Eigentlich sind wir Automatikfans. Der Komfort steigt, der Verbrauch sinkt (bei den meisten) im Vergleich zum Handschalter, es geht keine Kupplung kaputt und: Die Sicherheit erhöht sich ebenso. Gab es bis in die 1990er-Jahre oft noch träge Drei- und Viergang-Automatikgetriebe, erhöhte sich die Gangzahl und damit die Spreizung rasch auf fünf und Ende der 90er auf sechs Stufen. Sechs Gänge gibt es noch heute oft, sieben ebenfalls, doch auch die Achtgang-Automatik ist Usus. Manche Hersteller übertreiben es und spendieren neun Gänge und teils mehr.
Ein Gang wird Standard
Das wird sich jedoch in den kommenden Jahren rapide ändern. Denn die E-Autos benötigen meist (k)einen – bei den schnellen E-Mobilen sind zwei sinnvoll. Elektrofahrzeuge haben nicht einmal einen Rückwärtsgang, es wird einfach die Drehrichtung des E-Motors gerändert. Dabei handelt sich eben weder um ein Wandler- noch um ein Doppelkupplungsgetriebe – und schon gar nicht um ein CVT, ein Continuously Variable Transmission, wie die Versionen mit (meist) Schubgliederband genannt werden. In Europa finden sich wenige Anhänger dieser Technik, die im Prinzip auch nur einen Gang hat (andere sagen "unendlich" viele) und vor allem beim Langsamfahren und in der Stadt angenehm funktioniert. Auf der Landstraße, beim Überholen und auf der Autobahn ist das CVT jedoch nicht der letzte Schrei. Bester Beweis: Der Dacia Sandero Stepway TCe 90 CVT.
Schön, dass Dacia bei einem Fahrzeug, das es ab 11.000 Euro gibt, überhaupt ein Automatikgetriebe anbietet. Das im Sandero ist aber keins, das jedem gefallen wird. Im Stadtverkehr arbeitet auch dieses stufenlose Getriebe angenehm und lässt den Einliter-Dreizylinder-Turbo meist untertourig und damit leise agieren, wenngleich er seine drei arbeitenden Kolben nie verleugnet. Wer jedoch Vollgas gibt wundert sich, was mit dem angeblich stufenlosen Getriebe passiert: Es schaltet nämlich. Nun ja, nicht wirklich, aber Drehzahlsprünge sind bei forcierter Leistungsabfrage im oberen Drittel die Regel und es werden Gänge simuliert, die jedoch so lange "schleifen", dass es nicht nur verwirrt, sondern nervt. Und zwar nicht nur akustisch. Der Geschwindigkeitszuwachs erfolgt zäh und es fühlt sich an, als ob einige PS scheu sind und den Weg vom Motorraum auf die Straßen nicht galoppieren wollen. Unsere Empfehlung lautet daher: Handschalter. Beim TCe 100 Eco-G gibt es nicht nur zusätzlich Flüssiggas (LPG). Er hat 100 PS und 170 Newtonmeter Drehmoment, was den Stepway um 14 km/h in der Endgeschwindigkeit und 2,3 Sekunden beim Spurt bis 100 Sachen beschleunigt.
Unser Testwagen mit CVT soll mit gut fünf Liter auf 100 Kilometern auskommen. In Realität sind es eher sieben. Mit Handschalter ist das sicherlich zu unterbieten, denn der Motor ist unter anderem bekannt aus Clio und Micra (Dacia gehört zu Renault-Nissan), da allerdings ohne LPG als zusätzlichen Brennstoff.
Dacia Sandero Stepway
BildergalerieTeils Oldschool
Warum die Preise für den Sandero Stepway niedrig sind, merkt man beim Drinsitzen. Hartplastik an allen Stellen. Schlimm? Keineswegs. Einiges ist sogar mit einer Art Stoff überzogen was den Innenraum wohnlich macht. Zwei (beleuchtete!) USB-Anschlüsse versorgen Handys mit Strom. Die Smartphone-Spiegelung gelingt sogar kabellos – Respekt. Genau deswegen erschließt sich der Sinn der direkt neben dem Display montierten Handyhalterung auch nicht. Wobei, das Nokia 6310 wurde ja gerade neu aufgelegt. Da kann nach wie vor nichts gespiegelt werden. Ebenso oldschool ist der Analog-Tacho. Ärgerlich nur, dass er die Frankreich-typische Fokussierung auf ungerade Zahlen hat und per se nicht gut ablesbar ist. Up-to-date wollen die Rumänen bei der Klimatisierung sein und bieten für schmale 250 Euro eine Klimaautomatik an. Auf sie kann man getrost verzichten. Sie ist ab Stufe zwei laut, hält die Temperatur nicht immer konstant und ist eine Ein-Zonen-Lösung.
Als erstaunlich komfortabel erweisen sich die Sitze vorn. Zwar kostet beispielsweise die Sitzhöhenverstellung extra und die Lenkradverstellung gibt es nur in der gehobenen Ausstattungsversion (Comfort). Aber so ausstaffiert bekommt der Fahrer eine vernünftige Sitzposition. Der geräumige 4,09-Meter-Rumäne eignet sich aber nicht bloß für die Fahrt zu zweit. Fondinsassen müssen sich zwar nach dem beschwerlichen Öffnen der Türen ins Dunkel hineintasten (es fehlt eine Leuchte an der Decke und eine weitere im 328 Liter großen Kofferraum), aber nicht reinzwängen.
Weniger erfreuen wird Hintensitzende die recht harsche Fahrwerksabstimmung – die vorne, aber vor allen Dingen hinten Unebenheiten recht "trocken" weiterreicht. Das wiederum ist von Vorteil, wenn man mal wirklich abseits befestigter Straßen unterwegs sein will. Dann merkt man auch wenig von der "zielfreien" Lenkung. Und nein, Allradantrieb gibt es beim Sandero Stepway nicht, dafür ist der Duster zuständig. Doch Allrad ist meist auch gar nicht nötig, oft reichen vernünftige Reifen und etwas mehr Bodenfreiheit. Letzteres hat der Stepway in jedem Fall, um satte vier Zentimeter wurde der Wagen hochgelegt, was auch beim Einsteigen goutiert werden könnte. Die Höhe von knapp 1,60 Metern mit Dachreling (ein Polo ist etwa 13 Zentimeter flacher) gibt jedoch dem Wind mehr Angriffsfläche, gegen den sich neben der Karosserie auch die massive Dachreling stemmt und es innen nicht wirklich leise zugehen lässt, sobald Richtgeschwindigkeit erreicht ist. Betrachtet man jedoch das Preis-Leistungsverhältnis, passt es.
Der "Preis" macht die Musik
Denn letztendlich wird der Dacia oft aus einem Grund gewählt: dem Preis. Der Testwagen in "Vollausstattung" kostet 13.862 Euro netto. Viel Geld für einen Billigheimer? Jein. Wirklich vergleichbares gibt es nicht. Der Lada Vesta Cross wird – wie Lada generell – offiziell nicht mehr in Deutschland angeboten und in der Größen-Liga spielt dann beispielsweise ein Ford Fiesta Active, der ebenfalls höher gelegt ist, markante Kunststoff-Anbauteile besitzt und mit 100 Turbo-PS startet – für rund 5.000 Euro mehr. Richtig stark ist Dacia beim Wertverlust. Oder besser: richtig gering. Nach drei Jahren mit jeweils 15.000 Kilometern prognostizieren die DAT-Experten noch 55 Prozent Restwert. Das ist der Vorteil bei günstigen Autos: ins Uferlose können deren Preise nicht sinken.