Wird ein Arbeitnehmer "in Vollzeit" beschäftigt, so ist mit dieser Formulierung eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden gemeint. Steht fest, dass darüber hinaus auf Veranlassung des Arbeitgebers Überstunden geleistet wurden, der Arbeitnehmer den Umfang aber nicht beweisen kann, dann darf das Gericht den Mindestumfang der Überstunden schätzen. Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten (und grundlegenden) Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor (BAG-Az. 5 AZR 602/13).
Die Parteien streiten über die Vergütung von 649,65 Überstunden, die sich auf eine Summe von 6.644 Euro belaufen. Der Kläger war als Busfahrer beim Betreiber eines privaten Omnibusgewerbes für den befristeten Zeitraum von einem Jahr angestellt. Im Arbeitsvertrag war hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit lediglich festgehalten, dass er "in Vollzeit" beschäftigt werde und ihm die Arbeitszeiten "bekannt" seien. Der Busfahrer konnte aber seine vorgegebenen Routen sowie die Vor- und Nachbereitungsarbeiten an einem Arbeitstag nicht innerhalb von 8 Stunden bewältigen. Nun möchte er von seinem früheren Arbeitgeber die geleisteten, aber nicht vergüteten Überstunden bezahlt bekommen.
Die Vergütung von Überstunden setzt voraus, dass der Arbeitnehmer solche tatsächlich geleistet hat und diese auch vom Arbeitgeber veranlasst waren. Für beide Voraussetzungen trägt er die Beweis- und Darlegungslast. Dies kann mitunter schwierig sein, weswegen nun von den Erfurter Richtern eine erhebliche Erleichterung geschaffen wurde.
Ein Arbeitnehmer dürfe die Regelung, in Vollzeit beschäftigt zu sein, so verstehen, dass die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit unter Zugrundelegung einer Fünf-Tage-Woche und der in § 3 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz hierfür vorgesehenen 8 Stunden Arbeit täglich insgesamt 40 Stunden pro Woche nicht übersteige. Solle hingegen die zulässige Höchstgrenze der Arbeitszeit vom Arbeitgeber ausgeschöpft werden, müsse dies durch eine konkrete Erklärung oder zumindest durch eine hinreichend bestimmte Bezugnahme auf die Leistung von Überstunden im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes erfolgen.
Damit war aber noch keine Aussage über die Höhe der Klage getroffen. Im Wesentlichen war unstrittig, dass der Arbeitnehmer Überstunden geleistet hat, jedoch musste die tatsächliche Anzahl festgestellt werden. Das BAG entschied, dass die geleisteten Überstunden von einem Gericht geschätzt werden dürfen (vgl. § 287 ZPO), wenn der Arbeitnehmer seiner Beweispflicht nicht vollumfänglich genügen und auch der Arbeitgeber keinen Beweis zur Entkräftung des Anspruchs leisten könne. (Gregor Kerschbaumer)