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Positive Schwingungen

19.07.2019 11:00 Uhr
Positive Schwingungen

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Der Schwingungsdämpfer, landläufig als Stoßdämpfer bezeichnet, zählt zu den am meisten belasteten Teilen eines Fahrwerks. Er ist nicht nur für den Fahrkomfort, sondern auch für die Fahrsicherheit verantwortlich, denn er sorgt für permanenten Bodenkontakt des Rades. Doch mit zunehmendem Alter und steigender Fahrleistung nehmen Verschleiß und Defekte zu. Auswertungen des ZDK, bei denen rund 12.500 Stoßdämpfer getestet wurden, ergeben eine durchschnittliche Defektrate von 14,4 Prozent, wobei Schäden bereits bei 7,6 Prozent der Fahrzeuge bis 50.000 Kilometer Laufleistung vorlagen. Ab 150.000 Kilometern steigt die Defektrate mit knapp 24 Prozent deutlich an.

Erhebungen des Fahrwerkspezialisten Bilstein ergeben außerdem, dass zwar jährlich vier Prozent aller Autofahrer Stoßdämpfer an ihrem Fahrzeug wechseln lassen, allerdings 15 Prozent aller Autos mindestens einen defekten Stoßdämpfer haben. Auch wenn der freie Markt einen Anteil von rund 60 Prozent am Ersatzgeschäft für Stoßdämpfer hat, das entspricht rund 2,5 Millionen Stück pro Jahr, wird also viel Marktpotential verschenkt. Rainer Popiol, Leiter der Bilstein Academy, erklärt dazu: "Das Problem ist, dass sich der Verschleiß der Dämpfer nur schleichend einstellt und der Autofahrer durch den Gewöhnungseffekt das nicht merkt."

Auf den ersten Blick

Es liegt somit in der Hand der Werkstätten, das Marktpotenzial des Stoßdämpfergeschäftes auszuschöpfen. "Die Werkstatt sollte im Idealfall bei jedem Fahrzeug, zumindest aber im Rahmen der Dialogannahme oder des Räderwechsels, eine Sichtprüfung durchführen. Das geht schnell und ohne großen Aufwand", empfiehlt Popiol. So lassen sich Ölverlust, gebrochene Federn, gelöste elektrische Verbindungen bei elektronisch geregelten Dämpfern oder defekte Druckanschläge per Augenschein feststellen. Ein eindeutiges Indiz für nicht korrekt arbeitende Dämpfer sind auch Reifen mit ungleichmäßigem Reifenverschleiß und Profil-Auswaschungen. Darüber hinaus empfiehlt Popiol auch, im Rahmen einer Probefahrt auf Geräusche aus dem Fahrwerk, die Spursicherheit sowie das Brems- und Einlenkverhalten zu achten. Exakte Aussagen über den Zustand der Dämpfer sowie der gesamten Fahrwerk-Peripherie lassen sich indes nur durch einen Fahrwerk-Check auf dem Prüfstand treffen. "Viele Werkstätten verfügen über einen Fahrwerk-Tester. Falls nicht, stellen wir über den Großhandel auch gerne unsere mobilen Fahrwerk-Tester zur Verfügung", so Popiol.

Wie so oft sieht der Autofahrer zunächst nur die Kosten, die durch einen Dämpferwechsel entstehen, macht sich aber keine Gedanken über mögliche Folgen. Hier sollte die Werkstatt mit entsprechender Argumentation vorgehen. Der Einfluss defekter Dämpfer und der daraus resultierenden mangelnden Bodenhaftung auf die Fahrsicherheit ist ein Aspekt. Verlängerte Bremswege vor allem mit ABS, erhöhte Schleudergefahr, früheres Aquaplaning und verminderte ESP-Wirkung steigern das Unfallrisiko. Vermehrte Aufbaubewegungen führen außerdem zu Blendungen des Gegenverkehrs. Das vielleicht zugkräftigere Argument sind aber die möglichen Folgekosten. "Es ist wichtig, dem Kunden zu vermitteln, dass durch defekte Stoßdämpfer auch andere Bauteile in Mitleidenschaft gezogen werden und somit weit höhere Reparaturkosten entstehen können", merkt der Academy-Leiter an. Neben dem höheren Reifenverschleiß durch ungleichmäßige Abnutzung leiden auch die Fahrwerksfedern unter größerem Verschleiß bis hin zum Bruch.

Darüber hinaus neigen vor allem die Kugelgelenke und Gummi-Metall-Verbindungen an den Fahrwerksteilen, Anschlagpuffer und Radlager zur vorzeitigen Abnutzung. Selbst die automatische Leuchtweitenregulierung der Scheinwerfer ist betroffen, weil sie bei starken Aufbaubewegungen permanent um Ausgleich bemüht ist. So können bereits nach einem halben Jahr mit defekten Dämpfern Folgekosten von mehreren hundert Euro entstehen.

Richtig testen

Im Bilstein Technical Center im Hauptwerk in Ennepetal demonstrierte uns Mitarbeiter Daniel Boehnke den korrekten Ablauf eines Fahrwerk-Tests. Zunächst erklärt Rainer Popiol: "Wir sprechen von Fahrwerk-Test, nicht nur Stoßdämpfer-Test, weil das ganze Fahrwerk geprüft wird. Der Begriff Stoßdämpfer-Test dient nur dem Kundenverständnis." Daniel Boehnke fährt einen Opel Vectra mit über 100.000 Kilometern Laufleistung vor die Werkstatt. "Als Erstes muss der gleiche und korrekte Luftdruck auf den Reifen einer Achse eingestellt werden, sonst sind die Ergebnisse verfälscht", beginnt Boehnke, bevor er die Vorderräder exakt mittig auf der Prüfplatte positioniert und den Test startet. "Wichtig ist auch, dass das Auto verspannungsfrei steht, also ohne Handbremse oder eingelegten Gang", fährt der Techniker fort.

Ist die Prüfprozedur für Vorder- und Hinterachse durchlaufen, zeigt der Computer das Messergebnis in Prozent an. Liegt die Abweichung zwischen rechter und linker Seite einer Achse bei 20 Prozent oder mehr, liegt ein Mangel vor. Mit einem Wert von 79 zu 66 Prozent an der Hinterachse ist das Ergebnis grenzwertig. Auf der Hebebühne nimmt Boehnke anschließend das Fahrwerk in Augenschein und prüft den Sitz der Gummi-Metall-Verbindungen mit dem Montiereisen. Dabei findet er eine defekte Gummimanschette eines Kugelgelenks und damit das ausschlaggebende Argument für einen baldigen Dämpferwechsel und Ersatz des schadhaften Kugelgelenks. Rainer Popiol empfiehlt abschließend: "Einen defekten Dämpfer sollte man nach dem Ausbau noch mal genauer anschauen. Neben dem normalen Verschleiß können nämlich auch Fehler bei einem früheren Einbau oder ein nicht korrekt behobener Unfallschaden zu Schäden am Dämpfer führen."

Um frühzeitige Folgedefekte am Dämpfer auszuschließen, ist die Werkstatt gut beraten, die Ursache zu ermitteln. Nach der obligatorischen Fahrwerksvermessung rät Popiol immer zu einer gemeinsamen Probefahrt mit dem Kunden. Der Vorher-nachher-Effekt ist wesentlich deutlicher spürbar als die schleichende Verschlechterung des Fahrverhaltens.

Kurzfassung

Obwohl viele Autos defekte Stoßdämpfer haben, wird das vom Fahrer oft nicht wahrgenommen. Werkstätten sollten deshalb immer eine Sichtprüfung am Fahrzeug durchführen und den Zustand des Fahrwerks checken.

Mehr als Schulungen

Die Bilstein Academy bietet nicht nur Schulungen rund um das Thema Fahrwerktechnik an. Das Team um Rainer Popiol (im Bild links) steht ganztägig telefonisch bei Fragen rund um Stoßdämpfer und deren Einbau zur Verfügung.Anfragen zu Schulungen:+49-23 33/7 91-44 44; E-Mail: training@bilstein.deTechnische Anfragen/Support:+49-23 33/7 91-42 22; E-Mail: technik@bilstein.deo.-Do.: 08:00 bis 17:00 Uhr Fr.: 08:00 bis 16:00 Uhr

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