Große Pläne hatte Lotus schon einmal, 2010, damals im Besitz von Proton. Auf dem Pariser Autosalon zeigten der malaysische Mehrheitseigner gleich ein ganzes Bündel an Sportwagen, mit denen es angeblich in eine rosige Zukunft gehen sollte. Esprit, Elan, Elise, Elite, Eterne, es waren Sportwagen mit Sechs- und Achtzylindermotoren und mit Leistungen von bis zu 620 PS.
Lotus Eletre (2022)
BildergalerieGeschichte. 2017 hat sich Geely Lotus einverleibt. Die Chinesen glauben an die scheinbar unvergängliche Strahlkraft der britischen Sportwagenmarke. Lotus steht noch heute für Leichtbau und Minimalismus, dem Credo seines Gründers Colin Chapman, aber ebenso für Formel 1 und berühmte Namen, wie Emerson Fittipaldi, Jim Clark, Graham Hill, Mario Andretti und Jochen Rindt. Unvergessen auch die Lotus-Boliden im schwarz-goldenen John-Player-Special-Design. Jedes Kind kannte die markanten Rennwagen.
Lotus ist heute ein Nischenanbieter. 2021 wurden gerade einmal 1.600 Fahrzeuge verkauft. Rolls-Royce schafft mehr als dreimal so viele. Doch schon in sieben Jahren soll die Lotus-Welt völlig anders aussehen. Geplant ist ein Jahresausstoß von über 100.000 Fahrzeugen – ausschließlich elektrische. Im englischen Hethel, dem Stammsitz von Lotus, weiß man nur zu gut, möglich wird dies, wenn überhaupt, nur mit einer global top laufenden Fahrzeuggattung, dem SUV.
Bei der Neuausrichtung dürften sich die Lotus-Strategen vermutlich intensiv mit Lamborghini befasst haben. Deren Urus hat sich seit seinem Debüt geradewegs zum Bestseller entwickelt. Was also lag näher, genau in diesem margenträchtigen Segment zu starten? Das Ergebnis heißt Eletre (intern Type 132), ein Full-size-Elektro-SUV, 5,10 Meter lang, zwei Tonnen Gewicht, drei Meter Radstand, fünf Türen, fünf Sitzplätze, Allradantrieb.
Mehr Gegensatz zu früher geht kaum. "Der Eletre hat die Seele eines Lotus und die Benutzerfreundlichkeit eines SUV", ließ Geschäftsführer Matt Windle bei der Premiere Ende März in den Londoner BBC-Studios die geladenen Gäste wissen.
Neue Showroom-CI von Lotus
BildergalerieTechnisch steht das Performance-SUV, gebaut in China, auf einer 800-Volt-Plattform, der EPA (Electric-Premium-Architektur). Entwickelt wurde der Eletre zum größten Teil im ehemaligen GATD (Geely Auto Technical Deutschland) im hessischen Raunheim. Heute befindet sich dort das LTIC (Lotus Technical Innovation Center) und beschäftigt über 200 Ingenieure. Vorgesehen für den Eletre sind Batteriekapazitäten von bis zu 120 kWh, was Reichweiten von knapp 600 Kilometern ermöglichen würde. Entsprechend hoch ausgelegt (bis 350 kW) wurde die Ladeperformance. So sollen sich im Bestfall 400 Kilometer Reichweite in nur 20 Minuten "nachfüllen" lassen. Derzeit werden Vorserienmodelle unter anderem auf dem Nürburgring getestet, Anfang 2023 wollen die Briten mit dem Eletre in den Markt gehen.
Das erste Elektroauto von Lotus ist dieses Modell dennoch nicht. Schon 2019 debütierte der Evija, eine auf nur 130 Einheiten limitierte und über 2,5 Millionen Euro teure 2.000-PS-Flunder (Type 130). Lotus spricht selbstbewusst vom "First britisch all-electric Hypercar".
Lotus Emira
BildergalerieVermutlich Anfang 2024 soll Type 133 zum Händler rollen. Hinter diesem Code steckt eine viertürige und vollelektrische Coupé-Limousine, die ebenfalls die EPA-Plattform unter sich trägt, jedoch etwas weniger Batteriekapazität erhalten wird. Lotus positioniert den Type 133 gegen den Porsche Taycan, während man mit dem Type 134, einem Mittelklasse-Crossover, den nächsten Macan im Visier hat.
Und nicht zuletzt wird bei Lotus über einen elektrischen Einsteiger-Sportwagen nachgedacht, der in der Szene bereits als würdiger Nachfolger der Elise gehandelt wird. Unter dem Code Type 135 soll ein Zweisitzer entstehen, der die Plattform LEVA (Lightweight Electric Vehicle Architecture) nutzt. Sie dient jedoch nicht nur der Elise als technische Basis, sondern wird auch bei einer Sportwagenmarke in Frankreich Verwendung finden. Alpine entwickelt auf Basis der neuen Lotus-Technik die nächste A110.