Sie waren die Lieblingskatzen des Jaguar-Chefs Sir William Lyons und dennoch wurden sie am Ende ihres kurzen Lebens ein Opfer der Katerstimmung im Coventry der siebziger Jahre. Das hinderte die Jaguar XJ Coupés aber nicht an einer kometengleichen Karriere als stilvolle und zeitlos schöne Zweitürer, die mit mächtigem 5,3-Liter-Zwölfzylinder sämtliche Konkurrenten deklassierten. Sogar mit etwas bescheidenerem 4,2-Liter-Sechszylinder unter der Haube galten die 4,85 langen Hardtop-Coupés von 1973 bis 1977 als Inbegriff distinguierter Britishness, die nur noch durch ein anderes Markenlogo gesteigert werden konnte: Als Daimler Sovereign oder Double Six trugen die Coupés das Signet des offiziellen königlichen Hoflieferanten.
Tatsächlich bevorzugte das englische Königshaus seit jeher Fahrzeuge der schon 1896 gegründeten und seit 1960 zu Jaguar gehörenden Daimler Motor Company. Nicht fehlen durften deshalb im royalen Fuhrpark die umgebadgten Jaguar XJ Modelle. Was bereits bei der XJ-Limousine von 1968 gelang, kam beim XJ Coupé von 1973 in ungeahnter Brillanz zur Geltung: Proportionen und Details, die dem zweitürigen Jaguar erneut ein Alleinstellungsmerkmal im internationalen Automobilbau sicherten. Mit diesem Entwurf, den er als persönliches Abschiedsgeschenk betrachtet haben soll, bestätigte der bis 1972 die Unternehmensgeschicke direkt bestimmende Sir William Lyons den Ruf von Jaguar, exklusive Fahrzeuge sportlicher Machart zu lancieren.
Die IAA-Weltpremiere seines letzten Katzenbabys erlebte Lyons zwar bereits aus der Perspektive des Ruheständlers, die respektvollen Reaktionen der versammelten Jaguar-Konkurrenz dürften ihm aber Freude und Zuversicht gegeben haben. Zuversicht, dass Jaguar die Zeiten des Niedergangs der einst mächtigen britischen Automobilindustrie überstehen würde. Jaguar fusionierte damals zuerst mit der British Motor Corporation zur British Motor Holding BMH und die BMH wiederum mit Leyland zum fast 20 Marken umfassenden Moloch British Leyland Motor Corporation (BLMC). Eine Zeit der Wirren, in der Jaguar von der Edelmarke zur einfachen Modellreihe degradiert wurde und nun in einem Atemzug genannt wurde mit Volksautos wie Mini oder Morris.
Dies galt auch für die desaströse Verarbeitungsqualität, die vormals bei Autos aus Coventry, "The Home of British Motor Industry", undenkbar gewesen wäre. Die Folge war ein Rufschaden, der etwa Jaguar über Jahrzehnte anhaftete. Aber die Marke mit der Raubkatze überstand diese Krise ebenso wie die durch den Nahostkrieg bewirkte Ölverknappung von 1973/74 und den damit einhergehenden Absatzeinbruch bei leistungsstarken Luxusfahrzeugen. Autos wie das Jaguar XJ Coupé waren die Retter in der Not. Boten sie doch bei aller Exklusivität "Value for Money" – wenigstens dieses Markencredo musste Jaguar trotz der neuen Konzernherren nicht aufgeben. Dafür wurden die Jaguar Coupés nach der Verstaatlichung der BLMC zeitweise stillos als British Leyland XJ vermarktet.