Von Michael Gebhardt/sp-x
Kurz nach der Erfindung des Automobils vor nunmehr rund 130 Jahren haben findige Ingenieure bereits einmal mit dem Elektroantrieb experimentiert. Recht schnell allerdings setzte sich der Verbrennungsmotor durch, und konnte seine Stellung ein gutes Jahrhundert lang verteidigen. Die Frage, die sich Kunden im Autohaus seither hauptsächlich stellen müssen, ist nur, ob es ein Benziner oder Diesel sein darf.
Verschwinden werden Ottomotor und Selbstzünder auch in naher Zukunft nicht, doch stehen den Kunden immer mehr neue Antriebsoptionen zur Wahl, von denen je nach Einsatzzweck die eine oder andere besser geeignet ist. Mercedes-Benz hat jetzt vorgestellt, welche Möglichkeiten den Daimler-Kunden zukünftig offenstehen sollen. Fakt ist, dass heute rund 99 Prozent aller Mercedes-Fahrer mit einem Verbrennungsmotor unter der Haube unterwegs sind. Da sich diese Quote in absehbarer Zeit nicht drastisch ändern wird, haben sich die Stuttgarter ins Lastenheft geschrieben, ihre Benziner und Diesel noch effizienter zu machen, damit sie noch weniger Schadstoffe ausstoßen.
Den Startschuss dafür gab der neue Vierzylinder-Diesel im E 220d, der mit 3,9 Liter Normverbrauch ausgesprochen knausrig mit dem Treibstoff umgeht – er soll zu einer kompletten Motorenfamilie anwachsen. Im nächsten Schritt plant Mercedes die weitergehende Elektrifizierung der Verbrenner, 48-Volt-Bordnetz heißt das Schlagwort. In Verbindung mit neuen Starter-Generatoren erhalten so auch herkömmliche Motoren, ohne aufwändige und teurere Hybridtechnik, die Möglichkeit, Energie beim Bremsen zurück zu gewinnen, beim Beschleunigen einen kleinen Elektro-Boost zu nutzen und rein elektrisch anzufahren. Zusätzlich sollen die beim Diesel schon längst gängigen Partikelfilter bereits ab 2017 auch beim Benziner für weiter reduzierte Feinstaubemissionen sorgen.
E-Antrieb für die Kurzstrecke
Einen Schritt weiter gehen die Plug-in-Hybride, die ihre Batterie an der Steckdose aufladen können und schon heute rund 30 Kilometer elektrische Reichweite erlauben. Mit der S-Klasse-Modellpflege im Jahr 2017 will Daimler die mögliche Stromer-Strecke auf 50 Kilometer anheben. Dass in Kombination mit dem E-Antrieb für die Kurzstrecke natürlich auch die neueste Generation von Verbrennern zum Einsatz kommt, versteht sich von selbst, und immer intelligentere Betriebsstrategien helfen zusätzlich, die Emissionen zu reduzieren: Die Software versucht, zu jedem Zeitpunkt die bestmögliche Antriebskombination aus Stromer und Verbrenner zu finden. Aktuell hat Daimler schon C-, E und S-Klasse sowie GLC und GLE an die Steckdose gebeten, weitere Modelle sollen bald folgen.
Und natürlich wird es auch immer mehr Modelle geben, die auf den Benziner oder Diesel gänzlich verzichten. Noch in diesem Jahr legt Mercedes die neueste Generation des Elektro-Smarts auf – als Zweitürer und als Viertürer – und auf dem Pariser Autosalon wollen die Stuttgarter im Herbst die Studie eines komplett neuen Elektromodells zeigen. Basis dafür ist ein neuer Baukasten, auf dem zukünftig viele weitere Stromer aufbauen werden. Die versprochene Reichweite: bis zu 500 Kilometer. Damit dürfte das E-Mobil für deutlich mehr Kunden zur Alternative werden. Allerdings wird das Laden der Akkus auch in Zukunft nicht so schnell gehen, wie das Tanken heutzutage. Zumindest komfortabler aber soll es werden, denn – Induktion sei Dank – reicht es bald, den Wagen über einer in den Boden eingelassenen Platte zu parken.
GLC F-Cell geht 2017 in Serie
Apropos Tanken: Zu den bekannten Zapfsäulen sollen sich in naher Zukunft nun doch endlich auch ein paar Wasserstoff-Tankmöglichkeiten gesellen. 400 sind angedacht. Das ist auch dringend nötig, denn das Thema Brennstoffzelle wird sonst weiterhin nicht in Fahrt kommen. Seit 20 Jahren schon arbeitet Daimler an der Technik, die aus Wasserstoff Strom macht, mit dem GLC F-Cell soll sie nun 2017 endgültig in Serie gehen. Doch das SUV kann noch mehr: Daimler plant, den GLC als Brennstoffzellen-Plug-in-Hybrid auszulegen. Auf der Kurzstrecke bezieht der Benz den zum Fahren benötigten Strom aus seiner 9-kWh-Batterie und lässt den Wasserstofftank unberührt. Der wird nämlich auf der Langstrecke gebraucht, und kann bei Bedarf in rund drei Minuten wieder aufgefüllt werden.
Um die für die fortschreitend Elektrifizierung – sei es im 48-Volt-Bereich, in den Plug-in-Hybriden oder den reinen E-Autos – nötigen Akkus vorzuhalten, investiert Daimler in den kommenden Jahren nicht nur über 14 Milliarden Euro in die Fahrzeugentwicklung, sondern auch 500 Millionen Euro in sein Batteriewerk im sächsischen Kamenz. Ob sich die Investitionen lohnen, entscheiden allerdings am Ende die Kunden. Die haben künftig die Qual der Wahl.