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Interview Nikolaus Mayerhofer: "Es tut sich nichts Bahnbrechendes"

20.02.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Nikolaus Mayerhofer
Nikolaus Mayerhofer ist Chief Technology Officer (CTO) bei der Aviloo GmbH in Wiener Neudorf.
© Foto: Aviloo

In regelmäßigen Abständen gibt es Ankündigungen zum neuen Wunderakku in Elektroautos. Warum die technischen Neuerungen in den nächsten Jahren nur klein ausfallen, hat uns Nikolaus Mayerhofer, CTO beim Batteriediagnose-Anbieter Aviloo, erklärt.

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Kurzfassung

Obwohl oft von Quantensprüngen in der Batterietechnik von E-Autos die Rede ist, sind die Fortschritte eher klein. Aviloo-CTO Nikolaus Mayerhofer hat uns im Interview erklärt, was demnächst an Neuerungen zu erwarten ist.

asp: Herr Mayerhofer, was sind die wichtigsten Batterietrends für E-Autos?

Nikolaus Mayerhofer: Das wichtigste Thema im Batteriemarkt wird dieses Jahr die Materialverfügbarkeit sein, denn wir haben aktuell mit Engpässen zu kämpfen. Aufgrund der heruntergefahrenen Produktion in den letzten drei Jahren sind die Lieferketten aus dem Tritt geraten. Es ist also fraglich, ob genügend Batterien für Elektroautos zur Verfügung stehen. Wir haben darüber hinaus mit einer Rekord-Inflation zu kämpfen. Bei den Rohstoffen für die Batterien sehe ich hingegen keine Engpässe.

asp: Das heißt, große technologische Fortschritte wird es erst mal nicht geben?

N. Mayerhofer: Ich glaube nicht, dass sich in den nächsten zehn Jahren bis auf kleine Verbesserungen irgendetwas Bahnbrechendes für den Endkunden im Bereich Batterietechnik tun wird. Denn die Autohersteller haben ihre Produktionslinien für die jetzige Batterietechnologie aufgestellt und wollen diese erst mal auslasten. Hier sind nur kleine Änderungen bei der Materialauswahl möglich. Der Trend ist momentan, dass weniger Kobalt in den Batteriezellen verbaut wird. Das hat jedoch Auswirkungen auf die Batteriealterung, Schnellladefähigkeit und auch die Qualität. Meine Hoffnung ist es, dass die Hersteller hier Maßnahmen finden, damit die Qualität weiter erhalten bleibt oder sogar gesteigert wird.

asp: Wann rechnen Sie mit einer Markteinführung von Feststoffbatterien?

N. Mayerhofer: Ich rechne mit der Einführung der Feststoffbatterie frühestens in zehn, wahrscheinlich eher in 20 Jahren. Bei der jetzigen Lithium-Ionen-Technologie hat es auch Jahrzehnte gedauert, bis sie im Hochvoltbereich zum Einsatz kam. Feststoffbatterien sind noch in der Laborphase. Bis sie marktreif sind, vergeht noch Zeit. Und dann müssen die ganzen Zertifizierungs- und Brandtests bestanden werden, was nochmals Jahre in Anspruch nimmt. Ich finde es aber gut, dass die Technik entwickelt wird, denn sie ist sehr vielversprechend.

asp: Tesla setzt in China vermehrt auf die Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Was halten Sie von dieser Technologie?

N. Mayerhofer: Sehr viel, denn Lithium-Eisenphosphat ist eine sehr robuste Lithium-Batterietechnologie, die weniger brandanfällig als die Lithium-Ionen-Technologie ist. Sie ist außerdem günstiger und leichter herzustellen. Der größte Vorteil von Lithium-Eisenphosphat ist jedoch die hohe Zyklenfestigkeit, die um den Faktor drei höher als bei Lithium-Ionen-Batterien ist. Damit kann man mit Standard-Fahrweise eine Million oder sogar zwei Millionen Kilometer schaffen. Das ist ein großer Vorteil für Fahrzeuge wie Busse oder Zustellfahrzeuge, bei denen eine hohe Zyklenzahl gefordert wird. Außerdem ist die Schnellladefähigkeit gerade bei besonders hohen und niedrigen Temperaturen viel besser als bei Lithium-Ionen-Batterien. Selbst bei 85 oder 0 Grad Temperatur lässt sich noch Energie entnehmen und schnell laden. Lithium-Ionen-Batterien sind da gar nicht mehr einsatzfähig.

asp: Das hört sich nach dem nächsten gro­ßen Wurf an. Warum ist die Verbreitung dann so gering?

N. Mayerhofer: Es gibt natürlich auch Nachteile. Die Energiedichte der Lithium-Eisenphosphat-Batterien ist 30 bis 40 Prozent niedriger als bei Lithium-Ionen-Batterien, man benötigt daher mehr Material für die Herstellung. Die Batterien sind zudem bei gleicher Energiemenge größer im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien, was das Gewicht eines Elektroautos weiter in die Höhe schraubt. Ein weiterer Nachteil der Technik ist die schwierige Messung des Ladezustands bei diesen Batterien. Bei herkömmlichen Li­thium-Ionen-Batterien fällt die Spannung konstant je nach Ladezustand. Bei Lithium-Eisenphosphat-Batterien ist die Spannungskurve ganz flach, der Unterschied der Spannung zwischen 90 oder zehn Prozent Batterie-Restkapazität ist nicht vorhanden. Das bringt die Batterie-Managementsysteme der Autos durcheinander, die auf die Spannung als Messwert für die Restkapazität angewiesen sind. Fahrzeuge mit Lithium-Eisenphosphat-Batterien sollten deshalb öfters voll aufgeladen werden, damit das Batterie-Managementsystem neu kalibriert wird. Das ist zwar ein Nachteil für die Lebensdauer der Batterie, aber notwendig für das Batteriemanagement.


"Ich rechne mit der Einführung der Feststoffbatterie in frühestens zehn, eher 20 Jahren."

Nikolaus Mayerhofer, Aviloo


asp: Geht der Trend in E-Autos in Zukunft eher zu größeren oder kleineren Batterien?

N. Mayerhofer: Um mit einem E-Auto schnell von A nach B zu kommen, ist eine größere Batterie mit mehr Energie der Schlüssel zum Glück, weil es weniger Ladestopps bedeutet und der Fahrkomfort dadurch merklich steigt. Ich bin davon überzeugt, dass in Zukunft mehr Autos mit großen Batterien auf den Markt kommen werden, gerade im hochpreisigen Segment. Bei Limousinen und SUV sehe ich einen Trend hin zu 140 bis 150 Kilowattstunden Kapazität. Aber auch bei kleinen Fahrzeugen müssen die Batteriekapazitäten größer werden. Denn die Nachfrage nach günstigen Elektroautos wird in Zeiten hoher Inflation ansteigen.

asp: Eine große Batterie braucht aber im Regelfall länger zum Laden. Kann hier die 800-Volt-Technologie helfen?

N. Mayerhofer: Die Umstellung auf 800 Volt hat auf die Ladegeschwindigkeit keine Auswirkungen, wenn sich die Ladeleistung nicht erhöht. Die Batterien für 800 Volt auszulegen, ist trotzdem eine sehr gute Idee, denn man kann mit weniger Leitungsquerschnitt arbeiten und aufgrund der geringeren benötigten Stromstärke die Leitungen kürzer ausführen, spart sich also Material und Gewicht. Es entstehen zudem weniger Verluste. Denn eine doppelte Spannung bedeutet ein Viertel der Verlustleistung. Ich gehe davon aus, dass sich die 800-Volt-Technologie langfristig durchsetzen wird, besonders in Lkw.

asp: Was gibt es für Neuerungen beim Batterie-Test von Aviloo?

N. Mayerhofer: Wir werden den Ablauf für den Premium-Test mit der Aviloo-Box verbessern, der nun vollautomatisch starten soll. Bislang musste immer noch der Startknopf für die Messung gedrückt werden, wenn die Batterie zu 100 Prozent geladen war. Bald muss der Anwender nur noch die Box anstecken und der Test startet automatisch, wenn 100 Prozent Batterie-Ladezustand erreicht sind. Nachdem der Akku auf zehn Prozent Restkapazität entleert ist, bekommt der Anwender anschließend eine Mitteilung, dass der Test beendet ist. Wir wollen zudem unser Test-Zertifikat mit der State-of-Health(SoH)-Berechnung, das wir nach dem Test aushändigen, mit zusätzlichen Informationen ergänzen. Dank unserer umfangreichen Statistik werden wir eine Vergleichswertung für die Batterie einführen. Der Nutzer kann dann mithilfe einer Grafik auf einen Blick erkennen, wie seine Batterie im Vergleich zum Durchschnitt abschneidet. So kann der Wert der Batterie viel genauer erfasst werden. Diese Neuerung wollen wir im letzten Quartal 2023 einführen.

asp: Sind SoH-Tests der Batterie nicht bald überflüssig, wenn sich die Anzeige der Batterie-Gesundheit im Auto durchsetzt?

N. Mayerhofer: Da mache ich mir keine Sorgen, denn unsere Tests zeigen den tatsächlichen Gesundheitszustand unabhängig an. Mit zum Teil bis zu 20 Prozent oder mehr Differenz schwankt die Anzeige des SoH-Werts im Vergleich zu unseren ­Messwerten, wenn die Batterie vom Autohersteller gemessen wird. Das ist stark abhängig von Temperatur, Entladerate oder der Fahrweise. Hier hat der Fahrzeughersteller viel Spielraum, da es keine Richtlinien für die Messung gibt. Auch wenn die Autohersteller dazu verpflichtet werden, die Berechnung transparent zu machen, wird es weiterhin wichtig sein, den SoH unabhängig zu ermitteln.

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