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Test des Tesla Model X 100 D: Sport-Van für Hollywood

30.01.2017 07:38 Uhr
Teslas Model X ist ein eindrucksvolles Mobil mit allerdings einigen systembedingten Nachteilen.
© Foto: Tesla

Elon Musk hat durchaus den Anspruch, das Auto neu zu erfinden. Im Tesla Model X finden sich einige Ideen, die uns gut gefallen haben, andere dafür weniger.

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Von Günter Weigel/SP-X

Eines muss man Tesla lassen – sie haben die Branche aufgemischt und Lösungen zu Problemen gefunden, die vorher niemanden kümmerten. Das Thema Schnellladestationen an Autobahnen beispielsweise wäre ohne Teslas privates Engagement samt Verschenken des Stroms gar keins, weil es eben keine Säulen gäbe. Wir haben probiert, wie sich das Tesla Model X im winterlichen Alltag schlägt.

Model X, das ist in der Tesla-Nomenklatur das Top-Model und eine Art SUV, wobei das 5,04 Meter lange Fahrzeug optisch eine Mischung aus Van und SUV-Coupé ist, jedenfalls nichts mit herkömmlichen SUV-Maßstäben zu tun hat. Auf der Straße wirkt er trotz seiner Breite von 2,07 Metern elegant, die Form stimmig. Der cw-Wert von 0,24 erscheint durchaus glaubhaft. Weil die gelungene, aber letztlich einfache Form dem geneigten Käufer zu wenig sein könnte, um die Andersartigkeit seines Fahrzeugs zu dokumentieren, und weil - wie man hört - 90 Prozent der Kunden in Befragungen Gefallen daran gefunden haben, hat Tesla dem Model X Flügeltüren spendiert. Aber nur hinten.

Theoretisch wird so das Einsteigen auch in engeren Parklücken einfacher, praktisch gehen die Flügel nicht viel weniger weit auf als die herkömmlichen Türen vorne. Nebenbei wird bei einem Fahrzeug dieser Breite jede europäische Standardparkbucht zu eng, so dass man derlei Stellflächen besser ganz meidet. Alle Türen öffnen und schließen elektrisch, was schick ist, aber länger dauert als ohne Hilfsmittel. Im Alltag nutzt man die hinteren Portale dadurch nicht, um mal schnell eine Tasche auf den Sitz zu legen oder seine Jacke aufzuhängen, wie in normalen SUVs. Dazu dauert der Prozess zu lange und für die Jacke sucht man einen Haken vergeblich.

Das Model X ist anders

Das Tesla Model X darf das, weil es anders ist und anders sein muss. Alternative Lösungen finden sich so einige. Dass die Modelle dieser Marke im Interieur auf Schalter verzichten und man alles über einen tatsächlich ziemlich intuitiv zu bedienenden Riesenbildschirm regelt, ist bekannt. Funktioniert gut mit kleinen Schwächen, die an mangelnder Gewohnheit liegen dürften. Dass sich das Auto entriegelt, wenn man sich nähert, ist angenehm, der Verzicht auf einen Startknopf oder einen Zündschlüssel nur folgerichtig. Wo es mangels Verbrennungsmotor nichts zu zünden gibt, reicht der Tritt auf das Bremspedal, um das Auto fahrbreit zu machen. Zum Start nutzt man den von Mercedes bekannten Lenkradhebel und tippt ihn Richtung D und schon schnurrt das 2,5-Tonnen-Gefährt nahezu lautlos davon.

Beim Druck auf das Strompedal gilt es Vorsicht walten zu lassen. Tesla nutzt die Grundeigenart von E-Motoren, ihr maximales Drehmoment vom Start weg abzugeben, um phänomenale Sprintwerte zu erzeugen. Aus dem Stand vergehen nur 3,1 Sekunden bis die 100er-Marke erreicht ist. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Das ist nicht weiter verwunderlich, liegen doch 510 PS an der Hinterachse und 262 PS vorn an. Die 100-kWh-Batterie kann aber nur so viel Strom abgeben, dass die Systemleistung auf 611 PS begrenzt ist.

Kraft ist also reichlich vorhanden in den Motoren, und beim Start auch in der Batterie. Weil in Deutschland gerade Winter ist, konnten wir die Beschleunigungskraft nur bedingt testen, brachten die Batterie aber durch abgeforderte Heizleistung an ihre Grenze. Auch das Tesla Model X ist, bei aller innewohnenden Finesse, am Ende ein ziemlich normales Elektroauto mit den zugehörigen Schwächen. Und dazu zählt auch hier die Batterie. 100 Kilowattstunden fasst der Akku, das ist ungefähr viermal so viel wie bei einem E-Golf oder einem Nissan Leaf. An einer Haushaltsteckdose dauert es auch viermal so lange, bis der Speicher voll ist.

Wir haben das nicht wirklich probiert, weil wir das Fahrzeug nicht drei Tage an der Steckdose parken wollten. Die Alternative mit der Starkstromdose – das passende Kabel liegt gegen einen Extrapreis von 1.600 Euro bei – halbiert die Ladezeit, ist aber auch nicht befriedigend. Abhilfe schaffen die Supercharger, die Tesla entlang der Autobahnen aufgestellt hat. In 20 Kilometer Entfernung befindet sich eine solche Station. Dort fasst unser Testwagen wie versprochen in 30 Minuten 80 kWh Strom, 80 Prozent der vollen Ladung nämlich. Das funktioniert wie das Tanken an einer Benzinzapfsäule. Schlauch mit Stecker von der Säule nehmen, reinstecken laden und derweil einen Happen essen. Wunderbar, zumal Tesla den Strom für dieses Modell noch verschenkt.

542 Kilometer? Im winterlichen Alltagstest war es ungefähr die Hälfte

Weniger wunderbar ist die daraus resultierende Reichweite. 542 Kilometer gibt Tesla im europäischen Normzyklus an, in unserem winterlichen Alltagstest war es ungefähr die Hälfte. Der Verbrauch lag zwischen 350 und 420 Kilowattstunden je 100 Kilometer. Dabei spielte das Streckenprofil und die Heizleistung eine größere Rolle als die Durchschnittsgeschwindigkeit. Auf der Autobahn, bei maximal 120 km/h, wie auf amerikanischen Highways üblich, sinkt der Verbrauch. Deutsche Landstraßen mit häufigen Tempowechseln treiben ihn hoch. Die Nutzung der Klimaanlage im Winter ist auch nicht hilfreich. Ohne die geht aber nichts. Der Versuch des Verzichts scheiterte nach kürzester Zeit an beschlagenden Scheiben.

Man kommt mit dem Tesla Model X weiter als mit einem E-Golf, aber längst nicht so viel weiter, wie man erwartet. Dafür ist das Model X derzeit das einzige E-Auto, dass es auch mit Anhängerkupplung (800 Euro) gibt. Zu den Vorteilen zählt auch der üppige Laderaum. Der vordere Kofferraum schluckt immerhin 187 Liter, der hintere bis zu 2.493 Liter, sofern man das Fahrzeug als Fünfsitzer nutzt und die beiden Sitze in der dritten Reihe umlegt. Richtig, das Model X ist dank dritter Sitzreihe das fast perfekte Mama-Taxi für die eigenen Kinder und deren Freunde, im urbanen Umfeld - sagen wir im Großraum Hollywood - also bestens aufgehoben. Dort sollte man auch einigermaßen erfolgreich sein, denn Tesla verlangt für diesen schicken E-Van 156.700 Euro. Unser Testwagen kam inklusive diverse Extras (Kaltwetterpaket, Autopilot, Sonderlack u.ä.) auf 182.540 Euro. Ordert man ihn als 75 D mit der kleineren Batterie, sind 102.500 Euro plus Extras fällig. Große Verbreitung dürfte auch deshalb nicht zu erwarten sein.


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