Wie sparsam kann ein Auto mit Verbrennungsmotor für die Mobilität in Innenstädten künftig sein? Diese Frage soll ein ultraleichtes Stadtauto beantworten, an dessen Entwicklung derzeit der Schmierstoffhersteller Shell zusammen mit dem Formel-1-erprobten Motorenspezialisten Geo Technology und dem Design-Spezialisten Gordon Murray arbeitet. Die Zielvorgabe für das Fahrzeug, das erst im kommenden Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, ist ein Verbrauch von weniger als 2,8 Liter auf 100 Kilometer.
Bis zu 120 Stundenkilometer
Der City-Flitzer soll drei Personen Platz bieten und bis zu 120 Stundenkilometer schnell sein. "Wir wollen ein Fahrzeug entwickeln, das extrem wenig Kraftstoff verbraucht und sich jeder leisten kann", umschrieb Robert Mainwaring die Projektidee anlässlich einer internationalen Presseveranstaltung in Hamburg. Der Technologiemanager in der Shell Lubricants Technology Gruppe ist bei dem Unternehmen unter anderem für das unter dem Namen "Project M" laufende Forschungsvorhaben verantwortlich.
Mit dem Konzept eines extrem leichten und sparsamen Fahrzeugs wolle man Antworten auf die Herausforderungen liefern, die aus dem weltweiten Bevölkerungswachstum und der zunehmenden Urbanisierung erwachsen. Dabei habe man nicht so sehr die westlichen Industrieländer im Blick als vielmehr die Schwellenländer, in denen künftig eine breite Bevölkerungsschicht nach Mobilität verlange.
Das Fahrzeug wird eine Weiterentwicklung des "T.25" sein, ein Konzeptauto aus dem Jahre 2010, das vom Gordon Murray Design Team zusammen mit Shell entwickelt wurde. Schon für den T.25 hat Shell ein spezielles Leichtlauföl entwickelt. Damit lag der Kraftstoffverbrauch des Wagens auf der 41 Kilometer langen "Brighton-London"-Strecke bei gerade einmal einem Liter.
Schmierstoff-Strategie ab Beginn
Im aktuellen Folgeprojekt soll nun zusätzlich eine weiter optimierte Motorentechnologie zum Einsatz kommen. Daher hat man sich den Motoren-Entwicklungsspezialisten Geo Technology mit an Bord geholt. Die Firma wurde von Osamu Goto gegründet, dem ehemaligen Direktor von Honda F1 und Entwicklungsmanager bei Ferrari im Formel-1-Rennsport.
Motordesign und Schmierstoffentwicklung gehen dabei laut Shell Hand in Hand. Durch den Einsatz von besonders niedrigviskosen Motorölen und konstruktiven Verbesserungen sowie der speziellen DLC-Oberflächenbeschichtung soll die Reibung im Motor soweit wie möglich minimiert werden. Auch beim Chassis kommen ganz neue Konstruktionsprinzipien zum Einsatz.
Kurzfassung
Minimaler Kraftstoffverbrauch durch minimales Gewicht und minimale Reibung im Motor. Das ist die Formel für ein neues Konzeptfahrzeug, mit dem Shell zusammen mit Formel-1-Motortechnikern und Design-Spezialisten ein besonders sparsames City-Car konstruiert. Die optimale Schmierstoff-Formulierung spielt neben konstruktiven Eingriffen in das Motordesign von Anfang an eine wichtige Rolle im "Project M".
So wird Reibung reduziert
Hidehito Ikebe, Entwicklungsdirektor von Geo Technology, erklärte in Hamburg, wie der Motor auf möglichst geringen Verbrauch getrimmt werden kann. Ausgangspunkt für den Antrieb ist ein Dreizylinder-Mitsubishi-Motor mit 660 Kubikzentimetern Hubraum und 75 PS. Dieser Motor soll durch konstruktive Eingriffe auf minimale Reibungsverluste und geringes Gewicht ausgelegt werden.Daher sind die Oberflächen wichtiger Verschleißteile im Motor speziell beschichtet. Eine extrem harte DLC-Schicht (DLC= Diamond like Carbon, engl. Diamantähnlicher Kohlenstoff) gewährleistet maximalen Verschleißwiderstand. Dabei handelt es sich um eine ultradünne Schicht aus Kohlenstoffatomen, die aus der Gasphase abgeschieden werden und eine extrem widerstandsfähige (diamantähnliche) Struktur bilden. Unter anderem die Nockenwelle, Nockenstößel, Kolben und Kolbenbolzen sind mit DLC beschichtet. "Wir haben außerdem vorgeschlagen, die maximale Leistung des Motors zu reduzieren und die maximale Drehzahl zu verringern", erklärte Formel-1-Entwickler Ikebe. Durch weitere Modifikationen wurde das Gewicht des Kolbens um 40 Prozent reduziert. Insgesamt ergibt sich eine um ein Drittel geringere Trägheitsmasse im modifizierten Motor im Vergleich zum Ausgangsmotor.Bei der Konstruktion des Chassis kommt eine neue Leichtbauweise zum Einsatz, die erstmals Carbon-Materialien kostengünstig für die Massenproduktion verfügbar macht. Das i-Stream-Verfahren von Gordon Murray überträgt dabei Erkenntnisse aus der Formel-1 in die Massenproduktion. diwi
- Ausgabe 12/2015 Seite 30 (279.8 KB, PDF)