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Fahrbericht Volvo C40: Gent man irgendwoher

07.02.2022 06:30 Uhr | Lesezeit: 5 min
Wem das klobige SUV-Einerlei zu langweilig geworden ist, dem bietet Volvo mit dem C40 eine schräge Alternative an.
© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Volvo ist neben Jaguar und Lexus eine der Marken, für die man sich bewusst entscheidet, weil man etwas Anderes fahren möchte. Der neue C40 ist ganz anders – und nur noch elektrisch.

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Früher waren die Saab-Fahrer die Verrückten. Architektinnen, Ärzte, und Menschen aus Werbeagenturen fuhren Autos des anderen schwedischen Autoherstellers. Dann kam GM und machte der einen schwedischen Marke den Garaus. In zehn Jahres-Schritten passierte das. 1990 kaufte sich GM zu 50 Prozent ein, 2000 wurde alles übernommen, um Ende 2009 eigentlich abzuwickeln. Doch es kam nochmal Hoffnung auf. Chinesen wollten das Ruder in die Hand nehmen, dann Niederländer und wieder Chinesen, die letztendlich Mitte 2012 die Reste von Saab kauften. Seitdem ist nicht viel passiert.

Die Individualisten unter den Geschäftswagenfahrern haben aber in jedem Fall eine Alternative weniger gehabt. Gut für Jaguar (gehört seit 2008 zu Tata/Indien) und Volvo (seit 2010 Teil von Geely/China). Während sich Jaguar trotz guter Fahrzeuge mit wenig Auswahl schwertut, prosperiert Volvo seit Jahren. Hier scheint das Headquarter in China (Geely) dem Headquarter in Göteborg (Volvo) ziemlich freie Hand zu lassen – zumindest bei der Fahrzeugplanung und Ausgestaltung.


Volvo C40 Recharge (Fahrbericht)

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Coupés sind im Trend, keine echten

Neuester Wurf: Der C40 Recharge Twin. Das ist ein kompakter Mix aus CUV und "Hot Hatch", wie die Briten zu sagen pflegen. Hinter dem Begriff steckt meist ein spurtgewaltiger Kompaktwagen: klein und stark also. Klein ist relativ, doch der C40 bringt es mit seinen gut 4,40 Metern auf echte Kompaktwagenabmessungen. Die Höhe ist SUViger, mit 1,58 Metern aber auch kaum höher als ein Renault Zoe. Zum Hot Hatch macht den C 40 sein Antrieb. Der ist zwar stets elektrisch aber dafür gleich doppelt vorhanden. Wie beim klassischeren Bruder namens XC 40 und beim Konzern-Vetter Polestar 2 gibt es im Bug einen E-Motor und im Heck einen weiteren, identischen. Diese beiden machen den C40 nicht nur zum Allradler, sie lassen auch zusammen 408 PS auf die Räder los. Das Gefühl beim Durchtreten des Fahrpedals ist damit klar: gigantisch. Der Tritt in den Rücken kommt auf Wunsch unverhofft und augenblicklich und der endet auch nicht, bis man beim Maximaltempo von 180 km/h ankommt. Selbst bei den Zwischenspurts kommt nur wenig hinterher, was turboaufgeladene sechs und acht Zylinder hat. 660 Newtonmeter Drehmoment sprechen eine deutliche Sprache.

Braucht man das? Ein ganz klares Nein. Das wird einem bereits klar, wenn man "zivilisiert" unterwegs ist. Denn wirklich sparsam ist der C40 nie. Das liegt zum einen an den beim Fahrtermin vorherrschenden Temperaturen und den stets montierten Allwetterreifen, die jedoch gut funktionieren. Ob man Michelin oder Pirelli bekommt, steht in den Sternen. Zum anderen liegt die mangelnde Effizienz am Antrieb und der großen Stirnfläche und einem CW-Wert von 0,33 mit dem sich der C40 in den Wind stemmt. Sind wir den Polestar 2 mit gleichem Antrieb im Sommer noch mit rund 25 kWh gefahren, wird das mit dem C40 nicht realisierbar sein – schon gar nicht, wenn man auf der Autobahn unterwegs ist.

In der Stadt perfekt, eigentlich

Ob er sich dort wirklich häufig aufhält, darf indes bezweifelt werden. Der Volvo ist ein Großstadtindianer, der auf dem Weg ins Büro fast alles richtigmacht (bis auf die miese Übersichtlichkeit, aber nennen Sie mal neue Autos mit einer guten). Auf dem Wochenendausflug ins Grüne macht er ebenfalls Spaß – zumindest dann, wenn die Reichweite kalkulierbar ist und auch "Vollgasetappen" zum Spaß dazugehören sollen. Gerade Überland überzeugt das Fahrwerk mit einem gelungenen Kompromiss aus Direktheit und Komfort in Kombination mit der 19-Zoll-Mischbereifung.

Geladen wir mittels 11 kW an der Wallbox – das ist Standard – oder mit bis zu 150 kW an den Schnellladern. So gibt Volvo für eine Vollladung in der Garage rund acht Stunden an und draußen sollen 70 Prozent des Akkus in unter 40 Minuten gefüllt sein – theoretisch. Rund 75 kWh der Akkukapazität sind nutzbar, ein großer und schwerer Akku eben – nach 270 Kilometern sollte eine Lademöglichkeit am Horizont auftauchen. Ab Mai wird eine Frontantriebsversion lieferbar sein, mit 69-kWh-Akku. Diese wiegt rund 140 Kilogramm weniger. 2,2 Tonnen drücken derzeit auf der Waage und nur noch schmale 400 Kilogramm dürfen "obendrauf". Für vier Personen und Gepäck sollte das dennoch ausreichen. Mehr passen eh nicht wirklich rein. Das Platzangebot vorn ist gut, hinten wird es erwartungsgemäß am Kopf eng, für Sitzriesen, was auch dem serienmäßigen Panoramadach geschuldet ist. Das lässt sich nicht öffnen und nicht verdunkeln, ist aber speziell beschichtet, sodass die Hitze im Sommer draußen bleiben soll. 413 Liter passen in den Gepäckraum, das ist okay für dieses Segment.

Volvo = SUV

80 Prozent aller Volvo sind XC90, XC60 XC40 und bald C40. Das Segment boomt nach wie vor bei den Schweden. 48,8 Prozent aller Volvo haben einen Stecker, der für Elektrifizierung sorgt. Bislang sind davon jedoch keine drei Prozent rein elektrisch. Das wird sich mit dem im belgischen Gent produzierten C40 sicherlich erhöhen, denn ihn gibt es, wie erwähnt nur noch als BEV (Battery Electric Vehicle). Volvo schätzt, dass Ende 2022 etwa 55 Prozent mit externem Strom versorgt werden. Der Anteil an BEV dürfte sich deutlich erhöhen, wenngleich auch die PHEV attraktiver werden. Denn hier hat Volvo bei der Batteriegröße nachgelegt und die Akkus haben fortan meist 18 kWh Kapazität. In den Flotten sind bislang noch der der XC60 vor dem XC40 die gefragtesten in Deutschland und beide im Vergleich zum Vorjahr im Plus.

Der C40 wird sicherlich seine Freunde in den Fuhrparks finden. Er wirkt frischer als der ebenfalls in Gent produzierte Bruder XC40 und hat kaum Nachteile (etwas weniger Platz, schlechtere Übersicht). Das fehlende Apple Carplay kompensiert Volvo nach wie vor mit einem theoretisch gut funktionierenden Android Automotive und einem per Bluetooth verbundenen iPhone. Ungewohnt, aber das ist wohl der Preis, wenn man sich als Automobilhersteller mit einem Riesen wie Google einlässt. Ganz frei scheint man nicht mehr agieren zu können- schade, denn sicherlich ist ein großer Teil der Volvofahrer Apple-Nutzer – passt irgendwie besser, auch zu Saab.


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