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Bilstein-Interview: "Keine E-Auto-Dämpfer geplant"

23.08.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
Silbernes Mercedes EQE SUV in München im Schlachthof schraeg von vorn fotografiert,
Belasten schwere E-Autos das Fahrwerk?
© Foto: Michael Blumenstein

Machen sich die schweren Lasten schwerer E-Autos am Fahrwerk bemerkbar? Dirk Haney, Fahrversuchs-Ingenieur bei Bilstein, beruhigt und hat uns erklärt, wie die Dämpfer-Spezialisten von Bilstein mit den hohen Gewichten umgehen.

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asp: Herr Haney, Elektroautos sind oft sehr schwer und wiegen bis zu 3,5 Tonnen. Was hat das für Auswirkungen auf das Fahrwerk?

Dirk Haney: Je schwerer das Auto ist, desto höhere Anforderungen werden an den Stoßdämpfer gestellt. Es müssen höhere Dämpfungskräfte verarbeitet werden. Verstellbare Stoßdämpfer müssen auch eine höhere Spreizung haben, sprich von einer sehr hohen bis zu einer geringen Dämpfkraft funktionieren. Durch die hohen Lasten müssen die Stoßdämpfer auch stabiler aufgebaut sein. Die Dämpfer und die Dämpferregelung müssen aber nicht nur hohe Kräfte vertragen können, sondern auch leise arbeiten, denn bei einem E-Auto ist auch das Geräuschverhalten des Dämpfers entscheidend, da die Motor- und Antriebsgeräusche potenzielle Geräusche im Fahrwerk nicht mehr kaschieren. Wir müssen dann genau schauen, wie die Ventile geschaltet werden müssen. Auch das Federscheibenpaket im Stoßdämpfer ist wichtig, damit keinerlei Geräusche über die Kolbenstange oder das Stützlager in den Fahrgastraum gelangen.

asp: Was für Herausforderungen bringt das für Bilstein?

D. Haney: Ist im E-Auto ein passiver Dämpfer mit einer Kennlinie verbaut, muss dieser alle Anforderungen in Sachen Komfort oder Sportlichkeit erfüllen. Je nach Fahrzeugklasse kommen auch semiaktive Fahrwerke zum Einsatz, die sich in der Kennlinie verändern lassen. Bei großen E-Autos und SUV jenseits der Drei-Tonnen-Grenze ist das jedoch eine Herausforderung. Das Gewicht sorgt einerseits für mehr Verschleiß. Dämpferrohr und Gabel müssen in Sachen Wandstärke und Geometrie optimiert werden. Das bringt das Material näher an die Grenze der Materialbelastbarkeit. Wir müssen aber auch höhere Dämpfkräfte aufbringen, um die Massen unter Kontrolle zu halten. In Zugstufenrichtung können wir große Kräfte bereitstellen, acht bis zehn Kilonewton sind überhaupt kein Problem. Bei der Druckstufe sind wir eingeschränkter, weil sie über den Gasdruck, ein Bodenventil oder eine Kombination aus beidem abgestützt werden muss. Das sind physikalische Grenzen, die in höherklassigen Fahrzeugen gegebenenfalls auch durch neue Dämpferkonzepte überwunden werden müssen.

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Dirk Haney
Dirk Haney ist Fahrversuchs-Ingenieur bei Bilstein in Ennepetal.
© Foto: Bilstein

asp: Sehen Sie durch die Zunahme an E-Autos mehr Verschleiß am Fahrwerk?

D. Haney: Die Dämpfer halten schon, jedoch nähert man sich den Grenzen der Belastbarkeit weiter an. Die Produkte werden hinsichtlich der Dauerhaltbarkeit bei den erhöhten Lasten getestet. Von unseren Werkstattpartnern haben wir auch keine Rückmeldung, dass die Dämpfer in schweren E-Autos schneller verschleißen. Hier gibt es ehrlicherweise noch keine Langzeit­erfahrungen, da die Fahrzeuge größtenteils noch nicht im IAM angekommen sind, sondern noch in Vertragswerkstätten repariert werden. Deshalb sehen wir zurzeit noch nicht, dass wir Stoßdämpfer für E-Fahrzeuge in höheren Stückzahlen verkaufen.

asp: Was für Dämpfer-Produkte bieten Sie speziell für schwere E-Autos an?

D. Haney: Momentan arbeiten wir mit unserem normalen Portfolio weiter, es sind keine speziellen Dämpfer für E-Autos geplant. Wir haben aber in der Erstausrüstung Dämpfer, die sich für schwere Fahrzeuge besonders gut eignen. Der Damp-Tronic-Sky-HC-Dämpfer ist in der Lage, bis zu elf Kilonewton an Druckkräften bereitzustellen, um schwere Autos dämpfen zu können. Bei Fahrzeugen wie dem Dodge RAM TRX, bei dem wir in der Erstausrüstung sind, muss beispielsweise auch ein Sprung im Gelände möglich sein, ohne dass der Dämpfer durchschlägt. Da kommt man an einem 3,5-Tonnen-Fahrzeug schon an Grenzen. Da reicht ein Gummielement oder ein Schaumelement als Zusatzfeder oder Endanschlag nicht mehr aus. Hier müssen Zusatzelemente im Dämpfer installiert werden, die nur auf den letzten Millimetern des Dämpferweges hohe Kräfte erzeugen, um die Bewegung einzugrenzen.

asp: Für welche Fahrzeuge liefern Sie Dämpfer in der Erstausrüstung?

D. Haney: Bei allen großen OEM in Deutschland und Europa sind wir mit unseren Dämpfern und einer Luftfederung in der Erstausrüstung, aber auch beispielsweise im Tesla Model S oder Model X. In Europa, Asien, USA und Japan haben wir einen sehr guten Ruf, hier ist die Marke Bilstein sehr beliebt. Auch China ist gerade sehr wichtig für uns, hier konnten wir Aufträge gewinnen.

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