Vielleicht liegt es an der hohen Tesla-Dichte in der bayerischen Landeshauptstadt, dass A.T.U ausgerechnet in München die erste seiner über 600 Werkstätten für Elektroautos fit gemacht hat. Die A.T.U-Filiale in der Triebstraße im Münchner Norden ist Pilot für einen neuen Service, den die Werkstattkette sukzessive auch an anderen Ballungsräumen ausrollen möchte. Das große grüne Schild über einer der Werkstatt-Rolltore weist deutlich darauf hin: "A.T.U macht eMobil" steht dort in weißer Schrift auf grünem Grund.
Vorbereitung auf die Zukunft
Tobias Hillwig, Leiter Technisches Management bei A.T.U und verantwortlich für das Projekt, erklärt die Motivation: "Noch ist die Anzahl der Elektroautos gering, aber das könnte sich bald ändern. Wir sind in unseren Werkstätten darauf vorbereitet, auch für E-Mobile den Service oder Reparaturen anbieten zu können." Hillwig steht direkt vor der neuen elf Kilowatt-Wallbox, die in München montiert wurde. "Die benötigen wir zum Laden von Kundenfahrzeugen. Zudem können einige Arbeiten am Elektroauto nur in geladenem Zustand durchgeführt werden." Der neu konzipierte Arbeitsplatz ist für die Inspektion und Reparatur von E-Fahrzeugen ausgestattet, unter anderem mit der persönlichen Schutzausrüstung für Arbeiten an HV-Systemen sowie der ebenfalls vorgeschriebenen Signalisation.
Der Schwerpunkt liegt auf Arbeiten im spannungsfreien Zustand, aber auch auf Reparaturen an Bremsen, Klimaanlage, Achsvermessung, Smart-Repair an Karosserie und Scheiben sowie Räderwechsel und Reifenmontage. "Wir arbeiten hier nicht an Systemen unter Spannung oder direkt an der Batterie, wir konzentrieren uns auf Inspektion und Wartung sowie herkömmliche Reparaturen am Fahrzeug", erläutert Hillwig.
Grundsätzlich gilt: Wer bei A.T.U an einem batterieelektrisch betriebenen Fahrzeug oder einem Hybridauto arbeitet, muss die Ausbildungsstufe 2 zur Elektrofachkraft für HV-Systeme in Kraftfahrzeugen absolviert haben. Dazu greift A.T.U auf die Kapazitäten der eigenen A.T.U Academy zurück. Derzeit sind mehr als 1.140 Mitarbeiter auf Stufe 2 geschult.
Schulung der Mitarbeiter
"Unser Konzept sieht vor, dass an jedem Standort mindestens ein Monteur über die Ausbildungsstufe 2 verfügt", erklärt Hillwig. Die Berufsgenossenschaftliche Informationsschrift DGUV Information 200-005 (ehem. BGI 8686) legt fest, welche Schulungen der Mitarbeiter benötigt, um an Hochvoltsystemen zu arbeiten. Mit Stufe 2 dürfen Mitarbeiter an Fahrzeugen die Spannungsfreiheit herstellen, gegen Wiedereinschalten sichern und elektrotechnische Arbeiten im spannungsfreien Zustand durchführen.
Für Arbeiten unter Spannung wäre die Ausbildung nach Stufe 3 notwendig. Das ist vorerst nicht flächendeckend in den A.T.U-Niederlassungen geplant, erklärt Hillwig und ergänzt: "Wir wollen mit unserem Ansatz auch zeigen, dass wir die E-Mobilität nicht als Bedrohung sehen, sondern als Chance im Service und Verkauf begreifen. Für Elektro- und Hybridfahrzeuge sind wir schon jetzt eine echte Alternative zu den OE-Werkstätten."
Bei A.T.U wird das Thema E-Mobilität aber nicht nur in der Werkstatt gespielt, klar, immerhin gehört das Shop-Konzept zur DNA der Werkstattkette. Im Shop finden Kunden künftig daher ein breites Angebot an Beratung und Produkten rund um die E-Mobilität. In der Münchner Vorzeige-Filiale dreht sich in einer Abteilung des Shops alles um die Themen Ladeinfrastruktur für Privatanwender und Ladestecker. Daneben stehen E-Bikes und Elektroroller - auch das gehört bei A.T.U zum Thema Elektromobilität.
Öffentliche Schnellladesäulen
Bereits seit Mitte 2017 besteht eine Kooperation mit dem Ladeinfrastruktur-Anbieter Allego. Auf über 40 Parkplätzen der A.T.U betreibt Allego eine öffentliche Schnellladesäule. E-Fahrzeuge können hier in einer halben Stunde bis zu 80 Prozent geladen werden.
"Wir treiben das Projekt mit hoher Priorität voran", verrät Hillwig. Er sieht darin eine gute Möglichkeit der Kundenbindung und einen sinnvollen Service für Endkunden. "Daraus ergeben sich Synergien für unseren Shop. Während der Kunden das Fahrzeug lädt, kann er sich bei uns im Shop umschauen."
Infrastruktur hinkt nach
Im Laufe des Kooperations-Projekts musste man aber auch manche Lektion lernen. "Wir hatten einige Standorte, an denen der Energieanbieter es nicht geschafft hat, die ausreichende Menge an Strom zur Verfügung zu stellen. Die Verteilerkästen in den Gewerbegebieten sind heute schon oft am Limit", verrät Hillwig. Die Kabel in der Erde und Umverteilungspunkte der Energieversorge sind bis dato nicht dafür ausgelegt. "Das muss dringend modernisiert werden", fordert der Projektleiter.
An welchen weiteren A.T.U-Standorten das Konzept E-Mobility ausgerollt werden soll, wird schrittweise entschieden. "Wir wachsen mit dem Markt für E-Fahrzeuge, wenn es einen Bedarf gibt, wollen wir diesen auf jeden Fall bedienen", verspricht Projektleiter Hillwig.
Kurzfassung
Neben der Unternehmensfarbe Rot geht es bei A.T.U nun auch grün zu - zumindest an den Pilotstandorten, wo Wartung und Reparatur von E-Mobilen angeboten werden. Wir haben uns eine Niederlassung in München angeschaut.
Hochvolt-Ausbildung bei A.T.U
Die Weidener legen großen Wert auf die Qualifizierung des Werkstattpersonals. Dazu nutzt man auch die Kapazität der eigenen A.T.U-Academy an drei Standorten in Deutschland.- 100 % der Filialen sind geschult auf Stufe 1 HV.- 95 % der Filialen sind geschult auf Stufe 2 HV (mindestens ein Mitarbeiter).- Mehr als 1.140 Mitarbeiter sind auf Stufe 2 geschult.- Vorbereitungen für Stufe 3 sollen geschaffen werden.
- Ausgabe 09/2019 Seite 56 (197.1 KB, PDF)