Liegt die Zukunft des Automobils in seiner Vergangenheit? Wer die Premierenflut neuer Fahrzeuge im Retrodesign von Alfa 33 bis VW ID Buzz betrachtet, über elektrische Restomods längst vergessener Alltagsmodelle wie Kia Pride oder Renault 17 staunt oder sich über die vielen zu neuem Leben erweckten Modellnamen wie Ford Capri wundert, der weiß: Nie war die Tradition den Autoherstellern so wichtig wie heute.
Sogar vermeintlich junge chinesische Player wie GWM (Great Wall) verweisen stolz auf ihre Vergangenheit. Die über 300 automobilen Jubiläen im Jahr 2025 geben den Marken deshalb willkommenen Anlass zu Geburtstagsfeiern oder dem Revival weiterer historischer Namen. So startet der kommende Opel Manta zum 50. Jahrestag des legendären Sportcoupés Manta B und vor 140 Jahren erhielt der Automobilpionier Gottlieb Daimler gleich zwei Patente, für den „Reitwagen“ als Urahnen des Motorrads und für die „Petroleumkraftmaschine“ als ersten speziell fürs Auto entwickelten Motor. In der Fahrradproduktion wiederum hatten viele Automobilhersteller ihre Ursprünge, so Skoda, die vor 130 Jahren unter dem Namen Laurin & Klement anfingen.
Automobile Jubiläen 2025
BildergalerieFord Deutschland feiert
Ein Jahrhundert Automobilbau feiert 2025 dagegen Ford Deutschland. Im Berliner Westhafen begann die Fertigung des berühmten Ford Model T, ehe in Köln der Grundstein für ein Werk gelegt wurde, dessen Zukunft heute unklar scheint. Fords Model T war das erste für die Masse erschwingliche Automobil, vor 80 Jahren (1945), nach Ende des Zweiten Weltkriegs, kam dann der Volkswagen Käfer richtig in Fahrt. 27 Jahre später lief der 15.007.034ste Käfer vom Band und übertraf die bisherige Rekord-Produktionsstückzahl des Ford-T-Modells.
40 Jahre Suzuki Swift
BildergalerieFrühe bezahlbare Volksautos gab es auch von anderen Herstellern. Vor 100 Jahren ließ Hanomag in Hannover seinen vom Volksmund „Kommissbrot“ genannten Kleinwagen vom Band rollen, vor 90 Jahren errang der Opel P4 den Status des bis dahin erfolgreichsten deutschen Volksfahrzeuges. Vor 70 Jahren begann in Japan der Aufstieg von Suzuki zum König der Kleinwagen-Spezialisten, und in Italien motorisierte ab 1955 das bezahlbare Heckmotor-Modell Fiat 600 mehrere Millionen Menschen so nachhaltig, dass der kleine Fiat auch bei Spaniens erster Marke für Familienautos montiert wurde, dem vor 75 Jahren gegründeten Autobauer Seat. Heute findet der italienische Kultflitzer im elektrischen Fiat 600 einen Erben, der in Designdetails stolz auf seinen Urahnen verweist.
BMW Isetta war ein Hingucker
In Deutschland war es 1955 die BMW Isetta, die Motorradfahrer zum Umstieg in einen Kabinenroller überzeugte, eine Knutschkugel mit kurioser Fronttür, die inzwischen vom batterieelektrischen Microlino zitiert wird. Seinen ersten zukunftsweisenden Frontantriebs-Kleinwagen feierte Volkswagen vor 50 Jahren mit dem Polo. Die Franzosen freuten sich 1975 über Peugeot 604 und Renault 30 TS und den ersten gallischen Sechszylinder (PRV) der Nachkriegsära, ein gemeinsam mit Volvo realisierter Motor.
125 Jahre Fiat
BildergalerieJaguar präsentierte 1975 das schwergewichtige und klobige V12-Coupé XJS als Nachfolger des filigranen E-Type – und löste Design-Diskussionen aus, die an die aktuelle Debatte um das Jaguar Concept Car Type 00 erinnern. Neuer Über-Mercedes war der 450 SEL 6.9, womit die Depression der Ölkrise von 1973/74 offenbar endgültig vergessen war.
Der erste BMW 3er debütierte ebenfalls 1975, eine Mittelklasse-Baureihe, die bis heute das Herz der Marke ist und sich vor 50 Jahren auch gegen den neuen Golf GTI durchsetzen musste. Mit sportlichen Modellen das große Geld verdienen, das gelang damals Porsche mit dem 924, der als Vorreiter einer Transaxle-Dynastie an den Start fuhr. Für die Oldtimer-Community wichtig ist ein weiterer Star des Jahrgangs 1975: Die Baureihe 123 avancierte zum meistgebauten Mercedes-Modell in der oberen Mittelklasse, heute E-Klasse genannt.