Kurzfassung
E-Fuels sind der Hoffnungsträger, um die bestehende Fahrzeugflotte CO2-neutral zu bekommen und den Verbrenner am Leben zu erhalten. Ihre Herstellung ist jedoch sehr energieintensiv und aufwendig.
Die Automobilhersteller und Zulieferer sind sich alles andere als einig, wenn es um die Zukunft der Mobilität geht. Während Volkswagen den Kurs streng auf die Elektromobilität gerichtet hat, plädiert BMW auf Technologieoffenheit. Und während Zulieferer ZF künftig keine Komponenten für reine Verbrenner mehr weiterentwickeln will, sehen Bosch und Mahle auch Wasserstoff und synthetisch hergestellte Kraftstoffe, auch E-Fuels gennannt, als wichtig an. "Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, kommen wir um E-Fuels nicht herum", sagt Stefan Hartung, Mitglied der Geschäftsführung bei Bosch. Nur mit synthetischen Kraftstoffen könne man die weltweit mehr als eine Milliarde Fahrzeuge, die bereits auf den Straßen fahren, klimafreundlich betreiben. Auch Mahle ist überzeugt, dass alternative Kraftstoffe aus regenerativen Quellen ein hohes Potenzial zur Reduzierung von verkehrsbedingten CO2 -Emissionen bieten.
Ineffiziente Herstellung
Spricht man von E-Fuels, sind damit im Gegensatz zu Bio-Kraftstoffen (s iehe Kasten auf S. 25) gasförmige oder flüssige Kraftstoffe gemeint, die komplett ohne fossile Rohstoffe, aber auch ohne die Nutzung nachwachsender Pflanzen oder anderer organischer Verbindungen hergestellt werden. Ausgangsstoff ist stattdessen das vorhandene Kohlendioxid (CO2 ) in der Atmosphäre, das mithilfe von Strom zu langen Kohlenstoffketten zusammengefügt wird, die denen von fossilen Mineralöl-Kraftstoffen ähneln. Weil beim Verbrennen nur so viel CO2 entsteht, wie bei der Herstellung verwendet wurde, ist der Öko-Sprit klimaneutral. Allerdings nur, wenn der bei der Synthetisierung verbrauchte Strom grün ist.
Die Herstellung von E-Fuels ist jedoch sehr energieaufwendig. Experten rechnen mit rund 20 Kilowattstunden Strom für die Herstellung von einem Liter E-Diesel. Selbst ein sparsamer Diesel-Pkw würde damit knapp 100 kW/h Energie auf 100 Kilometern verbrauchen. Das durchschnittliche E-Auto benötigt auf gleicher Strecke zehn bis 20 kW/h. Darüber hinaus ist die Produktion aufwendig und teuer: Aktuell würde ein Liter Diesel-Äquivalent nach Einschätzung des Bundesumweltministeriums an der Tankstelle mit 4,50 Euro netto zu Buche schlagen. Ob die Kosten im kommenden Jahrzehnt sinken, ist nach Einschätzung der Politik nur schwer abzusehen, denn bislang gibt es quasi keine Produktion. Lediglich Demonstrations- und Pilotanlagen sind bislang in Betrieb.
Für schwere Fahrzeuge ideal
Zudem wird auch die Umweltverträglichkeit infrage gestellt: E-Fuels helfen dem Klima, gefährden aber Luft, Gewässer und Böden. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) im Auftrag des Umwelt-Bundesamts (UBA). Die Wissenschaftler haben die Gesamt-CO2 - und
Schadstoffbilanz von synthetischen Power-to-X-Kraftstoffen (PtX) untersucht. Demnach lassen sich mit den PtX-Energieträgern Treibhausgase einsparen, aber selbst mit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen ist ihre Herstellung mit Umweltlasten verbunden. Der für die Synthese nötige Kohlenstoff muss als CO2
aus Abgasen, der Luft oder aus Biomasse gewonnen werden. Daraus resultieren Belastungen - von der Emission von Feinstaub über Überdüngung bis hin zur Versauerung von Böden und Gewässern. Zudem benötigt der Bau der Wind- und Fotovoltaikanlagen, der Synthese-Einrichtungen und der Transportinfrastruktur Rohstoffe und sorgt für weitere Emissionen in Luft und Wasser. Grundsätzlich hält die Bundesregierung strombasierte Kraftstoffe jedoch für sinnvoll und nötig, um den Verkehr bis 2050 emissionsfrei zu bekommen. E-Fuels sollen dabei aber weniger für Pkw, sondern vor allem dort eingesetzt werden, wo eine Elektrifizierung technisch nur schwer möglich ist. Etwa bei Flugzeugen, Schiffen oder Zügen. Den Verbrennungsmotor dauerhaft am Leben erhalten werden sie wahrscheinlich nicht.
Verschiedene Kraftstoffe im Vergleich
Es gibt unterschiedliche Bio- und synthetische Kraftstoffe, die einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten können:
- Biomass-to-Liquid
Hierbei wird Biomasse (beispielsweise Stroh oder Holzschnitzel) durch ein thermochemisches Verfahren zu Kraftstoff umgewandelt.
- Biogas
Biogas entsteht aus der Zersetzung von Mais, Stroh oder Gülle. Gereinigt kann es zu Bio-Methan aufbereitet und in CNG-Fahrzeugen getankt werden.
- Gas-to-Liquid
Aus Wasserstoff lässt sich ein synthetischer Kraftstoff herstellen, in dem es erst zu künstlichem Erdgas umgewandelt und dann verflüssigt wird.
- Bio-Diesel
Bio-Diesel lässt sich aus pflanzlichen Ölen oder tierischen Fetten herstellen, stammt aber meistens aus Rapsöl. Wird konventionellem Diesel beigemischt.
- Bio-Ethanol
Bio-Ethanol kann ebenfalls aus Biomasse hergestellt werden. Es wird Benzin beigemischt, besser auch als E5 oder E10 an der Tankstelle bekannt.
- Pflanzenöl
Ältere Dieselfahrzeuge lassen sich mit Pflanzenöl fahren, wenn das Kraftstoffsystem angepasst wird. Verbrennt sehr sauber, aber ethisch fragwürdig.
- Grüner Wasserstoff
Gilt als Zukunftskraftstoff neben der E-Mobilität, allerdings sind für die Produktion große Mengen regenerativer Energie notwendig.
- Ausgabe 11/2020 S.24 (151.6 KB, PDF)