Kurzfassung
Werkstätten können zukünftig mit dem Mahle-Diagnosegerät TechPro auch den Status der Traktionsbatterie von Elektroautos und Hybridfahrzeugen in wenigen Minuten auslesen. Damit soll eine erste Einschätzung möglich sein.
Das Thema Batteriediagnose treibt die Kfz-Betriebe um: Wie gut ist die Traktionsbatterie eines E-Autos noch? Während Firmen wie Aviloo und Twaice hier auf eine tiefer gehende Analyse von Daten setzen, um den Gesundheitszustand der Batterie (SoH) mit einem Prozentwert anzugeben (wir berichteten in asp 02/2022), geht Werkstattausrüster Mahle einen anderen Weg. "Ziel muss sein, einen Check der Batterie für Werkstätten anzubieten, der in kurzer Zeit einfach machbar ist - so wie bei einem Klimaanlagen-Check", sagt Jonathan Pfeiffer, Head of Global Product Management Service Solutions Aftermarket bei Mahle. Dafür hat Mahle eine Batterie-Diagnose namens "E-Scan" entwickelt, die über das eigene Diagnosegerät TechPro gestartet werden kann und noch im ersten Quartal 2022 als Update für alle Geräte aufgespielt werden soll. Wir haben Mahle in Donaueschingen besucht und uns die neue Funktion live vorführen lassen.
E-Scan macht dabei keine Angabe zum Gesundheitszustand der Batterie (SoH) in einem Prozentwert, sondern listet lediglich die Spannungs- und Temperaturwerte der einzelnen Batteriezellen oder -module auf. "E-Scan bietet einen ersten Indikator für Werkstätten, ob mit der Batterie alles in Ordnung ist", erklärt Pfeiffer. Somit könnten die Betriebe auf einen Blick sehen, ob Auffälligkeiten bestehen und weitere Maßnahmen eingeleitet werden müssen.
Sollte ein Wert unplausibel sein, beispielsweise ein Spannungswert einer Zelle sich deutlich von den anderen unterscheiden, können weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Nach Abschluss des Scans steht den Werkstätten und somit auch dem Endkunden ein standardisiertes Protokoll zur Verfügung, das sich entweder ausdrucken, per E-Mail verschicken oder in andere Systeme übertragen lässt.
Unterschiedliche Daten verfügbar
E-Scan nutzt dabei die Daten der OBD- Schnittstelle, über die auch andere Diagnosedaten für das TechPro abgerufen und Programmierarbeiten durchgeführt werden können. Mittels eines VCI-Transmitters, der in die OBD-Schnittstelle gesteckt wird, werden die Daten von unterschiedlichen Steuergeräten ausgelesen und an das TechPro-Diagnosegerät übertragen. Dieser Vorgang dauert wenige Minuten.
Je nach Automodell und Hersteller werden dann entweder die Spannungswerte der einzelnen Zellen oder die Spannungen der Module und der Batterie angezeigt. Manche Hersteller zeigen auch einen allgemeinen Ladezustand der Batterie ("State of Charge") an. Was für Daten angezeigt werden, hängt jedoch stark vom Autohersteller ab. "Momentan zeigt sich leider der Trend, dass die Fahrzeugdaten der Hersteller über die OBD-Schnittstelle sehr unterschiedlich sind und es hier keine Harmonisierung gibt", sagt Pfeiffer. Die größte Herausforderung ist dabei laut Pfeiffer, nicht nur die Daten in den unterschiedlichen Steuergeräten zu finden, sondern auch die unterschiedlichen Begrifflichkeiten der Hersteller zu harmonisieren und diese in einem einheitlichen Protokoll unterzubringen. So wird zum Beispiel die Zellspannung je nach Hersteller unterschiedlich bezeichnet und befindet sich auch an unterschiedlichen Orten. "Der Techniker in der Werkstatt soll immer dasselbe Protokoll bekommen", so Pfeiffer. Und im Idealfall auch auf den ersten Blick sehen, ob mit den Batteriezellen alles in Ordnung ist. Auch wo die Daten liegen, muss erst einmal von den Mahle-Spezialisten herausgefunden werden. "Je nach Technologie des Fahrzeugs befinden sich die Daten beispielsweise im Batteriemanagement-System (BMS), im Body-Computer oder im Hybrid-Traction-System", erklärt Peter Riolo, Product Manager bei Mahle Aftermarket Italy in Parma.
Mahle Diagnose Traktionsbatterie
Bildergalerie- Ausgabe 04/2022 S.42 (198.5 KB, PDF)
Beim VW E-Golf stehen beispielsweise sämtliche Daten zu den einzelnen Zellspannungen zur Verfügung, während es bei Fahrzeugen von Tesla keinerlei Daten zu der Batterie gibt, da der Hersteller sie nicht über die OBD-Schnittstelle preisgibt. Mahle spricht deshalb von einer Abdeckungsrate von 75 Prozent an unterstützten Fahrzeugen, unabhängig von Batterietechnik und Antriebsart. Es können auch Hybridfahrzeuge getestet werden. "Die Abdeckung wird sukzessive ausgebaut. Wir konzentrieren uns natürlich erst mal auf die beliebtesten Autos", sagt Riolo. Mahle kommt dabei sein OE-Know-how zugute. Sollte kein Wissen über das Fahrzeug vorhanden sein, müssen die Daten durch Reverse Engineering und Tests ermittelt werden. Das geschieht am Mahle-Standort im italienischen Parma, wo nach der Übernahme des Brainbee-Betriebs die Spezialisten sitzen.
Diagnose-Portfolio geplant
Mahle erhebt mit E-Scan nicht den Anspruch, eine komplette Batteriediagnose inklusive dem Gesundheitszustand der Batterie zu liefern - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. "Der nächste Schritt wäre es, E-Scan mit weiteren Daten anzureichern und zur Diagnoseplattform auszubauen, auf der alle Batteriedaten gesammelt werden", erklärt Pfeiffer. Momentan ist laut Mahle der Aufschlag an Elektroautos in den Werkstätten jedoch noch zu gering und die Fahrzeuge werden in den meisten Fällen zur Reparatur in die OE-Werkstatt gebracht. Wenn mehr Bedarf entsteht, möchte Mahle auch mehr im Bereich Batteriediagnose und Reparatur anbieten. "Ziel von Mahle wird es sein, in Zukunft nicht nur Batteriediagnose, sondern einen bunten Strauß an Batterieservices anzubieten. Darunter beispielsweise Batterietemperierung, Fluidmanagement und alles rund ums Laden, Entladen und Balancing. Wir wollen dem Kunden eine Lösung aus einer Hand liefern, die sich einfach per Knopfdruck bedienen lässt", erklärt Pfeiffer abschließend.