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BGH-Urteil: DUH darf weiter klagen und abmahnen

04.07.2019 09:25 Uhr
Der Deutschen Umwelthilfe ist kein Rechtsmissbrauch vorzuwerfen, entschied der BGH.
© Foto: picture alliance/Uli Deck/dpa

Mit ihrem Kampf gegen schmutzige Dieselautos hat sich die Deutsche Umwelthilfe nicht nur Freunde gemacht. Im Dauerclinch mit der Automobilindustrie sieht sich die Organisation als "Abmahnverein" diskreditiert. Nun wäscht der BGH sie von allen Vorwürfen rein.

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Die umstrittene Deutsche Umwelthilfe (DUH) kann weiterhin ungehindert abmahnen und klagen, wenn Unternehmen gegen Verbraucherschutz-Vorschriften verstoßen. In einem Urteil vom Donnerstag sprach der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die Organisation vom Vorwurf des Rechtsmissbrauchs frei. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte, hieß es zur Begründung (Az. I ZR 149/18).

Ein vom Kfz-Gewerbe unterstützter Autohändler aus dem Raum Stuttgart hatte versucht, der DUH vor den höchsten Zivilrichtern Profitabsichten und unzulässige Querfinanzierungen nachzuweisen. Dabei ging es allenfalls indirekt um die aufsehenerregenden Diesel-Fahrverbote, die die Umwelthilfe derzeit in etlichen Städten durchzusetzen versucht. Diese Prozesse vor den Verwaltungsgerichten führt sie in ihrer zentralen Rolle als Umweltschutzorganisation.

Als sogenannte qualifizierte Einrichtung darf die DUH aber auch Unternehmen abmahnen und verklagen, die Schadstoff-Grenzwerte nicht einhalten oder den Stromverbrauch von Waschmaschinen oder Kühlschränken falsch angeben. In diesem Bereich genießt sie denselben Status wie beispielsweise die Verbraucherzentralen.

DUH mahnt wöchentlich rund 30 Verstöße ab

Nach eigenen Angaben mahnt die Umwelthilfe jede Woche etwa 30 Verstöße ab und führt rund 400 Gerichtsverfahren im Jahr. Für die Organisation eine wichtige Einnahmequelle: Zuletzt stammte gut ein Viertel der Jahreseinnahmen aus der Marktüberwachung - laut jüngstem Jahresbericht für 2017 knapp 2,2 von 8,3 Millionen Euro insgesamt.

Kläger Dietrich Kloz, Geschäftsführer mehrerer Mercedes-Autohäuser, sieht dahinter Gewinnabsichten. "Hier wird professionell als Geschäftsmodell gearbeitet", sagte er im April nach der Verhandlung in Karlsruhe. Seine Felix Kloz GmbH war selbst erfolgreich von der Umwelthilfe abgemahnt worden. Die Firma hatte im Internet einen Neuwagen beworben und dabei nicht korrekt über Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß informiert. Kloz nutzte dieses Verfahren, um die prinzipielle Frage der Klagebefugnis erstmals vor den BGH zu bringen.

Die Liste der Vorwürfe ist lang: Die Umwelthilfe wolle mit ihren Klagen hauptsächlich Geld machen, um politische Kampagnen finanzieren zu können und den Geschäftsführern ein üppiges Gehalt zu sichern. Dafür treibe die DUH vor den Gerichten bewusst den Streitwert in die Höhe. Außerdem habe die Umwelthilfe über Jahre Spenden und Sponsorengelder vom Autobauer Toyota erhalten und sei damit nicht unabhängig. Diese Förderung ist nach DUH-Angaben inzwischen beendet.

"Wir haben diese Umstände geprüft", sagt der Vorsitzende Richter Thomas Koch bei der Urteilsverkündung. Es deute aber nichts auf Rechtsmissbrauch hin. Davon könnte nur die Rede, wenn der Verbraucherschutz als Verbandszweck lediglich vorgeschoben wäre, heißt es in der Entscheidung. "Das ist hier nicht der Fall."

Die Überschüsse aus den Klagen: Liegen laut Koch "in der Natur der Sache" - ohne Abmahnungen und Vertragsstrafen könnten Verbraucherinteressen nicht wirksam durchgesetzt werden. Die Geschäftsführer-Gehälter: Machten "jeweils nur einen Bruchteil der jährlichen Gesamtaufwendungen" der Umwelthilfe aus. Der Streitwert: Werde von den Gerichten festgesetzt und bewege sich im üblichen Rahmen. Die Kooperation mit Toyota: Habe nicht zu einer "unsachlichen Ungleichbehandlung" des Autobauers geführt.

DUH sieht sich als "Störgröße"

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch äußerte sich erleichtert. Die Umwelthilfe sei durch die Aufdeckung des Dieselskandals "natürlich schon eine Störgröße geworden", sagte er. "Wir haben in den letzten Monaten einfach erlebt, dass man versuchte, uns permanent zu diskreditieren." Von den insgesamt 20 Branchen, die die DUH stichprobenartig überprüfe, sei die Automobilindustrie die einzige, die sich derart hartnäckig gegen die Kontrollen zur Wehr setze.

Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart und das Kraftfahrzeuggewerbe Baden-Württemberg bedauerten die Entscheidung. Nun könne sich die DUH "weiter aus Abmahnungen von Autohäusern finanzieren". Gerade für kleine Betriebe könnten die Vertragsstrafen existenzbedrohend werden. Deshalb will man sich mit dem Urteil nicht abfinden. "Wir werden jede Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte nutzen", erklärte der Geschäftsführer der Kfz-Innung, Christian Reher. Demnach denken Kloz und seine Unterstützer über eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) oder eine Verfassungsbeschwerde nach.

Sie kritisieren insbesondere, dass der BGH nicht die Überprüfung der Umwelthilfe durch das Bundesamt für Justiz veranlasst hat. Diesen Weg können Gerichte gehen, wenn sie ernsthafte Zweifel haben, ob eine Organisation zu Recht als "qualifizierte Einrichtung" gelistet ist.

"Niederlage für alle Gewerbetreibenden"

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte, das Urteil sei "kräftiger Rückenwind für die gesamte Zivilgesellschaft, denn es bestärkt sämtliche unabhängige Nichtregierungsorganisationen in ihrem Engagement". Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten forderte, dem "Abmahnwahnsinn" einen Riegel vorzuschieben. "Wir müssen gesetzlich regeln, dass die Abmahngebühren künftig der Staatskasse zufließen und nicht mehr dem abmahnenden Verein", sagte er der «Rheinischen Post» (Freitag). Die FDP-Umweltpolitikerin Judith Skudelny sprach von einer "Niederlage für alle Gewerbetreibenden".

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KOMMENTARE


Betroffener

04.07.2019 - 16:58 Uhr

Das Urteil ist ausgefallen wie es zu erwarten war. Wenn das Gericht feststellt, dass die DUH nicht gegen geltendes Recht verstößt, heißt das im Umkehrschluss, dass das was die DUH macht, vom Gesetzgeber erlaubt, ja vielleicht gewollt ist. Wenn das so ist, macht es keinen Sinn, weiterhin in der DUH den Bösen zu sehen. Vielleicht sollte man einmal den Gesetzgeber fragen, ob er das was da passiert, mit seinen Gesetzen bewirken will! Falls nicht, kann man Gesetze ändern. Das kann aber nicht ein vorgeschobener Händler, egal wie groß er ist, bewirkt werden, da müssten sich die Verbände, die sich als Interessenvertreter des Handels sehen, selbst positionieren. Und das vielleicht sogar gewerbeübergreifend. Ich bin gespannt ob sich das jemand traut!Auf der anderen Seite sei die Frage erlaubt, ist es aus Sicht eines Händlers wirklich so schwer, sich an die Gesetze zu halten?


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