Flaminia und Fulvia, Aurelia und Stratos, Beta und Delta, wenige Automarken können auf so ikonische Modelle, auf so eine lange Geschichte und zugleich auf so glorreiche Motorsport-Erfolge zurückblicken wie Lancia. Letztlich aber hat es dem italienischen Hersteller nicht wirklich helfen können. Lancia wurde über viele Jahre sträflich vernachlässigt und blieb letztlich in den Wirren von Fiat, Chrysler und FCA auf der Strecke. Derzeit besteht die Marke aus einem Modell, dem Ypsilon. Der edel ausgestatteten Kleinwagen wird lediglich auf dem Heimatmarkt angeboten, zählt hier überraschenderweise aber zu den bestverkauften Modellen überhaupt.
So manche Kenner der Branche haben Lancia wenig Chancen auf ein Überleben eingeräumt, selbst als die Marke 2021 unter das Dach von Stellantis schlüpfte. Doch weit gefehlt, noch im selben Jahr teilte Konzernchef Carlos Tavares mit, dem italienischen Juwel zu neuem Glanz zu verhelfen. Zusammen mit Alfa Romeo und DS gehört Lancia zukünftig zu einem sogenannten Premium-Cluster und übernimmt hier die Position "progressive Classic", während Alfa mit Sportlichkeit assoziiert und DS als die eher kunstvolle Marke gesehen werden soll.
Einen Ausblick auf die Design-Sprache gab Lancia bereits im vorigen Jahr in Form einer gewagten Skulptur. Chefdesigner Jean-Pierre Ploué nannte sein Werk "Pu-Ra Zero", wobei "Pu" für pur und "Ra" für radikal steht. Nach diesem Motto will sich Lancia von seinen künftigen Rivalen abheben. Die Front wird ein kelchförmiger Kühlergrill zieren, wie ihn viele historische Lancia trugen. Hinten gibt es kreisrunde Rückleuchten. Sie stellen eine Hommage an die einstige Rallye-Ikone Stratos dar. Und damit der Hintermann augenblicklich erkennen kann, was da vor ihm an der Ampel steht, ziert in großen Buchstaben der Markenname ein jedes Lancia-Heck.
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In Lancias neuer Zeitrechnung bildet der Ypsilon im Mai 2024 den Auftakt des zukünftigen Portfolios. Die Weltpremiere des gut vier Meter langen Kompaktwagens wird im November 2023 sein. Insgesamt soll das Angebot aus drei unterschiedlichen Modellen bestehen, die laut Lancia gut 50 Prozent des Marktes abdecken werden. Dem Ypsilon folgt 2026 ein Mittelklasse-Crossover mit dem derzeitigen Arbeitstitel „Aurelia“ sowie 2028 ein sportliches Hatchback-Modell, das Delta heißen wird.
Lancia Ypsilon (2023)
BildergalerieBeim Ypsilon bedienten sich die Entwickler zunächst der schon etwas älteren PSA-Plattform CMP (Common Modular Platform). Auf ihr stehen auch Konzernmodelle wie de Opel Corsa, der Peugeot 208 oder der DS3. Die CMP ist sowohl für Verbrennungsmotoren als auch für Elektroantrieb (e-CMP) konzipiert, nicht aber für die Aufnahme eines Plug-in-Hybrids. Den Ypsilon wird es damit auch als BEV (Battery Electric Vehicle) geben, bestückt aus dem jüngsten Update des Stellantis-Baukastens. Heißt: Frontmotor mit 115 kW / 156 PS Leistung, 54-kWh-Akku, Reichweite rund 400 Kilometer, DC-Ladeleistung 100 kW. Orientiert man sich preislich am Schwestermodell DS3 E-Tense, dürfte der Ypsilon ebenfalls bei rund 40.000 Euro starten. Ob Lancia seinen City-Stromer schon im Zuge einer Modellüberarbeitung zirka 2028 auf die neu entwickelte und dezidierte Elektroplattform STLA-Small stellen wird, ist offen.
Gesetzt ist dafür die STLA-Medium. Die "Electric-only"-Architektur wird zur Mitte des Jahrzehnts fertig und treibt ab 2026 das künftige Flaggschiff der Marke an. Vermutlicher Name: Aurelia. Für STLA-Medium hat Stellantis ein sogenanntes EDM (Electric Drive Modul) entwickelt, das E-Maschine, Getriebe und Inverter zusammenfasst. Das Bauteil wurde nicht nur äußerst kompakt ausgelegt, sondern auch sehr auf Effizienz getrimmt. Die Rede ist von rund zwölf kWh/100 km, ein Wert, der zu den besten in der Branche gehören dürfte und bei entsprechender Akku-Kapazität Reichweiten von rund 700 Kilometern möglich macht. Neue Maßstäbe will Lancia auch beim Ladekomfort setzen. Angestrebt werden 100 Kilometer an "frischer" Reichweite nach nur drei Minuten am HPC-Lader.
40 Jahre Lancia Delta
BildergalerieNummer drei, der Lancia Delta, wird ebenfalls auf der STLA-Medium basieren und könnte mit ähnlichen Leistungsdaten wie das Aurelia-Modell aufwarten. Aufgrund seiner ruhmreichen Rallye-Historie lässt der Delta darüber hinaus sicher Spielraum für einen sportlichen Ableger. Denkbar wäre eine Art HF-Integrale-Version mit jeweils einem E-Motor vorne und hinten.
Doch das liegt in weiter Ferne. Zunächst hat Lancia alle Hände voll zu tun, mit seiner neuen Corporate Identity ein funktionierendes Vertriebsnetz aufzubauen. Starten will man nächstes Jahr auf dem Heimatmarkt. Lancia hat in Mailand bereits einen ersten Flagshipstore als Blaupause-Muster-Lounge eingerichtet. Später wird es, läuft alles nach Plan, in 60 europäischen Städten 100 Verkaufsstellen geben. Nach Italien soll das Händlernetz dann auf Deutschland, Frankreich, Spanien und die Benelux-Länder ausgeweitet werden.