von 200.000 Kilometern einhalten - eine Verdoppelung zu den Anforderungen bisher.
Die Emissionsgrenzwerte für Euro 7 sollen künftig auch für alle Kraftfahrzeug-Typen gelten und zudem kraftstoff- und technologieneutral sein. Das heißt wiederum, dass auch Elektroautos künftig Grenzwerte einhalten müssen. Bei den Stromern gibt es zwar keinen Stickoxid- und Kohlenmonoxid-Ausstoß, jedoch werden Feinstaub und Mikroplastik ein Thema. Erstmals soll es zusätzliche Grenzwerte für Partikelemissionen von Bremsen und Regeln für Mikroplastikemissionen von Reifen geben. Als Grenzwerte für den Bremsstaub sind hier sieben Milligramm pro Kilometer ab 2025 und drei Milligramm pro Kilometer ab 2035 angepeilt. Gemessen werden soll das auf speziellen Komponenten-Prüfständen. Die Bremsenhersteller sind daher gefordert, entsprechende Produkte zu entwickeln, denn ohne spezielle Filtersysteme an den Bremsen oder speziell beschichtete Bremsscheiben wird es nicht gehen.
Hohe Kosten für Kleinwagen
Die Umsetzung der Euro-7-Regeln bedeutet auch für die Autobauer einen deutlichen Mehraufwand. Gerade Kleinwagen sind betroffen, denn damit sie die Euro-7-Norm erfüllen, müssen zusätzliche Komponenten wie eine Katalysatorheizung installiert werden. Das macht im Regelfall ein 48-Volt-Bordnetz und auch eine größere Batterie notwendig. Auch das Volumen der Katalysatoren, gerade bei Dieselfahrzeugen, muss vergrößert werden. Dirk Naber, Leiter Diesel und Abgas bei Bosch, rechnet gerade bei kleinen Autos mit Mehrkosten von bis zu 1.000 Euro, Volkswagen-COO Thomas Schäfer sogar mit Mehrkosten von 3.000 bis 5.000 Euro für Kleinwagen. Hier stellt sich dann die Frage der Wirtschaftlichkeit: Dem VW Polo könnte dann das Schicksal des Renault Twingo oder Ford Fiesta blühen, die bereits eingestellt wurden.
Europaparlament und EU-Staaten müssen den Vorschlägen zur neuen Euro-7-Norm noch zustimmen. Derzeit laufen hier noch die Verhandlungen. In einem nächsten Schritt müssen sich EU-Länder und das Parlament einigen, bevor die neuen Regeln in Kraft treten können. An dem Vorschlag der Kommission kann sich also theoretisch noch einiges ändern.
- Ausgabe 2/2023 Seite 22 (446.0 KB, PDF)