Automobilzulieferer Magna gehört zu den Großen der Branche und stellt nicht nur einzelne Komponenten und Systeme für Autos her, sondern produziert sogar komplette Fahrzeuge für OEM, beispielsweise die Mercedes-Benz G-Klasse oder den Mini Countryman. Dank eines breiten Produktportfolios und großer Erfahrung ist Magna zukünftig für den Wandel in der Automobilbranche bestens gerüstet.
Ende Juni lud der Zulieferer zu einem Besuch des Standortes in das unterfränkische Sailauf ein, um über die neuesten Produkte zu informieren. Magna entwickelt dort unter anderem Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme, Innen- und Außenspiegel, Türgriffsysteme, Türschlösser, Fensterheber, Cockpits, Autositze, Stoßfänger sowie Blechteile wie Kotflügel und Fahrzeugstrukturen. Neben der Verwaltung befindet sich dort auch die "Advanced Car Technology Systems GmbH"(ACTS), ein Sicherheitszentrum von Magna, das umfangreiche Crashtests durchführen kann. Nach Besichtigung der Anlage in Sailauf bestand auf dem ADAC-Fahrsicherheitszentrum Rhein-Main in Gründau die Möglichkeit, die neuesten Technologien live zu erfahren.
Ganzheitliche Lösungen
Gerd Brusius, Vice President Sales & Marketing für Magna in Europa, erklärte, wie der Zulieferer kontinuierlich in Innovationen investiert, um seine Vorreiterrolle auf dem Markt zu behaupten. "Mit innovativen Ideen und erstklassiger Produktion konnte sich Magna als einer der führenden Automobilzulieferer in der Branche etablieren. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten, um unseren Kunden auch in Zukunft den größtmöglichen Mehrwert zu bieten", erklärt der Vice President. Zwischen 2016 und 2018 möchte der Zulieferer weltweit an der Markteinführung von insgesamt 285 Fahrzeugtypen beteiligt sein. Das entspricht in der Summe 66 Prozent aller Branchenneuheiten in diesem Zeitraum. Auch Magna ist sich bewusst, dass das Automobil in Zukunft mehr als ein bloßes Transportmittel sein wird. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit soll deshalb in den nächsten 25 Jahren von den globalen Megatrends wie Elektromobilität, Vernetzung oder dem autonomen Fahren bestimmt werden. Fahrzeuge sollen ganzheitlich betrachtet und Lösungen entwickelt werden, die intelligenter, sauberer, sicherer und leichter sind, aber gleichzeitig für die Kunden erschwinglich bleiben.
In Zukunft smartere Autos
Leichtbau leistet einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen. Magna setzt im Autobau beispielsweise auf Druckguss-Bauteile für Fahrwerk und Karosserie, Motorhauben aus Kohlefaser oder aktive aerodynamische Systeme für geringeren Fahrwiderstand. Am Beispiel eines Ford Focus zeigte das Unternehmen auf, wie sich 23 Prozent Gewicht nur durch den Einsatz von Leichtbaumaterialien sparen lassen.
"Smarte" Technologien sollen dem Konsumenten zudem hinsichtlich Komfort und Connectivity zu einem besseren Fahrerlebnis verhelfen. Eine Möglichkeit besteht darin, mechanische durch elektronische Komponenten zu ersetzen. Ein Beispiel präsentierte der Zulieferer mit der Seitentürverriegelung "SmartLatch", die zu 100 Prozent elektronisch arbeitet und dabei vollständig ohne Kabel, Leisten und bewegliche Handgriffe auskommt. Das System kam erstmals im BMW i8 zum Einsatz. Automobilhersteller profitieren durch SmartLatch auch von einer Gewichtsersparnis im Vergleich zu mechanischen Türverriegelungen. Zusätzlich soll auch die Sicherheit erhöht werden.
Eine deutliche Spritersparnis bei Allradfahrzeugen bietet das AWD-System "Flex4", das Magna in zwei Versuchsfahrzeugen (Hyundai Tucson und BMW X3) präsentierte. Normale Allradsysteme machen ein Fahrzeug nicht nur schwer, sondern bringen auch Schleppverluste mit sich, da sämtliche Teile des Antriebs ständig in Bewegung sind. Das Flex4-System von Magna verfügt über eine Lamellenkupplung, die vor dem Vorderachsabtrieb der Kardanwelle den restlichen Antriebsstrang nach hinten abtrennt (beim BMW X3 geschieht das umgekehrt). Achsdifferenzial und Kardanwelle stehen während der Fahrt mit Zweiradantrieb still und sorgen dabei für weniger Reibung. Bei Bedarf können sie sich jedoch innerhalb von Millisekunden wieder aktivieren, ohne dass der Fahrer davon etwas mitbekommt.
Gänzlich ohne konventionellen Kraftstoff kommt ein umgebauter Mercedes-Vito-Transporter aus, den Magna zur Testfahrt bereitstellte. Anstelle eines Verbrennungsmotors ist der Vito mit Brennstoffzelle und Elektroantrieb an allen vier Rädern ausgestattet. Die Brennstoffzelle stammt aus einer Kooperation mit Hersteller Proton Motor Fuel Cell. Das Fahrzeug kann an üblichen Wasserstofftankstellen betankt werden. Um dem hohen Druck der Wasserstoff-Betankung standzuhalten, sind die Wasserstoff-Tanks im Kofferraum mit Kohlefaser umwickelt und sollen laut Magna auch Unfälle ohne Schäden überstehen können. Die Technik ist serienreif und kann auf Wunsch für OEMs geliefert werden.
Eine fortschrittliche Technologie zur aktiven Sicherheit zeigte Magna mit dem Assistenzsystem "Eyeris", das in einem Cadillac-SRX-Versuchswagen verbaut wurde. Das System nutzt eine hochauflösende Frontkamera, die gemeinsam mit dem Fahrzeugradar Funktionen wie Spurhaltung, automatische Fernlichtschaltung, automatische Notbremsung, adaptive Geschwindigkeitsregelung und Ähnliches regelt. Besonders beeindruckend zeigte sich das automatische Notbremssystem im Test, das bis zu einer Geschwindigkeit von über 50 Kilometer pro Stunde zuverlässig funktionierte und das Fahrzeuge in wenigen Metern vor einem Hindernis zum Stehen brachte.
Kurzfassung
Automobilzulieferer Magna präsentierte in Sailauf Neuheiten wie einen spritsparenderen Allrad-Antrieb, einen fortschrittlichen Notbrems-Assistent und ein Wasserstoff-Fahrzeug. Auch Leichtbau-Lösungen und ein Schließsystem wurden gezeigt.
- Ausgabe 07/08/2016 Seite 32 (342.4 KB, PDF)