Verbrennungsmotoren, egal ob Benziner, Diesel oder Gas-Triebwerke, funktionieren im Grunde alle nach dem gleichen Prinzip: Im Brennraum wird Kraftstoff entzündet und verbrannt. Damit das funktioniert, braucht der Motor Luft. Saugmotoren holen sich den nötigen Sauerstoff selbst, in dem der Kolben im Zylinder einen Unterdruck erzeugt und die Luft sprichwörtlich angesaugt wird. Der Ingenieur kann aber auch nachhelfen: Mit einer sogenannten Aufladung wird zusätzlich Luft in die Brennkammern gepresst. Das erlaubt bei gleich großen Motoren eine höhere Leistungsausbeute, oder den Einsatz kleinerer, sparsamerer Aggregate, ohne auf Power verzichten zu müssen – Stichwort: Downsizing.
Lange Zeit konkurrierten bei der Aufladung Turbolader und Kompressoren: Der Turbolader arbeitet mit zwei Schaufelrädern, eins wird vom sowieso vorhandenen Abgasstrom angetrieben, das andere schaufelt Luft in den Motor. Problem: Der Abgasturbolader, so der offizielle Name, kommt erst auf Touren, wenn der Motor schon einigermaßen gut läuft und entsprechend viele Abgase produziert. Davor tut sich das viel zitierte Turboloch auf, ein Drehzahlbereich, in dem nur wenig Kraft zur Verfügung steht. Dieses Problem kennen mechanische Kompressoren nicht, die statt von einer Abgasturbine direkt per Riementrieb von der Kurbelwelle angetrieben werden und auch bei niedrigen Drehzahlen ordentlich Druck machen können. Der Nachteil: Da sie Kraft vom Motor abgreifen, steigt der Spritverbrauch. Schließlich braucht es rund 5 bis 15 PS um Luft entsprechend zu verdichten.
Eine Lösung für das Turbo-Kompressor-Dilemma könnten die neuen, sogenannten elektrischen Verdichter sein. Die sehen aus wie kleine Turbolader, anstelle der Abgasturbine kommt aber ein Mini-Elektromotor zum Einsatz. Der treibt das Verdichterrad an, das schließlich die Luft in den Motor drückt. Aktuelle E-Verdichter bringe es auf bis zu 70.000 Umdrehungen pro Minute. Das ist zwar deutlich weniger als die bis zu 300.000 U/min eines Abgasturboladers, allerdings braucht der elektrische Lader nur Sekundenbruchteile, um in Fahrt zu kommen. Und der Elektro-Antrieb ist deutlich effizienter und günstiger als ein extra Riementrieb zur Kurbelwelle.
Derzeit wird die E-Verdichter-Technik vor allem bei starken Motoren eingesetzt, um dem Turboloch den Garaus zu machen und die Autos im niedrigen Drehzahlbereich noch stärker antreten zu lassen. Sobald der Motor schließlich genug Abgasdruck aufbaut, wird der elektrische Lader umgangen. Diese Modelle arbeiten bereits mit 48-Volt-Bordnetzen: Die höhere Spannung erlaubt auch den Einsatz stärkerer Elektromotoren in den Verdichtern. Allerdings arbeiten die Autobauer auch an Lösungen für klassische 12-Volt-Netze. Damit könnte der E-Verdichter in günstigeren Fahrzeugklassen, wo häufig auch kleinere Motoren zum Einsatz kommen, seinen Dienst verrichten. (SP-X)
Walter Dettinger