Von Dietmar Winkler/asp AUTO SERVICE PRAXIS
Normalerweise gehört die Mund-Nase-Bedeckung nicht zur Grundausstattung in den Trainings, aber in diesem Jahr ist eben vieles anders. Das gilt auch für die Trainings im Rahmen des ATR Azubiwettbewerbs "Camp der Champs". Aufgrund der coronabedingten Einschränkungen und Hygienevorschriften mussten einige geplante Trainings abgesagt oder verschoben werden. Teilweise wurden Ausweichtermine organisiert. Dass unter den erschwerten Bedingungen trotzdem 157 Azubis an den Trainings teilgenommen haben, wertet ATR Marketingleiterin Edith Pisching als Erfolg: "Wir freuen uns, dass wir den Wettbewerb trotz der Einschränkungen durchführen und so viele Azubis motivieren konnten."
In den Räumen der Kfz-Innung Niederbayern in Dingolfing fand am 10. und 11. September das letzte von insgesamt 19 Camps der Vorrunde statt. In den zweitägigen Trainings bekommen die Azubis wertvollen Input zu den Themen Elektronik, Sensorik, Batteriemanagement und Lichttechnik – zuerst in der Theorie und anschließend in der praktischen Anwendung.
Steve Wiedmann, Kraftfahrzeugtechnikermeister mit langjähriger Werkstatterfahrung und Trainer des Trainingsanbieters Trainmobil aus Hamburg, sieht genau darin die Erfolgsformel für den Wettbewerb: "Unser Konzept verbindet Theorie und Praxis. Alles was wir in den Theorieteilen vermitteln, können die Azubis im anschließenden Praxisteil auch selbst ausprobieren und anwenden." Genau dies zeichne die ATR Trainingscamps aus, die der Kraftfahrzeugmeister in diesem Jahr erstmals betreut.
Am Vormittag stehen zunächst die Grundlagen der Elektronik auf dem Programm, danach die Funktionen wichtiger Sensoren und Aktoren im Fahrzeug. Trainer Wiedmann erklärt im Schulungsraum unter Einhaltung der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen die Funktion grundlegender Bauteile wie Relais, Kondensator, Transistor oder Diode. Immer wieder bezieht er auch die Teilnehmer mit ein und fragt in die Runde: "Wo kommen Kondensatoren im Fahrzeug zum Einsatz?" oder "Wo liegen die Vorteile von Transistoren gegenüber einem Relais?". Zur Vertiefung bauen die Azubis einfache Schaltungen mittels Steckmodellen selbst nach.
Messen am Schulungsmotor
Am Nachmittag geht es in die Schulungs-Werkstatt gleich nebenan. An einem für Schulungszwecke präparierten Verbrennungsmotor von Trainmobil zeigt der Trainer Steve Wiedmann den Teilnehmern wie man mittels Diagnosesystem und Oszilloskop die Funktion wichtiger Sensoren und Aktoren überprüft. "Wenn ihr versteht, wie die Bauteile funktionieren könnt ihr ganz anders an eine Diagnose herangehen", ermutigt der Trainer die Azubis, die sich rund um den Motor postiert haben und zwischendurch selbst Messungen vornehmen und interpretieren dürfen. "Es gibt nichts, was die freie Werkstatt heute nicht auch reparieren könnte, wir haben alle Werkzeuge und Daten zur Verfügung, das ist sogar gesetzlich so vorgeschrieben", erläutert der Diagnoseexperte. Am Testmotor erfahren die Teilnehmer heute unter anderem, wie sie einen defekten Injektor identifizieren und ausmessen. Danach untersuchen die Nachwuchs-Kfz-Mechatroniker noch den Luftmassenmesser und Kühlmitteltemperaturfühler.
Das sagen die Azubis
Und was sagen die Teilnehmer zum Trainigscamp? Lukas Regner, Azubi beim Kfz-Meisterbetrieb Schmidt in Speinshart bei Bayreuth, ist im vierten Lehrjahr: "Vor der Prüfung ist es ideal, den Stoff nochmal zu wiederholen und praktisch auszutesten." Mit dabei ist heute sein Betriebs-Kollege Leon Planerer aus dem dritten Lehrjahr, der schon zum zweiten Mal beim Camp der Champs dabei ist und ebenfalls aufs große Finale in Hamburg hofft.
Jonas Drasch ist im dritten Lehrjahr bei Kfz-Heuschneider in Brennberg und wurde wie die meisten Teilnehmer vom eigenen Chef beim ATR-Wettbewerb angemeldet. Sein Fazit: "Es ist eine gute Mischung aus Wiederholung und ganz neuem Stoff. Aber interessant ist eigentlich alles."
Jonas Schreiber, Azubi im vierten Lehrjahr beim Kfz-Meisterbetrieb Josef Siegl in Ingolstadt, hat das meiste schon gut drauf, freut sich aber ebenfalls über die Gelegenheit, den Stoff noch einmal praktisch zu vertiefen.
Am zweiten Tag standen Themen rund um die Lichttechnik auf dem Programm: Einstellen von Scheinwerfern und moderne Technik der Scheinwerfereinstellgeräte, bevor es dann am Nachmittag an die schriftliche Prüfung ging. Hier ging es dann darum, das Gelernte anzuwenden. Der Teilnehmer mit den meisten Punkten darf zum Finale nach Hamburg fahren.
Unterstützt wird das ATR Camp der Champs in diesem Jahr von Hella und Hella Gutmann. Das Magazin asp AUTO SERVICE PRAXIS ist wie schon im Vorjahr Medienpartner des Wettbewerbs.
ATR Trainingscamp 2020
BildergalerieInterview
asp: Wie hat sich Corona auf die Durchführung des Trainings ausgewirkt?
Steve Wiedmann: Wir können den Wettbewerb mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen fast ohne Abstriche durchführen. Allerdings ist der Aufwand der Vorbereitung höher als sonst. Aber wir wollen ja, dass die Teilnehmer und Trainer gesund nach Hause gehen. Die Teilnehmer halten sich sehr diszipliniert an die Hygienevorgaben.
asp: Wie erleben Sie die Teilnehmer?
S. Wiedmann: Die Teilnehmer des Trainingscamps sind ein sehr aufmerksames Publikum, die Aufmerksamkeit ist deutlich höher als in sonstigen Trainings. Ich erlebe die Azubis sehr motiviert. Wir vermitteln den Stoff bewusst anders als in der Berufsschule. Unser Konzept ist die Verbindung von Theorie und Praxis. Alles was wir in den Theorieteilen vermitteln, können die Azubis im anschließenden Praxisteil auch selbst ausprobieren und anwenden.
asp: Wie ist der Wissensstand der Teilnehmer?
S. Wiedmann: Der Wissensstand ist unterschiedlich, obwohl der Lehrplan in den Berufsschulen überall gleich ist. Es kommt eben immer auch auf die Umsetzung und Unterstützung in den Betrieben an. Ich habe schon Meister erlebt, die wirklich im Betrieb mit dem Lehrling wiederholen, was in der Berufsschule durchgenommen wurde. Das ist aber nicht in allen Betrieben so, letztlich ist es auch eine Zeitfrage. Daher machen wir die Theorie stets vorneweg, um alle Teilnehmer auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Dafür stellen wir die Schulungsunterlagen von Trainmobil zur Verfügung.
asp: Wie haben sich die Lerninhalte seit Ihrer eigenen Ausbildung verändert?
S. Wiedmann: Der Anteil der Elektronik hat sich deutlich erhöht und das ist auch für viele Azubis die Herausforderung. Der rein mechanische Anteil hat sich demgegenüber verringert. Daher ist es wichtig, bei den Basics anzufangen und darauf aufbauen. Man muss die Leute abholen wo sie stehen.