Der Europachef des Stahlgruber-Mutterkonzerns LKQ, Arnd Franz, geht davon aus, dass die zunehmende Elektrifizierung des Fuhrparks spätestens ab Ende des Jahrzehnts zu einem rasanten Anstieg von notwendigen Diagnose- und Reparaturarbeiten an Traktionsbatterien auch im freien Werkstattgeschäft führen werde.
"Wir gehen davon aus, dass Batterien kein Autoleben lang halten, sondern dass mindestens eine Batteriereparatur oder ein Austausch nötig sein werden", erklärte Arnd Franz im Rahmen der Fachbereichssitzung B2B/Smart Services im ASA (Bundesverband der Hersteller und Importeure von Automobil-Service Ausrüstungen) am gestrigen Mittwoch. Live moderiert wurde das als Hybridveranstaltung durchgeführte Meeting von Michael Hofmann, erster Vorsitzender des Fachbereiches und Anja Heinl (zweite Vorsitzende) aus der eben erst eröffneten Zukunftswerkstatt 4.0 in Esslingen.
Arnd Franz erwartet, dass es in Europa am Ende des Jahrzehnts eine deutliche Menge an Reparaturbedarf an Batterien geben wird: "Wir rechnen mit 1,1 bis 1,4 Millionen Batterien pro Jahr, die zurückkommen und repariert oder instand gesetzt werden müssen mit jährlichen Wachstumsraten von 20 Prozent." LKQ geht davon aus, dass es bis 2030 in Europa etwa 70 Millionen Batterien im Markt geben werde.
Rückgang der Werkstätten
Spätestens dann werde es allerdings im freien Markt einen deutlichen Rückgang der Werkstätten geben, der sich im markengebundenen Service schon seit Jahren zeige. "Hier gab es in den letzten zehn Jahren schon einen Rückgang der Stützpunkte um 20 Prozent in Europa." Die alternativen Antriebe aber auch Agenturmodelle werden diesen Trend in den nächsten zehn Jahren bei den markengebundenen Betrieben sogar noch verstärken.
Bei den freien Werkstätten reicht dann die Basis Hochvoltschulung wohl nicht aus, um im Geschäft zu bleiben. Wenn nach spätestens acht Jahren oder 160.000 Kilometer Laufleistung die Garantie der Hersteller auf die Batterie erlischt, sei die Reparatur der Batterien ein wichtiger Beitrag zum Werterhalt des Fahrzeuges.
Dafür sei spezielle Expertise nötig, glaubt Franz, die Fähigkeit zur Diagnose des Batteriezustandes und auch die Entscheidung, ob ein Ausbau nötig ist. Außerdem müsse man die Möglichkeiten haben, die Batterie sicher zu demontieren und entsprechend zu transportieren. Gleichzeitig sprach sich Arnd Franz für den schnellen Einsatz von E-Fuels für den vorhandenen Fuhrpark aus, weil man sonst die gesteckten Klimaziele nicht erreiche.
Daten werden immer wichtiger
In der ASA-Veranstaltung wurde zudem deutlich, wie sehr nicht nur die Elektrifizierung, sondern auch die zunehmende Digitalisierung den Independent Aftermarket verändert.
Michael Hofmann, Geschäftsführer des Daten-Dienstleiters cdmm, der sich unter anderem auf digitale Katalogdaten für Ausrüster fokussiert, propagierte dieIdee des offenen Datentransfers im Handel."Es geht um digitale Zwillinge der Produkte, die Sie dem Vertrieb an die Hand geben", so Hofmann. Im Gegensatz zu gedruckten Katalogen oder Preislisten sei die digitale Variante immer aktuell und jederzeit verfügbar. Gerade in volatilen Zeiten sei die Aktualität der Daten und die Möglichkeit, korrekte Informationen zu Produkten jederzeit und über alle Systeme zur Verfügung stellen zu können, wettbewerbsentscheidend.
Anja Heinl, zweite Fachbereichsvorsitzende und Geschäftsführerin des Werkstattausrüsters ATH Heinl, präsentierte die Möglichkeiten, die der neueinteraktive Produktkatalog biete. Mit dem interaktiven Produktkatalog "SmartKat", der neben beweglichen 360-Grad-Darstellungen der Produkte auch ausführlichen Produktdaten enthalte sowie die Möglichkeit, mittels technischer Explosionszeichnungen gezielt nach Ersatzteilen zu suchen, habe man es geschafft, Zugriffe innerhalb eines Jahres zu verdoppeln.
Der Katalog werde mit Daten aus dem SAP-System gefüttert: "Sobald sich was bei uns ändert, ändert sich das auch im SmartKat", erklärte Heinl. Dies sei für Außendienstmitarbeiter aber auch für alle Kunden sehr wertvoll. Heinl: "In diesem Jahr hatten wir 1,2 Millionen Klicks auf der Plattform, das ist eine unglaubliche Reichweite." Ergänzt wird der Katalog durch Planungstools mit Augmented Reality-Funktionen, die es erlauben, beispielsweise eine Hebebühne in der eigenen Werkstatt zu betrachten.
Aus asanetwork wird Workshop-Net
Frank Beaujean gab in der Rolle als Geschäftsführer der asanetwork GmbH einen Ausblick auf die Entwicklungen im Bereich Werkstattvernetzung und kündigte eine wichtige Neuerung an: "Die Werkstattvernetzung ist auf dem Weg nach Europa". Konkret heißt das: Aus dem Standard asanetwork wird "Workshop-Net" als europaweit gültiger Standard für die Vernetzung von Werkstatt-Equipment, der vom europäischen Dachverband EGEA mitgetragen und unterstützt wird. Entsprechend ändert sich auch das Logo. Beaujean: "EGEA empfiehlt und unterstützt den Standard als einzigen Branchenstandard für die Gerätekommunikation." Der Standard sei zu einhundert Prozent kompatibel zu asanetwork, für Nutzer des Standards ändere sich daher nichts.
Fred