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E-Fahrzeuge richtig bergen: Hochvoltbatterie an Bord

26.03.2025 15:02 Uhr | Lesezeit: 4 min
Unfallfahrzeug
Die Regeln zur Bergung verunfallter E-Fahrzeuge sind klar formuliert.
© Foto: SvenSimon / FrankHoermann / picture-alliance

Wenn E-Fahrzeuge mit einer Hochvoltbatterie an Bord verunfallen, stellt sich die Frage der rechtskonformen und sicheren Beförderung. Die Regeln dazu sind eindeutig, schreibt Gefahrgutexperte Nobert Müller.

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Folgende Situation: Ein mit einer Lithium-Ionen-Batterie be­triebenes Fahrzeug ("UN 3556" oder "UN 3166", falls hybrid nach Sondervorschrift 388) hatte einen Unfall oder eine Panne. Welche gefahrgutrechtlichen Vorschriften gibt es für seine Beförderung?

Beförderung im Straßenverkehr

Die Vorschriften des internationalen Gefahrgut-Regelwerks ADR finden keine Anwendung auf die Beförderung von Unfall- oder Pannenfahrzeugen mit gefährlichen Gütern, wie etwa Fahrzeugen mit eingebauten Lithium-Ionen-Batterien, wenn diese Beförderung unter besonderen Bedingungen erfolgt.

Genauer gesagt, sind Abschleppfahrzeuge, die ein solches Fahrzeug transportieren, von den ADR-Vorschriften ausgenommen, wenn die Beförderung entweder direkt von den zuständigen Notfallbehörden oder unter deren Aufsicht durchgeführt wird (Unterabschnitt 1.1.3.1 d ADR).

In Deutschland regeln die Gefahrgut-Durchführungs-Richtlinien RSEB, dass die Verantwortung für die Festlegung der Überwachungsmodalitäten der Notfallbeförderung bei der zuständigen Einsatzleitung liegt. Diese entscheidet auf Basis der konkreten Situation nicht nur über die Art und Weise der Überwachung, sondern auch über den sicheren Zielort der Beförderung und damit das Ende der Notfallmaßnahme. In solchen Fällen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde.

Dies gewährleistet, dass die Beförderung in einer sicheren und kontrollierten Weise erfolgt, auch wenn das Transportgut als gefährlich eingestuft wird. Sowohl für Hybridfahrzeuge (UN 3166) als auch für batteriebetriebene Fahrzeuge (UN 3556) gelten die Sondervorschriften 666 und 667 b und c ADR: Die Sondervorschrift (SV) 666 befreit

  • UN 3166 unter bestimmten Bedingungen (Verschluss der "Ventile": Nr. 3-12 RSEB),
  • UN 3556 bedingungslos

von der Anwendung des ADR. Die Beförderung von UN 3166 und UN 3556 ist also kein ADR-Transport.

Batterie ausbauen?

Die Sondervorschrift 667 b und c ADR regelt zwei Fälle:

1. Fall: Das Fahrzeug mit der eingebauten Lithium-Ionen-Batterie ist beschädigt oder defekt. Die Frage dazu muss lauten: Hat die Beschädigung des Fahrzeugs einen maßgeblichen Einfluss auf die Sicherheit der eingebauten Batterie?

Wenn:

  • nein: Das Fahrzeug darf unter SV 666 ADR befördert werden.
  • ja: Ist ein sicheres Entnehmen der eingebauten Batterie aus dem Fahrzeug möglich? Wenn
  • nein: Das Fahrzeug darf unter SV 666 ADR befördert werden. Das dürfte der Regelfall sein. Wie sollte eine 400 bis 500 Kilogramm schwere Batterie vor Ort sicher ausgebaut werden?
  • ja: Die beschädigte Batterie muss unter der SV 376 ADR befördert werden. Das wird sich wohl niemand antun, denn eine kritisch defekte Lithium-Ionen-Batterie fällt in die Beförderungskategorie 0, mit allen Rechtsfolgen.

2. Fall: Die Batterie in dem Fahrzeug ist beschädigt. Ist ein sicheres Entnehmen der Batterie aus dem Fahrzeug möglich?

  • nein: Das Fahrzeug darf unter SV 666 ADR befördert werden.
  • ja: Die beschädigte/defekte Batterie muss unter SV 376 ADR befördert werden.

Die Beförderung von verunfallten Fahrzeugen mit beschädigter Lithium-Ionen-Batterie ist privilegiert. So darf ein Abschleppfahrzeug mit einem solchen Fahrzeug durch alle Tunnel fahren. Ein Fahrzeug, das eine ausgebaute beschädigte Lithium-Ionen-Batterie befördert, darf nicht durch Tunnel der Kategorie E fahren.

See- und Luftverkehr

Fahrzeuge mit beschädigter LithiumIonen-Batterie dürfen nicht mit Seeschiffen und Flugzeugen befördert werden (SV 961.1 Satz 4 und 962.4 Satz 2 IMDG-Code, Verpackungsanweisung PI 952 (b) 1. IATA-DGR).

Fazit: Die Beförderung von Fahrzeugen mit beschädigter Lithium-Ionen-Batterie ist eine Konzession an die Realität.


Wer darf abschleppen und bergen?

Bei einem Unfall stellen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge und Hy­bridfahrzeuge keine größeren Gefahren dar als herkömmliche Benzin- oder Gasfahrzeuge. So teilt es die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) mit. Fahrzeughersteller hätten Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um sowohl die Fahrzeugnutzer als auch das Bergungs- und Werkstattpersonal zu schützen. So schalte sich das Hochvoltsystem beispielsweise bei der Auslösung des Airbags oder beim Durchtrennen der Rettungsstellen automatisch ab. Zudem sorge eine vollständige galvanische Trennung des HV-Systems von der Fahrzeugkarosserie dafür, dass diese nicht unter Spannung steht. Die Information 209-093 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV, "Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen", legt fest, welche Qualifikation Mitarbeiter von Rettungs- und Bergediensten benötigen, um mit verunfallten E-Fahrzeugen zu arbeiten. Mindestens eine Qualifikation zur "Fachkundig unterwiesenen Person" (FuP - 1S) ist erforderlich. In unklaren Fällen oder bei möglicher elektrischer Gefährdung muss eine "Fachkundige Person für Hochvoltsysteme" (FHV) der Stufen 2S oder 3S hinzugezogen werden. Dies gilt auch, wenn die Sicherheitseinrichtungen oder die automatische Deaktivierung des HV-Systems nach einem Unfall nicht funktionieren oder nicht beurteilt werden können - beispielsweise bei einem Heckaufprall ohne Airbag-Auslösung, schweren Unfällen mit Brand oder stark beschädigten Fahrzeugen.



Der Autor

Dr. Norbert Müller ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Gefahrguttransport und -lagerung. Er war in seiner Karriere lange als Weltgefahrgutbeauftragter der Schenker AG, Essen, tätig.



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