Welcher Kfz-Mechaniker, -Elektriker oder -Mechatroniker ist wirklich Car-Hi-Fi-Fachmann? Das Gebiet zählt zur Wechselstromtechnik, die in Berufsschulen nicht tiefgründig behandelt wird. Treffen Werkstattmitarbeiter mit solchem (unverschuldeten) Halbwissen auf Kunden, also Laien, die sich zuvor von ebenfalls halbwissenden Verkäufern haben "beraten" lassen, kann am Ende kein gutes Ergebnis stehen. Das gilt ebenso für den Fall, in dem das Internet den "beratenden" Verkäufer ersetzt. Manche Anbieter machen sich das zu Nutze. Mit diesem Artikel will asp Aufklärungsarbeit leisten.
Ein typisches Beispiel für Falschinformationen ist die Spannungsversorgung. Für teures Geld werden dicke Kabel als High-End-Leitungen angeboten, die den Hörgenuss deutlich verbessern sollen - angeblich handgefertigt und bezüglich Übertragungseigenschaften optimiert. In der Praxis lässt sich ein Klangbildunterschied zwischen solchen und Normalkabeln mit identischem Querschnitt nur im Labor feststellen. Auch Leistungsverlust durch Leitungen mit geringem Querschnitt wird oft zur Glaubensfrage. Beispiel: Aufgrund eines geringeren Kabelquerschnitts werden am Lautsprecher statt 500 nur 487 Watt umgesetzt, der Rest im Kabel, also in Wärme. Welcher Mensch kann bei 500 Watt Nennleistung 13 Watt Verlust wahrnehmen?
Ein beispielhaftes Kupferkabel mit 10 Quadratmillimeter Querschnitt besitzt einen Widerstand von 0,00179 Ohm pro Meter. Sind Hin- und Rückleitung jeweils 5 Meter lang, ergibt das, ohne Berücksichtigung von Übergangswiderständen (Kontaktstellen), einen Widerstand von etwa 0,0179 Ohm. Bei einem Spitzenstrom von 61 Ampere ergibt sich im gesamten Kabel ein Leistungsumsatz in Wärme von etwa 67 Watt. Bezieht man den Wirkungsgrad mit ein, würden am Lautsprecher 25 bis 30 Watt fehlen. Weil Otto Normalautofahrer nicht ständig mit voll aufgedrehtem Lautstärkeregler und 500 Watt Beschallung durch die Gegend fährt, reicht der Querschnitt aber aus. Mit anderen Worten: Die Verkabelung einer Car-Hi-Fi-Einheit muss keine speziellen Anforderungen erfüllen, solange sie im Kfz einsetz- und verlegbar ist. So genannte High-End-Kabel kann man sich sparen. Dennoch gibt es Kunden, die sie unbedingt haben und auch bezahlen wollen. Erweist sich ein Kunde diesbezüglich als beratungsresistent, sollte man ihm die teuren 20- oder 25-Quadratmillimeter-Kabel verkaufen, verbunden mit einem schriftlichen Rechnungsvermerk.
Lautsprecherkabel: 2 x 0,75 mm²
Falschinformationen betreffen auch die Lautsprecherkabel, die Verbindungen zwischen Endstufe und Lautsprecher. Wegen interner Spannungsanhebung der Car-Hi-Fi-Endstufe auf Werte von 30 bis 50 Volt fließen trotz hoher Leistungen nur geringe Ströme zum Lautsprecher. Je nach Leistungsaufnahme des Lautsprechers liegen die Maximalwerte meist im Bereich von 5 bis 10 Ampere, es sei denn, es handelt sich um Wettbewerbsanlagen mit mehreren Kilowatt. Insofern würde ein Kabel mit 2 x 0,75 Quadratmillimetern ausreichen. In der Werkstattpraxis werden meist Kabelquerschnitte von 1 bis 1,5 Quadratmillimetern eingesetzt. Bei einer 2 Meter langen Hin- und Rückleitung ergibt sich ein Gesamtwiderstand von etwa 0,05 Ohm, was bei einem maximalen Stromfluss von 10 Ampere einen Spannungsabfall von 0,5 Volt ergibt. Beträgt die Ausgangsspannung an der Endstufe beispielsweise 40 Volt bei rund 10 Ampere Stromstärke, ergeben sich Leistungsumsätze von etwa 395 Watt am Lautsprecher und 5 Watt am Kabel.
Parameter ohne hörbaren Einfluss
Interessant ist auch die Tatsache, dass an einen Basslautsprecher (Subwoofer) bis zu 4 Quadratmillimeter starke Kabel angeschlossen werden. Danach wird der Stromkreis mit Leitungen weitergeführt, die 0,75 bis 1 Quadratmillimeter messen. Der Sinn erschließt sich nicht.
Physikalisch und messtechnisch gesehen, gibt es tatsächlich geringe Unterschiede zwischen den Kabeltypen. Ein Lautsprecherkabel (Zwillingslitze) ist nicht nur ein Kabel, sondern ein Übertragungsmedium mit diversen elektrischen Parametern. Neben dem Widerstand pro Meter spielen Induktivität, Kapazität sowie Isoliermaterial, Geometrie und eventuelle Schirmung jeweils eine Rolle. Jeder einzelne Parameter kann das Kabel in seinen elektrischen Eigenschaften beeinflussen. Allerdings ist die Frage, ob diese Parameter auch akustisch wahrgenommen werden können.
Vermutlich von Marketingabteilungen wurde die Aussage kreiert, dass bestimmte Effekte, die in den Kabeln auftreten, die akustischen Eigenschaften einer Hi-Fi-Anlage beeinflussen. Beispielsweise der Skineffekt. Hersteller werben damit, dass sich die Litzenzahl eines Kabels entscheidend auf den Klang auswirkt. Als Begründung dient meist der so genannte Skineffekt. Er besagt, dass die Elektronen mit zunehmender Frequenz vom Inneren des Leiters nach außen verdrängt werden, was für den Stromfluss einen höheren Widerstand bedeutet. Der Effekt tritt erst ab einer Frequenz von etwa 3,4 Kilohertz auf und steigt bis etwa 20 Kilohertz um etwa 30 Prozent an. Konkretes Beispiel: Ein 5 Meter langes Kabel besitzt bis 3,4 Kilohertz einen Widerstand von 0,021 Ohm. Steigt die Frequenz bis auf 20 Kilohertz an, hat das Kabel einen Widerstand von 0,031 Ohm. Die damit einhergehenden Signalverluste betragen etwa 0,02 Dezibel, was vom menschlichen Ohr nicht wahrnehmbar ist. Wirklicher Hintergrund: Je mehr Litzen ein Kabel hat, umso billiger kann es gefertigt und mit mehr Gewinn verkauft werden. Ein echter Vorteil ist hingegen die bessere Verlegbarkeit solcher Kabel im Fahrzeug. Und nun die Richtigstellung: Tatsächlich ist es umgekehrt, ein Kabel mit dickeren Einzeldrähten wirkt sich positiv auf das Klangverhalten aus, was aber ebenfalls nur im Labor nachweisbar ist.
Bei allen Diskussionen um Milliohm bleibt seltsamerweise der Temperatureinfluss unberücksichtigt. Liebe Marketingexperten, auch daraus ließe sich ein Geschäft entwickeln. Bekannt ist, dass eine Temperaturerhöhung um 10 Grad Celsius im Kupferkabel eine Widerstandserhöhung von rund vier Prozent verursacht. 20 Grad Temperaturunterschied entsprechen also bereits 8 Prozent Widerstandsunterschied im Kabel. Tipp (nicht ernst gemeint): Kabel kühlen. Ernsthaft: Im Regelfall reicht Standardlitze, auch aus dem Baumarkt. Die kostet vielleicht nicht 100, sondern nur 10 Euro. Die Differenz kann man in Lautsprecher- und Steckerqualität investieren.
Abstimmung Verstärker/Lautsprecher
Obwohl gute einzelne Komponenten verbaut wurden, kann es passieren, dass das Gesamtsystem nicht den gewünschten Klangeffekt erreicht. Prinzipiell muss der gesamte Signalweg abgestimmt werden, wobei der Ausgang der Endstufe, die Signalübertragung über die Leitung und der angeschlossene Lautsprecher als eine Komponente anzusehen ist. In der Praxis werden oft Verstärker und Lautsprecher mit sehr unterschiedlichen elektrischen Eigenschaften kombiniert. Die grundsätzliche Frage lautet: Welche Lautsprecher für welche Verstärkerleistung?
Die Wattzahl des Lautsprechers gibt dessen Belastbarkeit an, nicht die Lautstärke. Für die Lautstärke ist vorwiegend der Wirkungsgrad des Lautsprechers verantwortlich. Zu unterscheiden ist zwischen zwei Werten: Nennleistung und kurzzeitige Spitzenleistung (Musikleistung). Meist schieben die Anbieter die Musikleistung in den Vordergrund, weil sie deutlich höhere Werte aufweist und somit als Verkaufsargument dient.
Die Nennleistung nach DIN wird mit einem Signal gemessen, das sich "rosa Rauschen" nennt. Im Gegensatz zur Sinusleistung besitzt das "rosa Rauschen" alle Frequenzanteile, nicht nur 1.000 Hertz wie bei der Sinusleistung. Neben der Nennleistung gibt es noch die RMS-Leistung, die noch aussagekräftiger ist. Dabei handelt es sich um eine Effektivleistung, die etwa 70 Prozent der Nennleistung beträgt. Das Kürzel stammt aus dem Englischen und steht für Root Mean Square (quadratischer Mittelwert). Hierzu sind unterschiedliche Meinungen zu hören. Einerseits soll die Nenn- oder RMS-Leistung des Verstärkers etwas höher liegen als die Nennleistung des Lautsprechers. Andererseits: umgekehrt. Beide Meinungen haben ihre Berechtigungen, abhängig von der jeweiligen Hörgewohnheit. Ist die verfügbare Leistung der Endstufe höher als die Belastbarkeit des Lautsprechers, hat das den Vorteil, dass die Endstufe bei voll geöffnetem Lautstärkeregler nicht so schnell ins so genannte Clipping kommt wie bei einer leistungsschwächeren Endstufe. Clipping bedeutet, dass aus einem Sinussignal durch die interne Begrenzung der Endstufe ein trapezförmiges Signal entsteht und somit ein Gleichspannungspegel zum Lautsprecher gelangt. Dieser Gleichspannungspegel überlastet den Lautsprecher bis zur Zerstörung. Signaländerung durch Clipping ist in der Regel hörbar durch verzerrten Klang, weshalb die Lautstärke vom Anwender recht schnell zurückgenommen wird. Ausgehend von einem durchschnittlichen Anwender, der den Lautstärkeregler nur bis etwa 80 Prozent aufdreht, können beide Kombinationen Verwendung finden.
Irreführende Leistungsangaben
Ein 100-Watt-Verstärker ist nur doppelt so laut wie ein 10-Watt-Verstärker und ein 1.000-Watt-Verstärker nur doppelt so laut wie ein 100-Watt-Verstärker. Auch kann ein 50-Watt-Lautsprecher lauter sein als ein 150-Watt-Lautsprecher. Ein Lautsprecher wandelt elektrische in akustische Leistung (Schalldruck) um. Der dabei auftretende Wirkungsgrad beträgt nur etwa 2 Prozent. Trotzdem spielt der Wirkungsgrad neben der zugeführten Verstärkerleistung eine wesentliche Rolle. Weil Anbieter keinen Wirkungsgrad angeben, muss er über den Kennschalldruck ermittelt werden. Das Datenblatt eines Lautsprechers mit 50 Watt Nennleistung gibt einen Kennschalldruck von 90 Dezibel pro Watt und Meter an. Werden dem Lautsprecher 20 Watt zugeführt, beträgt der Schalldruck in 1 Meter Entfernung etwa 103 Dezibel. Wird die gleiche Leistung einem Lautsprecher mit einem Kennschalldruck von 100 Dezibel pro Watt und Meter zugeführt, beträgt der Schalldruck in 1 Meter Entfernung etwa 113 Dezibel. Eine Erhöhung um 10 Dezibel bedeutet eine Verdoppelung der Lautstärke, und das bei nur 20 Watt.
Welche Lautsprecherkombination im individuellen Fall ein gutes Klangbild liefert, muss getestet werden. Oft lassen sich Klangverbesserungen durch den Einsatz von Dämmmatten in der Nähe der Lautsprecher erzielen. Auch mitschwingende Kunststoff- oder Blechteile lassen sich damit ruhig stellen.
Bassauslöschung durch Verpolung
Fehlen Bässe, können falsch angeschlossene Lautsprecher ursächlich sein. Meist ist der Plusanschluss rot markiert. Werden die Anschlüsse vertauscht, kann es zur Bassauslöschung kommen, denn die Lautsprecher arbeiten nun gegenphasig. Bei Lautsprechern ohne Markierung lässt sich die Polarität schnell herausfinden: eine 1,5-Volt-Batterie per Kabel kurz an die Lautsprecherklemmen antippen; bei richtiger Polarität wandert die Membrane des Lautsprechers nach außen.
Wie bereits angedeutet, sollte bei Steckanschlüssen nicht gespart werden. Qualitativ hochwertige Stecker zeichnen sich durch höhere Verarbeitungsqualität und eine größere Steckzyklenzahl aus. Gerade im Auto können Billigstecker zum Problem werden, verbunden mit langwieriger Fehlersuche. Allein durch qualitativ hochwertige Steckanschlüsse lassen sich bereits Klangverluste reduzieren.
Zum Thema Masseverbindung. Durch Alterung und Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit, wechselnde Temperaturen, Vibrationen etc.) können die Übergangswiderstände steigen, zumal man es bei der Karosserie als Leiter mit einer Vielzahl von Übergangswiderständen zu tun hat. Der steigende Widerstand ist im Anfangsstadium relativ gering und kaum erkennbar. Wird jedoch eine Soundanlage eingebaut, kann er in Erscheinung treten. Je nach Stromfluss fällt an den Übergangswiderständen die Spannung ab, die dem Verbraucher dann fehlt.
Keine Esoterik ist die richtige Ausführung von Massepunkten. Ideal wäre eine Verbindung zwischen Masseleitung und Karosserieblech durch Verlöten. Weil das in der Praxis nur mit erheblichem Aufwand und ungünstigen Randbedingungen durchführbar ist, wird meist eine Schraubverbindung vorgezogen, bei der der Kabelschuh der Masseleitung mit dem blanken Blech der Karosserie verbunden wird. Der elektrische Übergang erfolgt durch Flächenpressung zwischen Kabelschuh und Karosserieblech. Deshalb sind Fächerscheiben zwischen Karosserieblech und Kabelschuh zu vermeiden. Eine Fächerscheibe ist eine Verdrehsicherung, kein Kontaktverstärker. Im Gegenteil: Mit Fächerscheibe ergibt sich die elektrische Verbindung nur über deren Kanten, die übrige Fläche ist dann der Korrosion ausgesetzt.
Löt- oder Crimp-Verbindungen?
Kontrovers wird die Frage Löt- oder Crimp-Verbindung von Kabeln und Steckern diskutiert. Werden beide Verbindungstechniken korrekt ausgeführt, ergibt sich kein Unterschied bezüglich Langlebigkeit und Zuverlässigkeit. Ein Vorteil, den die Lötverbindung hat, ist eine größere Kontaktfläche am Übergang zwischen Litze und Stecker, realisiert durch auffüllendes Zinn. Somit ist der Übergangswiderstand etwas geringer als bei einer Crimp-Verbindung. Auch ein nachträgliches Verzinnen einer Crimp-Verbindung, sofern fachgerecht ausgeführt, ist möglich. Zum Teil weisen sogar originale Massekabel die Kombination beider Verbindungsarten auf. Crimpen ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn qualitativ hochwertige Leitungen, Steckverbinder und Werkzeuge verwendet werden.
Rückschau auf Teil 1
Preis und Leistung
Im ersten Teil des Artikels zum Thema Car-Hi-Fi, erschienen in Ausgabe 9/2014 auf den Seiten 16 bis 20, ging es u. a. um diese Punkte:- Zielgruppenunterteilung- Preis-Leistungs-Verhältnis von Ab-Werk-Lösungen- überteuerte Nachrüst-Komponenten- erforderliche Kabelquerschnitte- Tonqualität/Klangeinstellung
Nachtrag zu asp 11/2014
Fehlersuche? Elektrofachkraft!
Im Artikel "Nachtspeicherheizung" in asp 11/2014, Seite 20, ging es um ein Vorwärmsystem, das seine Energie aus der 230-Volt-Haushaltssteckdose bezieht. Weil auch diese Spannung zum Hochvoltbereich jenseits von 60 Volt Gleichspannung zählt, haben wir Hermann Heigl, Kfz-Meister, pensionierter Technischer Oberamtsrat des Gewerbeaufsichtsamts München-Land und heute mit Heigl Consulting (post@heiglconsulting.de) selbstständig, zum korrekten Umgang mit diesem System bei Nachrüstung sowie Fehlerdiagnose und -behebung befragt. Seine Antwort:"Sofern es sich um ein steckerfertiges System handelt, das nur in den Kühlmittelkreislauf des Fahrzeugs eingesetzt wird und keiner Verkabelung oder anderen elektrischen Installation bedarf, wenn also ausschließlich mechanische Tätigkeiten vorgenommen werden, ist für den Mechatroniker nur eine Einweisung erforderlich. Aus ihr muss hervorgehen, dass eben keine elektrotechnischen Arbeiten vorgenommen werden dürfen. In jedem Fall muss dem Vorwärmsystem ein Hinweis des Herstellers oder Importeurs beiliegen, der auf die Installationsart hinweist. Auch die Bedienungsanleitung des Herstellers oder Importeurs muss beiliegen und beachtet werden. Das ist wichtig, weil ein solches System 'bestimmungsgemäß' zu montieren und zu betreiben ist; der Begriff 'bestimmungsgemäß' verweist auf die Bedienungsanleitung. Liegt ein Defekt am Vorwärmsystem vor, darf nur eine Elektrofachkraft an dessen elektrischen Bauteilen tätig werden. Das gilt insbesondere für die Fehlersuche. Es gilt die Unfallverhütungsvorschrift BGV A3 'Elektrische Anlagen und Betriebsmittel'."
- Ausgabe 01/2015 Seite 10 (719.0 KB, PDF)